Gewinnwarnung

Fresenius hat ein Kosten­problem

Fresenius und die Dialysetochter FMC kappen ihre Prognosen, nachdem Personalmangel in den USA und Lieferkettenengpässe belasten. Die Aktien beider Dax-Konzerne stürzen ab.

Fresenius hat ein Kosten­problem

swa Frankfurt – Ertragseinbußen im Dialysegeschäft von FMC schlagen im Gesundheitskonzern Fresenius ins Kontor. Nach einem drastischen Gewinneinbruch im zweiten Quartal kappt Fresenius Medical Care (FMC) ihre Prognose, was sich im Mutterkonzern nicht von den anderen Sparten kompensieren lässt – die Schwestergesellschaften immerhin bestätigen ihre Vorhersagen für das laufende Jahr. Auch die mittelfristigen Ziele werden in beiden Dax-Konzernen nach unten angepasst.

„Beispiellose Lage“

FMC führt den Schwächeanfall auf Personalnot in den USA, die weltweite Inflation und zunehmende Schwierigkeiten in den Lieferketten zurück. „Als weltweit tätiger Gesundheitskonzern können auch wir uns den teils massiven Kostensteigerungen, zunehmenden Problemen in den globalen Lieferketten und Personalengpässen nicht entziehen“, sagt Fresenius-Chef Stephan Sturm. „Im Gegensatz zu anderen Branchen können wir die damit verbundenen wirtschaftlichen Belastungen nicht kurzfristig über Preiserhöhungen weitergeben“, ergänzt der Manager.

FMC spricht von einer „beispiellosen Lage“ auf dem US-Arbeitsmarkt, was Kapazitäten einschränke und die „Lohninflation“ beschleunige. „Am Ende des ersten Quartals haben wir mit einem länger anhaltenden Arbeits­kräftemangel gerechnet. Eine so deutliche und schnelle Verschärfung konnten wir damals aber noch nicht absehen“, erklärt Finanzchefin Helen Giza. CEO Rice Powell äußert sich nicht mehr zu der enttäuschenden Entwicklung des Unternehmens. Der Manager wird nun am 1. Oktober in den Ruhestand verabschiedet, die neue Vorstandschefin Carla Kriwet geht drei Monate früher als geplant ans Ruder. Sie kommt vom Münchner Hausgerätehersteller BSH.

Am Aktienmarkt lösten die Hiobsbotschaften einen Kurssturz aus. Die FMC-Titel verloren 14,4% auf 37,43 Euro – der tiefste Stand seit zwölf Jahren. Fresenius-Titel brachen um 8% auf 25,02 Euro ein.

FMC will nun prüfen, ob das Programm zur Kostensenkung beschleunigt und ausgeweitet werden kann. Mit Blick auf die Arbeitsmarktsituation in Nordamerika führt das Unternehmen aus, dass Zuschläge, Halteprämien und zusätzliche Kosten für Zeitarbeit gezahlt würden, um die Personalnot einzudämmen. Trotz dieser Aufwendungen hätten sich Personalmangel und Fluktuation aber weiter erhöht. Das Wachstum von FMC sei im zweiten Quartal beeinträchtigt worden, weil das Unternehmen die Aufnahme neuer Patienten mangels Kapazitäten begrenzen musste. Das Management geht davon aus, dass sich die schwierige Personalsituation in der zweiten Jahreshälfte nicht entspannen wird, so dass 2022 das Dienstleistungsgeschäft in Nordamerika organisch stagnieren werde.

FMC zeigt im zweiten Quartal ein währungsbereinigtes Umsatzplus im Konzern von 1 % auf 4,8 Mrd. Euro, organisch liegt der Umsatz auf Vorjahresniveau. Das operative Ergebnis schrumpfte währungsbereinigt um 27 % auf 341 Mill. Euro, unterm Strich brach der Konzerngewinn zu konstanten Wechselkursen um 39% auf 147 Mill. Euro ein.

In der revidierten Vorhersage rechnet FMC nun 2022 mit einem Umsatzplus am unteren Ende der angepeilten Spanne und einem Rückgang des Gewinns um bis zu knapp 20%. Zuvor hatte FMC ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum und einen steigenden Gewinn, jeweils um einen niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentsatz, angekündigt. Auch die mittelfristige Prognose ist nicht mehr zu halten.

Fresenius ist nach der Entwicklung bei FMC gezwungen, ihre Prognose ebenfalls anzupassen. Der Konzern stellt nun für 2022 ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich in Aussicht – zuvor war ein Plus im mittleren einstelligen Prozentbereich angepeilt worden. Beim Nettogewinn geht Fresenius von einem Rückgang im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich aus; bislang lautete die Prognose auf niedrig einstellige Einbußen. Auch das mittelfristige Ziel von Fresenius ist Makulatur.

Fresenius
Konzernzahlen nach IFRS
1. Halbjahr    
in Mill. Euro20222021
Umsatz19 73818 230
  FMC9 3058 530
  Helios5 8565 387
  Kabi3 7433 516
  Vamed1 0751 033
Ebit2 0032 042
  FMC852910
  Helios609566
  Kabi564574
  Vamed1912
Konzernergebnis913911
Börsen-Zeitung
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.