IM INTERVIEW: THOMAS GUTSCHLAG, DEUTSCHE ROHSTOFF AG

Ein Bond für Bohr-Investitionen

Der Finanzchef rechnet nach einigen Monaten der Ölproduktion in Colorado mit Investment Grade

Ein Bond für Bohr-Investitionen

Das Emissionsvolumen von Mittelstandsanleihen beläuft sich im Median, also beim Zentralwert, auf 30 Mill. Euro und im Durchschnitt auf gut 61 Mill. Euro. Die Deutsche Rohstoff AG (Drag) will in der heute beginnenden Zeichnungsfrist bis zu 100 Mill. Euro einwerben. Nach Angaben von Blättchen Financial Advisory kamen die Mittelständler, die bislang Bonds emittiert haben, im Median auf 106 Mill. Euro Umsatz und im Mittel auf 404 Mill. Euro. Die Drag erlöste 2012 knapp 3,1 Mill. Euro.- Herr Dr. Gutschlag, die Deutsche Rohstoff AG will in den nächsten zwei Wochen für ihre Mittelstandsanleihe bis zu 100 Mill. Euro einwerben; das ist etwa das Dreißigfache des Umsatzes 2012. Warum sollte sich ein Investor darauf einlassen?Der Vergleich mit anderen Unternehmen oder Emissionsvolumen führt in die Irre. Letztendlich kommt es für den Gläubiger ja darauf an, wie sicher die Zins- und Tilgungszahlungen sind. Diese Sicherheit ist bei uns wesentlich höher als bei vielen anderen Unternehmen.- Wieso?Unser Eigenkapital beträgt fast 50 Mill. Euro, die Eigenkapitalquote liegt stabil bei 77 %. Und wir haben in den beiden vergangenen Jahren kombiniert ein Nettokonzernergebnis von 14 Mill. Euro erzielt.- Was wollen Sie mit dem Geld, das Ihnen durch die Bondemission zugeht, machen?Die Mittel aus der Anleihe fließen nahezu ausschließlich in das Wachstum unserer US-Tochter Tekton Energy in Denver, an der wir mit 67,4 % beteiligt sind; Tendenz steigend. Unsere dortigen Bohrungen erbringen außerordentlich hohe Rückflüsse. Anadarko Petroleum, ein weltweit tätiges Unternehmen mit einem Börsenwert von rund 44 Mrd. Dollar, erzielt nach eigenen Angaben im gleichen Feld Renditen von über 100 % pro Bohrung und ein Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; die Red.) von 45 Dollar pro Barrel. Im Durchschnitt amortisiert sich jede Bohrung nach zehn Monaten. Diese Werte haben wir mit unseren Horizontalbohrungen sogar noch übertroffen.- Kooperieren Sie mit Anadarko?Ja. Das liegt nahe, denn Anadarko ist in unserer Nachbarschaft tätig. Unsere nächsten Bohrungen im Juli werden wir auf Flächen durchführen, die wir uns mit Anadarko teilen.- Sie wollen also die Bohraktivitäten Ihrer US-Tochter finanzieren. Investitionen in Suche und Förderung von Öl und Gas können hochrentabel sein oder zum Totalverlust führen. Das Ganze hört sich doch sehr nach Spielkasino an.Bei unseren Investitionen handelt es sich nicht um ein Explorationsvorhaben, sondern um Erschließungsbohrungen. Unsere Flächen befinden sich inmitten des neuntgrößten Öl- und Gasfeldes in Nordamerika in unmittelbarer Nähe zum Großraum Denver in Colorado mit bisher über 20 000 dokumentierten Bohrungen, von denen viele Tausend produzieren. Wir selbst haben auf unseren Flächen seit Anfang 2012 elf Bohrungen niedergebracht. Alle elf Bohrungen waren fündig und produzieren jeden Tag Öl und Gas. In unserer unmittelbaren Nachbarschaft gibt es Dutzende weitere produzierende Bohrungen. Die Geologie des Feldes ist aufgrund der hohen Bohrdichte und der jahrzehntelangen Förderung bestens bekannt. Wir werden deshalb bei jeder Bohrung auf Öl treffen.- Was erbrachten Ihre bisherigen Bohrungen?Unsere beiden ersten Horizontalbohrungen, die seit Anfang Mai fördern, brachten Tekton in den ersten 30 Tagen einen operativen Cash-flow von 1,6 Mill. Dollar. Von diesen Bohrungen haben wir weitere 80 geplant, die auch schon alle genehmigt sind. Startschuss wird Anfang Juli sein. Ungefähr bis März 2015 wollen wir alle Bohrungen fertigstellen.- Von Creditreform hat die Deutsche Rohstoff eine Bonitätseinstufung von “BB+” erhalten, die oberste Stufe im Spekulationsbereich. Fühlen Sie sich fair eingeschätzt?Die Bewertung mit “BB+” bedeutet eine befriedigende Bonität. Wir haben uns natürlich erhofft, eine Stufe höher eingeordnet zu werden. Mein Eindruck ist aber, dass die jüngsten Fälle von Bonitätsherabstufungen, insbesondere von Solar- und Windunternehmen, zu einer größeren Vorsicht der Ratingagenturen geführt haben. Das ist verständlich. Ich gehe davon aus, dass wir ins Investment Grade aufrücken, wenn wir einige weitere Produktionsmonate hinter uns haben.- Die Risikoprämien haben sich seit Sommer 2012 lange nach unten entwickelt, zogen in jüngster Zeit aber an. Kommen Sie aufgrund des nicht zu leugnenden Erklärungsbedarfs Ihrer Anleihe mit einem Achtprozenter nicht zu niedrig an den Markt?Der Kupon von 8 % entspricht dem, was auch andere Unternehmen mit “BB+” zahlen. Eigentlich halte ich ihn aufgrund unserer Aussichten und unserer sehr soliden Bilanz für zu hoch. Die Transaktionssicherheit war uns aber wichtiger als ein möglichst niedriger Zinssatz. Das Feedback der institutionellen Investoren, denen ich die Bond Story auf meiner Roadshow vorstelle, ist durchweg sehr positiv.- Gelingt die Anleiheemission, ist ein Listing im Entry Standard für Anleihen der Frankfurter Wertpapierbörse vorgesehen. Dieses Segment ist zwar auf Mittelstandsanleihen ausgelegt, doch wenn Sie das größtmögliche Volumen von 100 Mill. Euro erreichen, wäre der Bond dafür eigentlich zu mächtig. Haben Sie eine Notierung in einem anderen Segment für Mittelstandsanleihen erwogen?Nein. Unsere Aktie wird ja auch seit drei Jahren im Entry Standard gehandelt – übrigens sehr erfolgreich: Vom Ende des ersten Handelstages bis heute hat der Kurs um rund 60 % zugelegt. Damit haben wir in dieser Zeitspanne eine bessere Performance als der Dax gezeigt.- Folgendes Szenario: Das Zeichnungsvolumen erreicht nicht den Maximalbetrag. Könnten Sie auch mit 75 Mill. Euro, 50 Mill. oder gar nur 25 Mill. Euro etwas anfangen oder würden Sie dann die Emission abblasen?Wir können auch mit kleineren Beträgen arbeiten. Wir haben nicht eine Großinvestition vor uns, die den vollen Betrag erfordert, sondern viele kleine Investitionen in Form von 80 Bohrungen. Wenn wir nicht den vollen Betrag zur Verfügung haben, dauert es lediglich länger, bis wir unser Bohrprogramm fertigstellen können, da wir dann stärker die Rückflüsse aus den bereits produzierenden Bohrungen nutzen müssen.—-Die Fragen stellte Martin Dunzendorfer.