Es geht auch ohne öffentliches Angebot

Privatplatzierung flexibler - Kein Wertpapierprospekt

Es geht auch ohne öffentliches Angebot

wb Frankfurt – Evonik 2013, Hella 2014, Schaeffler 2015, Senvion 2016, Jost 2017: Der Börsengang als Privatplatzierung gewinnt an Bedeutung. Gegenüber dem öffentlichen Angebot verschafft dieser Weg mehr Flexibilität, denn so kann der Preis, ohne dass es einen Nachtrag zum Wertpapierprospekt gibt, außerhalb der Spanne festgelegt werden. Das hat einen einfachen Grund: Es gibt kein solches Dokument, sondern lediglich kurz vor Notierungsaufnahme einen Zulassungsprospekt.Schaeffler gelang trotz Beginns der VW-Krise im Herbst 2015 der Börsengang mit Vorzugsaktien auf diesem Weg. Damit sollte das Risiko negativer Publizität im Falle eines Abbruchs der Transaktion gering gehalten werden. Es werden Investoren vorab “über die Mauer” (Wall Crossing) geholt, also, mit allen rechtlichen Absicherungen, angesprochen, um Investitionsbereitschaft zu sondieren. Nach Bekanntgabe der Preisspanne lief – wie es jetzt bei Jost vorgesehen ist – eine Woche die Werbetour bei Institutionellen, wurde der Preis je Aktie festgelegt und der Wertpapierprospekt für die Börsenzulassung gebilligt und veröffentlicht. Im Fall von Hella gab es eine reine Privatplatzierung – es wurden abseits des Marktes 10 % der Aktien abgegeben. Darauf folgte ein zweitägiges öffentliches Angebot weiterer 5 %. Bei Evonik, die nach mehreren vergeblichen Versuchen den Weg an die Börse ohne das übliche öffentliche Angebot suchte, folgte auf das Private Placement ebenfalls ein kurzes öffentliches Angebot. Senvion hatte den Börsengang erst abgeblasen und kam dann wenige Tage später “privat” zurück.Auch in der Privatplatzierung wird in zwei Schritten vermarktet: Pre-Marketing und Angebot. Beim Private Placement wird die Dauer des zweiten Abschnitts häufig halbiert. Beim Initial Public Offering (IPO) wird in der ersten Phase bei ausgewählten Investoren Interesse an Emittent und Bewertung sondiert. Dann wird die Preisspanne festgelegt und es geht in die heiße Phase: das öffentliche Angebot auf der Grundlage des von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gebilligten Prospekts.Beobachter schätzen, dass beim Börsengang ohne öffentliches Angebot in den Sondierungsgesprächen die potenzielle Nachfrage 30 bis 50 % des Emissionsvolumens abdecken soll. Auf Basis der Preisspanne kann dann eine größere Gruppe von Investoren angesprochen werden.Es müssen mindestens 100 Aktionäre investieren, um eine breite Streuung der Aktien zu schaffen, die neben einem Streubesitzanteil von 25 % des Grundkapitals – für große Emissionsvolumina reichen auch 10 bis 15 % – Voraussetzung für die Börsenzulassung ist. Während bei IPOs das von Analysten der Konsorten erstellte Research an Investoren zeitgleich mit der Ankündigung des Börsengangs (ItF) geht, halten sich Banken bei Privatplatzierungen unter Umständen zurück, da es mangels Prospekts keine Gleichbehandlung aller Investoren gibt.