Unternehmensberatung

Energiekrise beschert BCG Umsatzsprung

Die Boston Consulting Group (BCG) verstärkt ihre Investitionen in Digital- und Klimakompetenz. Die Berater warnen vor einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit von europäischen Unternehmen aufgrund von Kostennachteilen bei Energie.

Energiekrise beschert BCG Umsatzsprung

hei Frankfurt

Eine starke Nachfrage der Kunden nach Beratung in Energie-, Klima- und Digitalisierungsthemen hat der Boston Consulting Group (BCG) im vergangenen Jahr weltweit einen Umsatzsprung von 11% auf 11,7 Mrd. Dollar beschert. Dabei hat sich das europäische Geschäft unter der Leitung von Michael Brigl überdurchschnittlich entwickelt, wie der Manager vor Journalisten in Düsseldorf erläuterte. Dabei spielte auch eine Rolle, dass insbesondere der chinesische Beratermarkt derzeit „eine große Herausforderung“ darstelle, was die Zuwächse in Asien dämpfe.

Brigl geht für die Region auch im laufenden Jahr von zweistelligem Wachstum aus und plant dafür im deutschsprachigen Raum mit Neueinstellungen in vierstelliger Höhe. BCG, die ihre Mitarbeiterzahl 2022 um 20 % auf über 30000 gesteigert hat, setze dabei auf breite Diversität und wirbt mit sogenannten „Performance-Coaches“ um die besten Nachwuchstalente. Gegenwärtig profitiert die Strategieberatung davon, dass sich der „War for Talents“ gegenüber Vorjahr zumindest etwas beruhigt hat, wie Brigl sagt.

In der Beratung dominieren derzeit „defensive Themen“ wie Cash-Management, Kostenkontrolle und operative Performance, wie Brigl betont. Zugleich gehe es für die Kunden darum, bei „Trendthemen“ wie ESG, künstliche Intelligenz und geopolitischen Risiken „in die Offensive“ zu kommen. Daher investiert BCG in den Ausbau der Digital- und Klimakompetenz. So wurde im Herbst 2022 die Klimaberatung Quantis mit 250 Experten und Expertinnen akquiriert; die neue Marke BCGX bündelt seit Jahresbeginn die Technologiekompetenz und adressiert insbesondere den Einsatz von KI, der vielen Kunden unter den Nägeln brennt. Die Einheit hat weltweit 3000 Beschäftigte.

Unterschätzte Preisnachteile

Der Umsatz rund um das Thema Energieversorgung ist in der Region Europa im vergangenen Jahr um mehr als 70% in die Höhe geschossen. Beratung zu Klimazielen und Nachhaltigkeit erfuhr einen Schub von rund 80 %. Doch trotz dieser erkennbar großen Problemorientierung wird der absehbar nachhaltige Preisanstieg bei den Energieträgern Kohle, Gas und Strom von vielen Unternehmen unterschätzt, wie BCG in einer Studie herausgefunden hat. Bis zu drei Viertel der befragten Firmen rechnen bis 2030 nur mit einem Energiepreisanstieg von 11 % bis schlimmstenfalls 50 %. Tatsächlich sei aber anzunehmen, dass sich vor allem die Gaspreise gegenüber 2020 glattweg verdoppeln bzw. um mindestens 50 % klettern könnten, warnt die Strategieberatung. Dies liege hauptsächlich an der wachsenden Abhängigkeit von Flüssiggas.

Die Experten gehen deshalb davon aus, dass europäischen Firmen im Vergleich zu Unternehmen in den USA und China erhebliche Kostennachteile und ein wachsender Wettbewerbsverlust droht. Um dagegen anzugehen, rät BCG zu einem verstärkten Ausbau grüner Energien, da Europa bei Wind, Solar oder grünem Wasserstoff im Gegensatz zu fossilen Energieträgern gegenüber China und USA keine „strukturellen Nachteile“ habe. Allerdings stehen die Unternehmen hierzulande dann immer noch vor der Herausforderung, die der großvolumige Inflation Reduction Act (IRA) repräsentiert. Dieser reduziere in den USA die Kosten für grüne Energie um bis zu 75%. Der von der EU als Antwort initiierte Green Deal Industrial Plan setzt auf die Reallokation existierender Subventionsmittel zur Unterstützung der Unternehmen in einer ähnlichen Größenordnung wie der IRA, ist aus Sicht der Strategieberatung allerdings vergleichsweise komplex.

In Nachteil gerät Europa aus Sicht der Berater auch im Wachstumsfeld künstliche Intelligenz (KI). Die USA und China hätten die Region bei „Idee, Ausgründung, Zahl der Patente“ deutlich abgehängt, so Brigl. Immerhin, so hebt er hervor, hätten viele Kunden in Europa KI-Projekte gestartet. Es fehle indes oft an der Skalierung – und insgesamt an den Investitionsmitteln, wie sie beispielsweise in den USA vorhanden seien.

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