Chinas Immobilienkrise

Evergrande-Saga tritt in eine neue Phase

China Evergrande wird von einem Hongkonger Gericht in die Abwicklung geschickt. Das bedeutet noch lange nicht das Aus für den krisengeschüttelten Bauträger, könnte aber Chinas Immobilienmarkt und Börsenklima weiter zusetzen.

Evergrande-Saga tritt in eine neue Phase

Evergrande stellt Märkte erneut auf die Probe

Anordnung zur Abwicklung läutet nächste Phase ein

nh Schanghai
Bericht Seite 9

Mit der Anordnung eines Liquidationsverfahrens für den überschuldeten Bauträger China Evergrande Group durch ein Hongkonger Gericht kommt es zu einem neuen Belastungstest für den bereits schwer angeschlagenen chinesischen Wohnimmobilienmarkt und das Anlegervertrauen im Reich der Mitte.

Der von Evergrandes Dollarbond-Gläubigern im Hongkonger Offshoremarkt erwirkte Beschluss für eine Abwicklung von Evergrande ist das Resultat eines 18-monatigen Verfahrens, bei dem sich Evergrande stets der Vorlage eines tragfähigen Restrukturierungs- und Umschuldungsplans entzogen hat. Das insolvenzrechtliche Schicksal des mit Verbindlichkeiten von umgerechnet mehr als 300 Mrd. Euro weltweit höchstverschuldeten Immobilienentwicklers ist damit allerdings noch lange nicht besiegelt.

Hindernislauf

Einer tatsächlichen Zerschlagung der Gesellschaft und Verwertung ihrer Aktiva steht die noch völlig ungewisse Übertragung des Hongkonger Liquidationsbeschlusses auf die Rechtsebene des chinesischen Festlands entgegen. Dort sieht sich Evergrande mannigfaltigen anderen Klageverfahren von inländischen Gläubigern gegenüber. Zudem befinden sich Evergrande-Gründer und Chairman Hui Ka Yan sowie weitere Spitzenmanager seit September in Justizgewahrsam.

Die Entwicklungen vom Montag bedeuten längst nicht das Aus für den einst zweitgrößten chinesischen Wohnimmobilienentwickler. Sie könnten aber auf marktpsychologischer Ebene einige Tragweite entfalten. Evergrande ist zum Inbegriff der Verschuldungskrise chinesischer Bauträger geworden, die den Wohnimmobilienmarkt schwer kompromittiert und damit auch zu einer Flaute bei der Neuwohnungsnachfrage und einem starken Rückgang der Immobilieninvestments als wichtiger Triebfeder für Chinas Wirtschaftswachstums führt.

Peking muss rudern

Allein die Wahrnehmung einer Zerschlagungsgefahr könnte das Vertrauen der chinesischen Privaten in die Stabilität des Wohnimmobilienmarkts weiter erschüttern und damit auch Konjunkturperspektiven weiter beeinträchtigen. Mit dem Immobilienmarkt verknüpfte Konjunktursorgen setzen Chinas Börsen seit längerem schwer zu. Damit stehen Pekings jüngste Stützungsversuche für den Aktienmarkt erst recht auf dem Spiel.

Am Montag gelang es mit der Ankündigung von neuen Beschränkungen für Shortselling-Transaktionen, einem kräftigeren Rückgang der Leitindizes an Chinas Festlandbörsen zu verhindern, während der Hongkong Hang-Seng-Index sogar im Plus blieb. Für Peking gilt es nun vor allem, dafür zu sorgen, dass der Fall Evergrande aus den Köpfen der heimischen Anleger rasch wieder verschwindet und keinen Bezug zu Sanierungschancen für andere überschuldete chinesische Bauträger erkennen lässt.

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