Ein Riese gerät ins Wanken

Kursrutsch bei Kabel- und Telekomkonzern Altice alarmiert Investoren - Schuldenberg von 50 Mrd. Euro

Ein Riese gerät ins Wanken

Von Heidi Rohde und Kai Johannsen, FrankfurtEin Kursrutsch von beinahe 50 % binnen eines Monats lässt bei den Investoren des Kabel- und Telekomkonzerns Altice die Alarmglocken schellen. Den jüngsten Schlag versetzten die Analysten von Morgan Stanley der Aktie, als sie ihr Kursziel um 34 % auf 13,50 Euro von zuvor 20,50 Euro herabsetzten. Aktuell notiert die Aktie von Altice NV in Amsterdam bei 9,30 Euro, die Marktkapitalisierung ist auf 11 Mrd. Euro zusammengeschnurrt, nur noch gut ein Fünftel der Nettoverschuldung, die zuletzt bei 49,6 Mrd. Euro lag. Diese entspricht dem 5-fachen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda), ein hoher Leverage für ein Unternehmen, das neben Kabel-Assets auch signifikante Telekomaktivitäten hat.Gründer und Mehrheitseigner Patrick Drahi, der den Schuldenberg mit einem Akquisitionsfeldzug in Europa und den USA aufgetürmt hat, hofft offenbar die Anleger mit einem Wechsel an der Spitze zu beruhigen. Der Rauswurf des renommierten Branchenkenners Michel Combes, der erst vor gut einem Jahr CEO von Altice geworden war hat indes eher das Gegenteil bewirkt. Anlass zur Beunruhigung gibt vor allem die französische Mobilfunktochter SFR, die Altice ihrer Kabelgesellschaft Numericable einverleibt hatte. SFR war von Vivendi, die das Unternehmen Vodafone abgekauft hatte, für rund 17 Mrd. Euro weitergereicht worden, nachdem es mit dem Eintritt von Free auf dem französischen Mobilfunkmarkt ungemütlich geworden war. Das Unternehmen, das mit Numericable nun als integrierter Anbieter auftritt, hat den Umsatzrückgang im jüngsten Geschäftsquartal zwar auf nahe null abgebremst, kann aber noch kein Wachstum verzeichnen. Das Ebitda fiel um 4,6 %.Die ebenfalls teuer erworbene Portugal Telecom (Kaufpreis 7,4 Mrd. Euro) tritt auch ihrerseits bei den Erlösen auf der Stelle. Das Ebitda sackte zuletzt um 8,3 % ab. Einziger Lichtblick im Portfolio sind die US-Aktivitäten, die Altice durch die Akquisitionen von Suddenlink und Cablevision für zusammen rund 25 Mrd. Euro aufgebaut hat. Die Skaleneffekte der beiden Kabelgesellschaften haben das Ebitda dort im jüngsten Quartal um ein Viertel anschwellen lassen. Überdies hat Drahi Altice US an die Börse geführt und dem Unternehmen damit einen eigenen Kapitalmarktzugang und eine Akquisitionswährung verschafft.Während der Milliardär selbst wieder den Vorsitz des Verwaltungsrats von Altice übernommen hat, ist sein langjähriger Weggefährte Dexter Goei nun mit einem zweifachen Spitzenjob bei Altice US und der Muttergesellschaft betraut. Die Investoren beunruhigt, dass mittelfristig 2021 und 2022 zusammen rund 14 Mrd. Euro zur Refinanzierung anstehen. Einige dringen auf eine Restrukturierung, “um die Bilanz wieder unter Kontrolle zu bringen”. Altice habe nicht primär ein Management-Problem, zumal der Druck auf Umsätze und Cash-flows bei europäischen Telekommunikationsaktivitäten branchenweit strukturell bedingt sei.Am Bondmarkt erwischte es Altice eiskalt. Die Spreads weiteten sich enorm aus, auch wenn gestern eine leichte Beruhigung eintrat. Lagen die Spreads (Prämien) der fünfjährigen CDS zur Absicherung des Kreditrisikos von Altice Luxembourg SA Anfang des Monats noch bei 175 Basispunkten (BP), waren es zur Wochenmitte 488 BP und gestern 468 BP, was eine enorm heftige Bewegung darstellt. Auch die Bond-Spreads weiteten sich stark aus. Altice hat laut Analysten über insgesamt neun Gesellschaften Bonds ausstehen. Im Euro sind es acht Bonds über ein Gesamtvolumen von 6,8 Mrd. Euro. In der US-Währung kommen knapp 38 Mrd. Dollar über 28 Bonds dazu. Des Weiteren gibt es noch einen Bond kleineren Volumens im Schekel. Kredite sind es laut Analysten für ca. 10 Mrd. Euro.