Zerschlagung von Tech-Konzern gescheitert

Google kommt in „Prozess des Jahrzehnts“ glimpflich davon

Für Google bewahrheiten sich die schlimmsten Befürchtungen nach einem viel beachteten Kartellprozess nicht. Der Tech-Riese behält die Kontrolle über den Browser Chrome – und damit gewaltige Macht in der digitalen Welt.

Google kommt in „Prozess des Jahrzehnts“ glimpflich davon

Google kommt in Kartellprozess glimpflich davon

Reuters/dpa-afx New York, Washington

Alphabet muss nach einem Urteil in einem US-Monopolprozess die Daten seiner Google-Suchmaschine mit Konkurrenten teilen. Allerdings entschied Bundesrichter Amit Mehta am Dienstag auch, der Internet-Konzern müsse weder seinen beliebten Chrome-Browser noch das mobile Betriebssystem Android verkaufen. Die Alphabet-Aktie legte nachbörslich zunächst um mehr als 6% zu. Eine Stellungnahme des Konzerns oder der Staatsanwaltschaft lag zunächst nicht vor. Google hatte angekündigt, Berufung einzulegen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung könnten daher noch Jahre vergehen.

Milliardeneinnahmen für Apple

Mehta verhängte weitere Auflagen gegen Google. So darf der Suchmaschinenbetreiber keine Exklusivvereinbarungen treffen, die Gerätehersteller daran hindern würden, Konkurrenzprodukte vorzuinstallieren bzw. ein alleiniges Recht für die Vorinstallation der Dienste des Konzerns aus Mountain View beinhalten – darunter der Web-Suche, Chrome oder der KI-Software Gemini. Allerdings wird der Tech-Riese andere Unternehmen wie Apple oder den Firefox-Entwickler Mozilla grundsätzlich weiterhin dafür bezahlen können, dass sie seine Dienste von vornherein einrichten.

Apple bekam nach Informationen aus dem Prozess Milliarden dafür, dass die Google-Suche auf dem iPhone als Standard vorinstalliert wurde. Auch die Aktie des Konzerns aus Cupertino legte auf Mehtas Entscheidung hin nachbörslich zunächst deutlich zu. Für Mozilla ist die Vorinstallation der Google-Suche in Firefox eine zentrale Einnahmequelle. In der Europäischen Union werden Nutzer inzwischen ausdrücklich gefragt, welche Suchmaschine sie nutzen wollen. Einen solchen Auswahl-Zwang für die USA lehnte der Richter ab.

Staatsanwaltschaft scheitert mit Forderungen

Die Staatsanwaltschaft hatte weitreichendere Maßnahmen gefordert wie einen Zwangsverkauf des Browsers Chrome, um Googles Marktmacht bei der Internet-Suche einzudämmen. Dazu gehören strenge Auflagen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und eben die Freigabe interner Daten. Sundar Pichai, der sowohl Google als auch den Mutterkonzern Alphabet leitet, hatte bei einer Aussage vor Gericht Letzteres entschieden abgelehnt. Er sprach von einer „faktischen Enteignung unseres geistigen Eigentums“.

CEO Sundar Pichai und Alphabet wollen nach ihrer Niederlage in einem aufsehenerregenden Kartellprozess in Berufung gehen.
CEO Sundar Pichai und Alphabet wollen nach ihrer Niederlage in einem aufsehenerregenden Kartellprozess in Berufung gehen.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jeff Chiu

Der Entscheidung ging ein fünfjähriger Rechtsstreit voraus. Richter Mehta hatte im vergangenen Jahr geurteilt, dass das Unternehmen ein illegales Monopol bei der Online-Suche und der damit verbundenen Werbung innehat. Alphabet beherrscht etwa 90% des Suchmaschinen-Marktes und streicht den Löwenanteil der weltweiten Ausgaben für Online-Werbung ein.

Weitere Streitigkeiten anhängig

Das Verfahren gilt als „Prozess des Jahrzehnts“, weil die USA erstmals seit langer Zeit einem Unternehmen die Bildung eines illegalen Monopols vorwerfen. Im Jahr 1998 erlitt Microsoft eine Niederlage im Streit über die enge Verzahnung seines Browsers Internet Explorer mit dem Betriebssystem Windows. Der Software-Konzern entging damals nur dank eines Vergleichs einer Zerschlagung. Dieses Schicksal erlitt AT&T, nachdem 1974 eine Kartellklage gegen den Telekom-Anbieter eingereicht worden war.

Neben dem Verfahren wegen seiner Suchmaschine ist Google in weitere Rechtsstreitigkeiten über seine Vormachtstellung in anderen Märkten verwickelt. So will der Konzern gegen ein Urteil ankämpfen, das ihn zur Umgestaltung seines App-Stores verpflichtet. Zudem steht im September ein weiterer Prozess des Justizministeriums wegen illegaler Monopole bei Online-Werbetechnologie an. Die beiden Verfahren gegen Google sind Teil eines parteiübergreifenden Vorgehens der US-Behörden gegen große Technologiekonzerne, das während der ersten Amtszeit von Präsident Donald Trump begann und sich auch gegen Meta, Amazon und Apple richtet.