Fusionsfantasie bewegt Essensdienste

US-Branche vor Konsolidierung - Grubhub dementiert Verkaufsabsichten

Fusionsfantasie bewegt Essensdienste

nok New York – Wer in Amerika eine Pizza nach Hause bestellen will, macht das mittlerweile sehr wahrscheinlich über die App eines Lieferdienstes. Apps sind zwar relativ neu, aber die Lieferung von Fertiggerichten hat in Amerika Tradition. Schon vor fast 100 Jahren warb das Kin-Chu Café in Los Angeles damit, das einzige Restaurant an der Westküste zu sein, das “echtes chinesisches Essen zubereitet und liefert”. Eine Pizzeria in Los Angeles, die Casa D’Amore, galt dann als eine der ersten, die in den Nachkriegsjahren Lieferung frei Haus anbot. Als sich Ende der neunziger Jahre das Internet durchsetzte, fanden sich rasch Speisekarten im Netz.Mittlerweile drängen sich so viele Anbieter auf dem Markt, dass eine Konsolidierung der Lieferantenbranche unausweichlich scheint. Die jüngsten Spekulationen ranken sich um Grubhub, den gemessen am Marktanteil zweitgrößten amerikanischen Essenslieferdienst. Nachdem Gerüchte über einen potenziellen Verkauf oder die Fusion mit einem Konkurrenten aufgekommen waren, kletterte der Aktienkurs von Grubhub am vergangenen Mittwoch um fast 13 %. Grubhub hat nach einem Bericht des “Wall Street Journal” Berater angeheuert, um “strategische Optionen” zu prüfen. Parallel zu Grubhub stieg der Aktienkurs des Fahrdienstanbieters Uber Technologies um mehr als 3 %. Dessen Sparte Uber Eats ist der drittgrößte Essenslieferdienst. An der Börse wurde eine potenzielle Fusion von Grubhub und Uber Eats also goutiert.Nachdem der Bericht für eine anhaltende Diskussion und weiter steigende Kurse sorgte, gab Grubhub schließlich ein umsichtig formuliertes Dementi ab. Grubhub widersprach zwar nicht der Existenz von Beratern. Aber es gebe “derzeit” keine Verkaufspläne. Grubhub rechne angesichts des Drucks auf die Gewinnmargen in der Branche allerdings noch in diesem Jahr mit Gelegenheiten, weitere “Marktanteile zu erwerben – also möglicherweise kleinere Wettbewerber zu übernehmen. Der Aktienkurs von Grubhub gab daraufhin wieder deutlich nach. Uber-Vorstandschef Dara Khosrowshahi hatte in der Vergangenheit gesagt, dass Uber Eats organisch, also ohne Akquisitionen, wachsen soll. Prognose schockt Wall Street Grubhub, deren vom amerikanischen Slang inspirierter Name “Umschlagplatz für Fressalien” bedeutet, hatte zuletzt einen Börsenwert von knapp 5 Mrd. Dollar. Vor etwas mehr als einem Jahr war der bis 2018 klare Branchenprimus noch mehr als 13 Mrd. Dollar wert. Neue Anbieter machten dem schon 2004 gegründeten Unternehmen mit Rabatten und Werbeaktionen Marktanteile streitig. Gleichzeitig wehren sich Restaurants gegen die Gebühren für die Lieferdienste. Ende Oktober hatte Grubhub-Vorstandshef Matt Maloney die Umsatz- und Gewinnprognosen für das vierte Quartal reduziert und die Wall Street damit regelrecht geschockt. Maloney führte das auf schärferen Wettbewerb und nachlassende Kundentreue zurück. “Essenslieferung ist ein sehr viel weniger attraktiver Markt als noch vor sechs Monaten”, kommentierte der Analyst Dan Ives vom Wertpapierhaus Wedbush.Den größten Marktanteil hatte zuletzt der 2013 gegründete Lieferdienst Door Dash (“Tür-Sprint”), der erst im Oktober den kleineren Konkurrenten Caviar geschluckt hatte. Door Dash und der vom deutschen Internetunternehmer Bastian Lehmann im Jahr 2011 gegründete Branchenvierte Postmates gelten laut Wertpapierhaus Renaissance Capital als Kandidaten für einen Börsengang noch in diesem Jahr.Einige Analysten halten neben Uber auch den Internetkonzern Google für einen schlüssigen strategischen Partner für Grubhub. Google, die seit Mai in dem Markt aktiv sind, hat nach einem Bericht der “New York Post” bislang aber kein Interesse an Grubhub gezeigt. Google betreibt keinen eigenen Lieferdienst, ermöglicht die Bestellung von Fertiggerichten aber über Partnerunternehmen wie Door Dash oder Postmates. Grubhub und Uber Eats sind keine Partner von Google. Der Online-Einzelhändler Amazon hatte im vergangenen Juni seine Liefersparte Amazon Restaurants geschlossen.Kunal Madhukar, Analyst bei der Deutschen Bank, unterstellt ein Interesse von Uber Eats und Door Dash, sollte Grubhub zum Verkauf stehen. “Wir waren immer der Ansicht, dass die Branche vor einer Konsolidierung steht”, schreibt Madhukar. Die beiden Marktführer Door Dash und Grubhub kommen gemeinsam auf einen Marktanteil von etwas mehr als zwei Dritteln. Die Konkurrenten sind allerdings in unterschiedlichen Regionen führend. Grubhub ist der populärste Lieferdienst in einigen Ballungszentren des amerikanischen Nordostens. Door Dash dominiert in den texanischen Metropolen Dallas und Houston.