Vespa-Hersteller

Europas größter Zweiradkonzern Piaggio investiert in Elektrifizierung

Nach dem Tod des langjährigen Mehrheitsaktionärs und CEO Roberto Colaninno haben seine beiden Söhne Matteo und Michele das Zepter bei Piaggio in die Hand genommen. Sie wollen Europas größten Zweiradhersteller in ein neues Zeitalter führen.

Europas größter Zweiradkonzern Piaggio investiert in Elektrifizierung

Piaggio will seine DNA ändern

Investitionen in Elektrifizierung, aber auch in die legendäre Motorradmarke Moto Guzzi

bl Mailand

Nach dem Tod von Mehrheitsaktionär und CEO Roberto Colaninno im August 2023 haben seine beiden Söhne Matteo und Michele die Führung von Europas größtem Zweiradkonzern Piaggio übernommen. Sie wollen die DNA des börsennotierten Konzerns ändern und ihn stärker auf Elektronik und Elektrik ausrichten.

Das gilt vor allem für die Cashcow Vespa und die von ihr abgeleiteten Produkte wie den Kleintransporter Ape, weniger für Marken wie den legendären Motorradhersteller Moto Guzzi in Mandello del Lario am Comer See. Es war Roberto Colaninno, der kurz vor seinem Tod grünes Licht für das derzeit größte Investitionsprogramm der Piaggio-Gruppe bei Moto Guzzi gegeben hat. Die Kapazitäten dort sollen bis 2025 von derzeit annähernd 20.000 Einheiten pro Jahr verdoppelt werden.

Matteo und Michele Colaninno kontrollieren zusammen mit ihrer Mutter Oretta Schiavetti die Omniaholding, eine Struktur, die 59% der Anteile von Immsi hält, die wiederum mit mehr als 50% an Piaggio beteiligt ist. Matteo, Jahrgang 1970, ist Exekutiv-Präsident von Piaggio und der Holding Immsi. Sein sechs Jahre jüngerer Bruder Michele ist CEO.

Erfolgsgeschichte Vespa

Hauptumsatzträger und Symbol des Unternehmens ist die Vespa. Doch das Dolce Vita, das die Vespa auch verkörpert, wird allein auf Dauer nicht tragen. „Wir wollen Mobilitätslösungen für alle produzieren, für die Jungen wie für die Erwachsenen“, sagte Michele Colaninno. Er kümmert sich stark um Innovationen wie bei Piaggio Fast Forward. Die US-Tochter ist in der Robotik tätig, entwickelt Sensoren für die Straßensicherheit und beschäftigt sich mit der Mobilität der Zukunft. Bei der Vespa Elettrica und den E-Scootern Piaggio 1 und Piaggio 1 Active wird der herausnehmbare Akku an der Steckdose aufgeladen. Mit KTM, Honda und Yamaha werden gemeinsam austauschbare Batterien entwickelt und mit der Foton Motor Group Elektro-Nutzfahrzeuge. Michele Colaninno will „die DNA der Piaggio-Gruppe ändern, die sich von einem auf Mechanik beruhenden Konzern zu einem auf Basis von Elektronik und Elektro entwickeln soll“.

3.700 Beschäftigte in Pontedera

Die Vespa wird in Pontedera gefertigt, in der Nähe von Pisa. Hier laufen auch die Piaggio-Roller wie Beverly, Medley oder Liberty und die dreirädrige Piaggio Mp3 300 vom Band, die Motorradmarke Gilera, der Kleintransporter Porter und der dreirädrige Minitransporter Ape. 3.700 Beschäftige arbeiten hier. Die Motorräder der Konzernmarke Aprilia werden in Noale bei Venedig produziert.

Der Mutterkonzern Piaggio stellte einst Flugzeuge und Kampfbomber her. Nach der Zerstörung der Produktion im Zweiten Weltkrieg begann mit der Vespa, deren Urform 1946 auf den Markt kam, eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Nach einer schweren Krise übernahm Roberto Colaninno Piaggio 2003 von der damaligen Deutsche-Bank-Tochter Deutsche Morgan Grenfell. Der Ex-Chef des Computerproduzenten Olivetti und von Telecom Italia brachte das Unternehmen auf Vordermann. Heute ist Piaggio Europas größter Zweiradkonzern, weltweit die Nummer drei und hält Marktanteile bei Scootern von 23,3% in Europa und 29,3% in Nordamerika. Der Umsatz erreichte zwischen Januar und September 1,6 Mrd. Euro. Die Betriebsmarge (Ebit) liegt bei 9,8%, der Nettogewinn wuchs um 21,5% auf den Rekordwert von 85,7 Mill. Euro.

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