DEUTSCHE BÖRSE FRÜHJAHRSKONFERENZ

Enwave bietet Risikokapital pur

Kaum Umsatz, viel Verlust, aber "revolutionäre Technik" - Der Neue Markt grüßt

Enwave bietet Risikokapital pur

Von Daniel Schauber, FrankfurtVernachlässigbarer Umsatz, horrender Verlust, aber eine astronomisch hohe Bewertung: Die Eckdaten des in Toronto und Frankfurt gelisteten kanadischen Maschinenbauers Enwave, der auf die Trocknung von Früchten spezialisiert ist, erinnern an die besten Zeiten des untergegangenen Neuen Marktes.Gedanken an die Boomjahre der “New Economy” wurden auch in der Präsentation von Enwave auf der Frühjahrskonferenz der Deutschen Börse im Frankfurter Hilton-Hotel wach. Da war von “bahnbrechender Technologie” die Rede, die vor dem “Durchbruch” stehe und einen Milliardenmarkt verändern werde. Es fielen große Namen wie Nestlé oder Kellogg, mit denen man “Projekte” mache. John McNicol, President und Co-CEOdeshochriskanten Start-ups, verstand es, sein Auditorium sogar nach dem 30-minütigen Vortrag zu fesseln. Als er auf dem Flur auf seinem Laptop ein kurzes Video von der Blaubeertrocknung in der Enwave-Maschine zeigte und als Snacks dazu dehydrierte Käsewürfel aus seiner Tasche reichte, drängten sich die Zuschauer um ihn – obwohl im Erdgeschoss des Hilton längst das Buffet aufgebaut war.Enwave bietet den Anlegern Risikokapital pur: Das 1996 gegründete Unternehmen mit heute 24 Beschäftigten ist an der Börse mit gut 100 Mill. Euro bewertet und hat im Geschäftsjahr 2011/12 (30. September) bei Erlösen von 0,5 (i.V. 0,2) Mill. kan. Dollar einen Nettoverlust von 6,8 (4,8) Mill. kan. Dollar geschrieben – mit anderen Worten: das Defizit war 14-mal so hoch wie der Umsatz.Den Cash-Bestand bezifferte McNicol auf 8,5 Mill. kan. Dollar und den Cash-burn auf 0,25 Mill. Dollar pro Monat. Ohne Liquiditätszufuhr säße man also in drei Jahren auf dem Trockenen. Trocknen mit MikrowellenEnwave will nicht weniger, als die weltweite Fertigung von Trockenfrüchten bei den internationalen Nahrungsmittelmultis “revolutionieren”. Die eigene Technologie, die bereits vor 17 Jahren an der Fakultät für Land- und Nahrungsmittelsysteme der University of British Columbia entwickelt wurde, sei ein “game changer”: billiger, schneller, besser. Statt Äpfeln, Birnen und Bananen das Wasser durch konventionelle Verfahren wie Gefriertrocknung, Lufttrocknung oder Sprühtrocknung zu entziehen, sieht die Technik von Enwave vor, die Früchte mit Mikrowellen unter Vakuum bei niedriger Temperatur zu entwässern. Den potenziellen Markt für die industrielle Trocknung von Früchten, Gemüse, Kaffee oder Pharmazeutika mit den Enwave-Maschinen bezifferte McNicol auf gigantische 400 Mrd. Dollar.Eigenen Angaben zufolge hat Enwave bislang allerdings erst 5 (in Worten: fünf) Anlagen verkauft. Zur Fertigung wurde 2012 der deutsche Maschinenbauer Binder für 2 Mill. Euro mit 87% übernommen. Als Kunden nennt Enwave den kanadischen Heidelbeerproduzenten CalSan sowie den US-amerikanischen Trockenfruchtspezialisten Milne Fruit. Als Kunden hätte Enwave gerne auch Nestlé, Kellogg oder Bonduelle. Mit denen “arbeite man zusammen”, sagt McNicol.