Finanzinvestor Cinven steigt bei Grant Thornton in Deutschland ein
Finanzinvestor Cinven steigt bei Grant Thornton in Deutschland ein
Cinven greift nach Grant Thornton in Deutschland
Finanzinvestor umgeht mit Beteiligung das Fremdbesitzverbot bei Wirtschaftsprüfern
cru/sar Frankfurt
Der Finanzinvestor Cinven hat eine Vereinbarung über eine „strategische Partnerschaft“ mit dem Wirtschaftsprüfer Grant Thornton in Deutschland geschlossen. Nach Angaben aus mit der Transaktion vertrauten Kreisen handelt es sich um eine Eigenkapitalbeteiligung. Deren Höhe wird nicht genau beziffert, aber laut Branchenkreisen ist es eine Mehrheit. Branchenkreisen zufolge soll die Mehrheit der Stimmrechte auch künftig bei den deutschen Partner liegen. Die Vereinbarung steht noch unter dem Vorbehalt, dass die Equity Partner von Grant Thornton zustimmen. Dies wird in den kommenden Wochen erwartet.
Es sei geplant, dass die deutschen Grant-Thornton-Partner nach der Zustimmung weiterhin „maßgeblich“ am Unternehmen beteiligt bleiben und die nächste Wachstumsphase des Unternehmens gemeinsam mit Cinven gestalten, heißt es in einer Mitteilung. Grant Thornton hat nach eigenen Angaben rund 2.000 Beschäftigte an zehn deutschen Standorten, darunter 164 Partnerinnen und Partner.
Engere Zusammenarbeit mit Grant Thornton UK
Unter gemeinsamer Eigentümerschaft der Cinven-Fonds sollen Grant Thornton in Deutschland und Grant Thornton UK in Großbritannien zudem ihre Zusammenarbeit vertiefen und „erhebliche Chancen bei Technologieinvestitionen sowie in der Betreuung internationaler Mandanten in den beiden größten Volkswirtschaften Europas nutzen“. Im Dezember hatte Cinven Grant Thornton UK übernommen. Offenbar soll dies als Blaupause für den Schritt in Deutschland dienen. Laut „Financial Times“ gab es für Grant Thornton Deutschland auch eine alternative Übernahmeofferte durch Grant Thornton US. Bei den Zweigen von Grant Thornton in den USA und Irland ist New Mountain Capital investiert.
Laut Bruno Schick, Co-Managing Partner und Deutschlandchef bei Cinven, ist es das Ziel, „das Management und die Partner dabei zu unterstützen, die Chancen der Digitalisierung und neuer Technologien zu nutzen“.
Mit dem Cinven-Deal umgeht erneut ein Finanzinvestor das Fremdbesitzverbot. In Deutschland dürfen Finanzinvestoren eigentlich nicht direkte Eigentümer von Wirtschaftsprüfern, Kanzleien oder Steuerberatungen sein. Doch es gibt Umwege, da nicht alle europäischen Staaten ein solches Verbot kennen. Viele Investitionen laufen daher über mehrstufige Modelle, etwa über Gesellschaften in Luxemburg.
Sich für Finanzinvestoren zu öffnen könne für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften „im Einzelfall eine richtige Entscheidung sein“, sagt Melanie Sack, Vorstandssprecherin beim Institut der Wirtschaftsprüfer IDW. Deutschland reglementiere den unmittelbaren Gesellschafterkreis von WP-Gesellschaften, anders als viele andere europäische Länder. „Das könnte ein Wettbewerbsnachteil sein.“ Das IDW könnte sich Beteiligungsgrenzen von weniger als 50% und deutliche Mitsprachebeschränkungen, etwa bei Entscheidungen zum Audit Management, vorstellen. „Unabhängigkeit und Qualität sind allerdings nicht verhandelbar“, betont Sack.
Private Equity ist angekommen
Private Equity ist in der deutschen Steuerberaterlandschaft bereits angekommen. Der Schweizer Private-Equity-Investor Ufenau schloss Anfang Juni eine „strategische Partnerschaft“ mit der Osnabrücker Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PKF WMS. Der Finanzinvestor EQT ist bei WTS investiert, KKR bei der Steuerberatergruppe ETL, und hinter Afileon steht die Partners Group aus der Schweiz.
Auch das Beratungsgeschäft weckt das Interesse von Private Equity. In Deutschland ist KKR bereits Mehrheitseigentümer der strategischen Kommunikationsberatung FGS Global, die wiederum die meisten großen US-Private-Equity-Firmen bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland berät.
Grant Thornton in Deutschland werde Teil des Grant Thornton International Limited-Netzwerks bleiben, das Zugang zu mehr als 150 Märkten weltweit biete, erklärte Cinven. Laut Heike Wieland-Blöse, Sprecherin des Vorstands von Grant Thornton in Deutschland, eröffnet die Partnerschaft mit Cinven „uns die Chance, Grant Thornton in Deutschland in einem dynamischen Marktumfeld bestmöglich aufzustellen“. Im Geschäftsjahr 2023/24 erzielte die WP-Gesellschaft einen Umsatz von 249 Mill. Euro. Das Research-Haus Lünendonk & Hossenfelder listet Grant Thornton nach Umsatz als zehntgrößte Beratung in Deutschland.
Grant Thornton liegt hierzulande nahezu gleichauf mit der neuntplatzierten Baker Tilly, hat aber noch deutlichen Abstand zur Nummer acht, Forvis Mazars, die auf 335 Mill. Euro Umsatz kommt.
Investments in Technologie
Cinven teile „unsere Werte hinsichtlich Unabhängigkeit, Integrität und gelebter Partnerschaft“, sagte Wieland-Blöse.
Grant Thornton in Deutschland wurde im Zuge der Transaktion von Perella Weinberg Partners und der Kanzlei Linklaters sowie von Deloitte beraten. Für Cinven waren Freshfields, Oliver Wyman und Deloitte im Einsatz. Finanzielle Details der Transaktion wurden nicht veröffentlicht. Die Transaktion steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Equity Partner von Grant Thornton in Deutschland, regulatorischer Freigaben und weiterer Vollzugsbedingungen.