IM INTERVIEW: CHRISTOPH VILANEK

"Ein Aktienrückkauf ist gut denkbar"

Freenet-Chef hebt starke Liquidität hervor - Kerngeschäft läuft "stabil nach Plan"

"Ein Aktienrückkauf ist gut denkbar"

Herr Vilanek, Sie haben immer gesagt, dass die Sunrise eine Finanzbeteiligung ist. Gab es trotzdem noch andere Überlegungen in der Deal-Struktur als den Ausstieg, wie Sie ihn jetzt gewählt haben?Für uns war eigentlich immer klar, dass wir dort irgendwann aussteigen. Nachdem die von uns und anderen Aktionären abgelehnte Übernahme der UPC durch Sunrise vom Tisch war, sind wir mit Liberty Global relativ schnell wieder ins Gespräch gekommen. Dabei haben wir von Anfang an klargemacht, dass wir aus einer Position der Stärke verhandeln. Die Swiss-Open-Fibre-Initiative hat eben auch gezeigt, dass Sunrise auch andere Möglichkeiten hat, als sich für ein konvergentes Komplettangebot zwingend auf das Kabelnetz von UPC zu stützen. War eine Barofferte für Sie ohne Alternative?Grundsätzlich war das für uns die beste Wahl, und wir haben unsere finanziellen Vorstellungen sehr klar gemacht. Da Liberty eine Annahmeschwelle von zwei Dritteln des Sunrise-Kapitals gesetzt hat, mussten sie sicherstellen, dass wir unser Paket andienen. 110 sfr je Aktie sind eine schicke Prämie, also ein sehr guter Deal für uns. Von den umgerechnet 1,1 Mrd. Euro, die Freenet einstreicht, haben Sie rund 800 Mill. Euro zur Schuldentilgung vorgesehen, warum diese Summe?Grundsätzlich haben wir die Auflage, den Kredit, den wir zur Finanzierung des Sunrise-Pakets aufgenommen haben, also 600 Mill. Euro, beim Verkauf zurückzuführen. Weitere 200 Mill. Euro sind ebenfalls derart zweckgebunden. Daraus ergibt sich die Schuldentilgung von rund 800 Mill. Euro. Es bleiben aber immerhin 300 Mill. Euro zur freien Verwendung. Darüber werden wir uns im Vorstand in Ruhe Gedanken machen. Haben Sie schon eine Präferenz? Ein Zukauf an anderer Stelle?Unsere Aufgabe ist es, die Mittel bestmöglich für unsere Aktionäre einzusetzen. Ein Zukauf an anderer Stelle bietet sich derzeit nicht ohne Weiteres an. Jedenfalls sehe ich kein naheliegendes Akquisitionsziel. Ein Aktienrückkauf ist gut denkbar. Die Dividende von Sunrise fällt ja in unserem Cash-flow künftig weg. Da bietet es sich an, die Zahl unserer ausstehenden Aktien zu reduzieren, um damit auch die Dividendensumme zu verringern. Für dieses Jahr haben Sie die Dividendenzahlung ausgesetzt. Wie sieht es im Angesicht des Sunrise-Verkaufs nun für nächstes Jahr aus?Wir erwarten den Abschluss der Transaktion zum Jahresende. Mit unserer Liquiditätsposition fühlen wir uns daher sehr wohl. Deswegen können wir nun mit noch mehr Zuversicht bestätigen, unsere Ausschüttungspolitik im nächsten Jahr wieder aufzunehmen. Unsere Verschuldung wird durch den Verkaufserlös auch sehr deutlich sinken. Mit welchem Leverage rechnen Sie nach Abschluss der Transaktion?Wenn wir die rund 1,1 Mrd. Euro verbucht haben, wird sich die Nettoverschuldung von einem derzeit 4,4-fachen Ebitda auf einen Faktor 1,6 reduzieren – bei einem operativen Ergebnis von 415 bis 435 Mill. Euro, das wir für 2020 erwarten. Das ist für einige unserer Investoren, die die Verschuldung als etwas zu hoch empfunden haben, ein wichtiges Signal. Das heißt, Sie halten an der Ergebnis- und Cash-flow-Prognose für dieses Jahr fest – auch vor dem Hintergrund der Coronakrise?Ja, aber auch wir müssen das unter Vorbehalt sagen, denn wir können die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte nicht komplett voraussehen. Unser Kerngeschäft entwickelt sich zwar stabil nach Plan. Ich bin stolz, dass wir die Kundenzahl im ersten Halbjahr sogar gesteigert haben, aber spurlos gehen die Auswirkungen von Corona an uns auch nicht vorbei. Welche Auswirkungen spüren Sie konkret?Sehr unterschiedlich, zwei Beispiele: Die Frequenz in unseren Shops hat durch Corona naturgemäß gelitten. Wir sind bemüht, das durch stärkere Online-Beratung aufzufangen, aber wir müssen schauen, wie das läuft. Zum anderen ist das Event-Geschäft der Media Broadcast praktisch auf null gestellt – wie alle Events. Das belastet uns im Ergebnis zunächst nicht. Denn der Bereich hat eben auch Mitarbeiter, die derzeit ohne Aufgabe sind. Das ist mit Kurzarbeit zunächst gut abgefangen, aber natürlich kein Dauerzustand. Das Interview führte Heidi Rohde.