Finanzinvestor CVC will Birkenstock anziehen

Gespräche über Beteiligung an Sandalenhersteller in Familienbesitz - Bewertung von 4 Mrd. Euro inklusive Schulden möglich

Finanzinvestor CVC will Birkenstock anziehen

Der Schuhkonzern Birkenstock macht mehr als 160 Mill. Euro operativen Gewinn im Jahr. Jetzt interessiert sich offenbar der britische Finanzinvestor CVC für das Familienunternehmen. Eine Bewertung von 4 Mrd. Euro gilt als möglich. Laut Bundesanzeiger liegen die Verbindlichkeiten der Firma bei gut 180 Mill. Euro.cru Frankfurt – Die Gründerfamilie des Sandalenherstellers Birkenstock, der für seine gesundheitsfördernden Korksohlen rund um den Erdball bekannt ist, führt Gespräche mit dem britischen Finanzinvestor CVC über eine maßgebliche Beteiligung. Die Verhandlungen über die 250 Jahre alte Marke sollen weit fortgeschritten sein, aber es ist nicht sicher, dass sie zu einer Einigung führen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf informierte Kreise.Ein CVC-Sprecher wollte dazu keinen Kommentar abgeben. Auch Birkenstock lehnte eine Stellungnahme ab. Aus Finanzkreisen werden die Gespräche aber bestätigt.Bei dem Deal könnte die 1774 im hessischen Langen-Bergheim vom Schuhmachermeister Johann Adam gegründete und in den 1960er Jahren durchgestartete Traditionsfirma mit Sitz in Linz am Rhein in Rheinland-Pfalz demnach mit mehr als 4 Mrd. Euro inklusive Schulden bewertet werden. Damit wäre es der größte Buy-out-Deal in Deutschland seit dem Kauf der Thyssenkrupp-Aufzüge durch Advent vor einem Jahr. Ausweislich der letzten verfügbaren Bilanz der Konzernobergesellschaft Birkenstock GmbH & Co. KG hat das Unternehmen mit 3 600 Beschäftigten im Geschäftsjahr bis Ende September 2019 rund 24 Millionen Paar Schuhe verkauft, was den Umsatz um 11 % auf 722 Mill. Euro steigen ließ, davon 19 % in Deutschland.Der Nettogewinn kletterte noch stärker um 40 % auf 129 Mill. Euro. Das Ergebnis vor Steuern lag sogar bei 158 Mill. Euro, und die Verbindlichkeiten betrugen 183 Mill. Euro, davon 110 Mill. Euro Kredite. Für das Geschäftsjahr 2019/20 wurde gegenüber dem Geschäftsjahr 2018/19 ein leicht gestiegenes Betriebsergebnis (Ebit) erwartet, das 2018/19 von 120 Mill. auf 161 Mill. Euro gestiegen war. Mit 443 Mill. Euro Eigenkapital lag die Eigenkapitalquote bei 63 %. Neuere Zahlen sind nicht verfügbar. Fünf deutsche BeteiligungenCVC kontrolliert bereits hochkarätige Marken wie den Schweizer Uhrenhersteller Breitling, der 2017 übernommen wurde und für seine Uhren bekannt ist, die der Schauspieler John Travolta trägt. Auch in Deutschland ist CVC mit fünf großen Beteiligungen vertreten: Die Buy-out-Firma besitzt die Parfümeriekette Douglas, die gerade ihre 2 Mrd. Euro Schulden neu ordnet und als Börsenkandidat gilt, aber mit den Lockdowns zu kämpfen hat. Zudem hatte CVC im Juli 2019 die ebenfalls mit Schwierigkeiten kämpfende Bosch-Verpackungstechniksparte für 850 Mill. Euro übernommen und in “Syntegon” umbenannt. Und im Juli 2018 hatte der Finanzinvestor unter Führung von Deutschlandchef und Ex-Goldman-Sachs-Banker Alexander Dibelius den Industriegasehersteller Messer Group für 3 Mrd. Euro erworben, der ebenfalls zeitweise als IPO-Kandidat galt. Ebenfalls zum deutschen Portfolio gehören der Sportwettenanbieter Tipico und die Tankkartenfirma DKV.Erst seit 2013 wird Birkenstock von Managern geführt, die nicht der Gründerfamilie angehören, und zwar den Co-Vorstandschefs Markus Bensberg und Oliver Reichert. Damals war auch eine grundlegende Umstrukturierung von Birkenstock erfolgt, die bis dahin aus 38 einzelnen Firmen bestand – hin zu einem Konzern, der Birkenstock Group mit drei Töchtern für Produktion, Vertrieb und Services. Das Unternehmen, das sich lange Zeit gegen die Einrichtung von Betriebsräten sträubte, bietet seine Produkte, zu denen auch Gürtel, Taschen und Betten gehören, laut Webseite in rund 90 Ländern an.Bekannte Schuhmarken ziehen seit langem Private-Equity-Firmen an, die nach einem Kauf meist versuchen, die internationale Expansion voranzutreiben, bevor sie einen Verkauf oder einen Börsengang anstreben. Permira hatte im Jahr 2020 das Luxus-Sneaker-Unternehmen Golden Goose übernommen. Der Sportbekleidungshersteller Adidas erwägt den Verkauf seiner schwächelnden Marke Reebok, was ebenfalls Private Equity und strategisches Interesse auf sich ziehen könnte.CVC würde für den Birkenstock-Deal Kapital aus einem neuen 21,3 Mrd. Euro schweren Flaggschifffonds einsetzen, der 2020 geschlossen wurde. Der Buy-out-Fonds ist der größte, den CVC jemals aufgelegt hat, und soll sich auf Investitionen in Europa und den USA konzentrieren.Produkte, die auf Bequemlichkeit zu Hause ausgerichtet sind, waren seit Beginn der Pandemie stark gefragt. Der US-Schuhhersteller Crocs etwa erwartet für 2020 einen Rekordumsatz, nachdem die Pandemie den Absatz der markentypisch bunten Clogs angekurbelt hat. In London erwägt der Schuhhersteller Dr. Martens, der für seine luftgepolsterten Sohlen bekannt ist, beim Börsengang eine Marktkapitalisierung von 4 Mrd. Pfund und einen Emissionserlös von 1 Mrd. Pfund. USA wichtiger MarktBirkenstocks werden in den USA – dem wichtigsten Auslandsmarkt des Unternehmens – seit 1966 verkauft, nachdem eine Frau namens Margot Fraser sie während eines Urlaubs entdeckt hatte und importierte. In den 1990er und 2000er Jahren wurden die Sandalen noch bekannter, als Berühmtheiten wie Kate Moss und Heidi Klum begannen, in ihnen herumzulaufen. Es gibt auch eine Reihe von Luxusvarianten von Labels wie Celine und Givenchy.