EU brummt Google Rekordstrafe auf

Internet-Riese muss 2,42 Mrd. Euro wegen Missbrauchs der Marktmacht bei Preisvergleichsdiensten zahlen

EU brummt Google Rekordstrafe auf

Nach rund sieben Jahre dauernden Ermittlungen hat die EU-Kommission Google mit einer Rekordstrafe wegen Missbrauchs ihrer marktbeherrschenden Stellung bei Preisvergleichsdiensten belegt. 2,42 Mrd. Euro muss die Alphabet-Tochter zahlen, weil sie die Ergebnisse des eigenen Suchdienstes gegenüber Wettbewerbern begünstigt platziert habe. Google widersprach dem.hei/scd Frankfurt – Die EU-Kommission hat Google die mit Abstand höchste Geldbuße gegen eine einzelne Gesellschaft wegen Missbrauchs ihrer Marktmacht aufgebrummt. Der US-Internetkonzern soll 2,42 Mrd. Euro Strafe zahlen, weil er seine marktbeherrschende Stellung bei Preisvergleichsdiensten missbraucht habe, teilten die Brüsseler Wettbewerbshüter mit. Als Bemessungsgrundlage für die Geldbuße wurden die Erlöse von Google aus dem Preisvergleichsdienst in den betreffenden 13 Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) herangezogen.Google habe sich nicht darauf beschränkt, die Kunden mit einem eigenen besseren Produkt zu überzeugen, sondern die Suchergebnisse von konkurrierenden Preisvergleichsdiensten systematisch hintangestellt und damit diese Anbieter benachteiligt. Ihre Ergebnisse wurden bei einer Suche regelmäßig auf den hinteren Seiten ausgewiesen. Allerdings klicken die Nutzer zu 95 % nur die Ergebnisse der ersten Seite an. Damit sei den Konkurrenten die Möglichkeit genommen worden, im Wettbewerb durch Leistung zu überzeugen.Der Google-Preisvergleichsdienst habe seinen Marktanteil gemessen an Klicks “signifikant” auf 45 % ausgebaut. Vor allem aber sei mit dieser Praxis verhindert worden, “dass die europäischen Verbraucher wirklich zwischen verschiedenen Diensten wählen und die Vorteile der Innovation voll nutzen können”. Gigantische DatenmengeDie Argumentation von Google, das Unternehmen müsse sich im Wettbewerb mit Einzelhändlern wie Amazon und Ebay durchsetzen, erachtete die Kommission als nicht stichhaltig. Die Behörde hat ihre Entscheidung nach eigenen Angaben mit der Analyse gigantischer Datenmengen fundiert. So hätten die Wettbewerbshüter 5,2 Terabyte an Suchergebnissen ausgewertet, sagte Kommissarin Margrethe Vestager in Brüssel. Das seien 1,7 Milliarden Suchanfragen.Google hat 90 Tage Zeit, die “unlauteren Praktiken” abzustellen, ansonsten riskiert die Suchmaschine ein Zwangsgeld von bis zu 5 % des durchschnittlichen täglichen Umsatzes der Muttergesellschaft Alphabet. Die drohenden Strafgebühren sind indes für den Internetgiganten finanziell keine sonderlich bedrückende Last. Die Kasse von Alphabet ist mit rund 90 Mrd. Dollar prall gefüllt. Deutlich schwerer angesichts der Größenordnung wiegt dagegen die Schlappe nach einem jahrelangen Gefecht der Behörde mit den Interessenvertretern des Unternehmens. Zumal Google den Aufwand für Lobbyismus in Brüssel zuletzt massiv erhöht hat. Vor allem aber dürften die Auflagen zur Änderung des Geschäftsgebarens den Konzern empfindlich treffen. Denn die Preisvergleichsdienste sind für Google eine der stärksten Triebfedern für den Umsatz und eine der stärksten Waffen gegen etwa Amazon, Ebay oder Facebook im Kampf um Online-Werbung. Die Erlöse aus sogenannten “Product Listing Ads” (produktbezogene Werbung) wachsen dreimal so schnell wie die Anzeigen, die traditionell eine beliebige Suche begleitend erscheinen. Einspruch erwogenGoogle erwägt deshalb, Einspruch gegen die Kommissionsentscheidung einzulegen. Das Unternehmen stimme mit den Folgerungen der Kommission nicht überein, wurde mitgeteilt. Der sich abzeichnende Rechtsstreit kann sich über Jahre hinziehen. Das Verfahren über die bisher höchste Strafe gegen ein einzelnes Unternehmen, die die Kommission vor acht Jahren gegen Intel verhängte, ist noch immer vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig. Bußgeldhöhe “schockiert””Das Urteil der Kommission folgt der Tendenz der Kartellbehörden, härter durchzugreifen und mehr Umsatz abzuschöpfen”, sagte Kartell- und Wettbewerbsrechtler Dario Struwe von der Kanzlei FPS der Börsen-Zeitung. “Dass Google eine Strafe aufgebrummt bekommen würde, hat sich abgezeichnet. Die Höhe hat mich aber schon schockiert.”Google könne jetzt innerhalb von zwei Monaten Klage vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) einlegen. “Die Kosten einer Klage sind angesichts der Strafhöhe zu vernachlässigen. Schon ein Nachlass um ein Zehntel würde den Aufwand mehr als rechtfertigen”, befindet Struwe.”Fälle von Marktmissbrauch ziehen sich immer lange hin. Während in Kartellverfahren meist ein Kronzeuge auspackt, ist der Nachweis des Missbrauchs einer marktdominierenden Position äußerst langwierig”, erklärt Struwe die lange Dauer von der Aufnahme des Verfahrens bis zur Verhängung der Geldbuße. Alternative, schnellere Verfahren seien indes kaum machbar, glaubt der Jurist. “Das wird sich nie ändern lassen – zumindest nicht mit rechtsstaatlichen Mitteln.”