Es werden noch Antworten gesucht

Von Carsten Steevens, Hamburg Börsen-Zeitung, 21.1.2017 Als US-Behörden im September 2015 den Skandal um Abgasmanipulationen bei weltweit 11 Millionen Dieselfahrzeugen des Volkswagen-Konzerns bekannt gemacht hatten, beeilte sich der Autobauer mit...

Es werden noch Antworten gesucht

Von Carsten Steevens, HamburgAls US-Behörden im September 2015 den Skandal um Abgasmanipulationen bei weltweit 11 Millionen Dieselfahrzeugen des Volkswagen-Konzerns bekannt gemacht hatten, beeilte sich der Autobauer mit dem Versprechen einer schonungslosen Aufklärung und maximalen Transparenz, um das Vertrauen für den Konzern zurückzugewinnen. Mehrfach angekündigt wurde später, den Bericht der mit der externen Aufarbeitung und Aufklärung von “Dieselgate” beauftragten US-Kanzlei Jones Day zu veröffentlichen. Wegen “unvertretbarer Risiken” verschob VW jedoch die Veröffentlichung, zuletzt im April auf das vierte Quartal des abgelaufenen Jahres.Sechzehn Monate nach Beginn der schwersten Krise seiner Geschichte ist das Unternehmen nicht mehr der Ansicht, den Bericht veröffentlichen zu müssen. Im “Statement of Facts”, welches das US-Justizministerium vor zehn Tagen zusammen mit der – noch knapp vor dem Antritt der Trump-Administration – erreichten strafrechtlichen Einigung publizierte, seien die Erkenntnisse von Jones Day eingeflossen, bestätigte ein VW-Sprecher Darstellungen im “Handelsblatt”. Nach der Vorlage dieses Protokolls sei ein separater Bericht nicht mehr nötig.Doch auch wenn dieses Dokument die für Volkswagen teuren Verfehlungen darstellt und das Ausmaß des Betrugs verdeutlicht, so tut sich der Konzern mit dem nicht einmal selbst mitgeteilten und erläuterten Verzicht auf die Veröffentlichung des Jones-Day-Berichts keinen Gefallen. Warum nur von der Veröffentlichung eines Berichts – vielleicht sogar in deutscher Sprache – absehen, wenn doch wenig zimperliche US-Behörden die Fakten nun auf den Tisch gelegt haben? Bestehen noch Risiken?Mit den in Nordamerika erreichten Vergleichsvereinbarungen hat Volkswagen hohe, aber verkraftbare Belastungen ausgehandelt und sich Planungssicherheit verschafft. Vom amtierenden Vorstand ist in dem “Statement of Facts” keine Rede.Am Absatz, den der Konzern im vergangenen Jahr um 3,8 % auf rekordhohe 10,3 Millionen Fahrzeuge steigern konnte, macht sich die Krise nicht bemerkbar. Vor diesem Hintergrund ist die Verweigerung des Berichts unverständlich.Die Kritik an einem Konzern, der sich schwertut mit Wahrheit, Moral und Kommunikation, wird nicht verstummen. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sieht sich in ihrer Forderung eines unabhängigen externen Sonderprüfers bestätigt. Bedarf an Aufklärung besteht noch, wie nicht zuletzt die Aussagen des über den Skandal gestürzten Konzernchefs Martin Winterkorn im Bundestags-Untersuchungsausschuss gezeigt haben: “Auch ich suche nach Antworten.” ——–VW will den Jones-Day-Bericht nicht veröffentlichen. Dabei besteht noch Bedarf an Aufklärung.——-