Großaktionär Betclic hat auf 51,4 Prozent reduziert
Bet-at-home hat Umsatz und Ergebnis seit der Jahrtausendwende stetig gesteigert – selbst in Zeiten der Finanzkrise. Der Anbieter von Online-Sportwetten und Online-Spielen (Roulette, Poker) wird diese Serie auch 2017 fortsetzen, obwohl in Polen – einem der drei wichtigsten Märkte – die Internetseite seit dem 1. Juli vom Staat blockiert wird. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung erläutert Finanzvorstand Michael Quatember die Hintergründe dieses Vorgangs und warum die Jahresprognose nicht angepasst werden musste. Zudem macht der CFO Hoffnung auf anhaltende Dividendenerhöhungen – was auch Großaktionär Betclic freuen wird. Die Franzosen haben ihren Anteil weiter auf zuletzt 51,4 % gesenkt.Von Martin Dunzendorfer, FrankfurtAus Sponsorensicht ist das vergangene Wochenende für Bet-at-home zwiespältig verlaufen. Zwar gewann Schalke 04 – bei den Knappen ist das Online-Wettbüro Premiumpartner (Sponsor auf zweithöchster Ebene) – gegen den HSV mit 2 : 0, doch Hertha BSC, wo das Unternehmen als Hauptsponsor (oberste Ebene) fungiert, unterlag zu Hause Mönchengladbach 2 : 4. Ähnlich zwiespältig ist der jüngste Neunmonatsbericht aufgenommen worden. Zahlen und Ausblick entsprachen zwar weitgehend den Markterwartungen, doch die Probleme in Polen – einem der drei Hauptmärkte von Bet-at-home – machten dem Anbieter von Online-Gaming und Online-Sportwetten zu schaffen, wie Michael Quatember, Finanzchef des SDax-Unternehmens, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung einräumt. Zwar macht Bet-at-home keine länderspezifischen Angaben zu Umsatz oder Ergebnis, aber – so viel lässt sich Quatember entlocken – “wir machen mehr als 75 % des Brutto-Wett- und -Gamingertrags (vergleichbar dem Umsatz in Industrieunternehmen; die Red.) in den drei Hauptmärkten Österreich, Deutschland und Polen”.Seit Juli wird in Polen der Zugang zur Internetseite von Bet-at-home und anderen ausländischen Online-Wettanbietern blockiert. Grund ist gemäß Quatember ein neues Online-Sportwettengesetz, das auch Online-Gaming einschließe. Aufgrund dieses Gesetzes gewähre Polens Regierung künftig nur noch eine Online-Wettlizenz, was eine monopolistische Struktur schaffe. Nach Ansicht von Bet-at-home verstößt dieses Gesetz gegen EU-Recht. Es sei klar diskriminierend, weil staatliche Gesellschaften bevorzugt und ausländische Anbieter benachteiligt würden, sagt Quatember. Das stehe klar im Widerspruch zur EU-Dienstleistungsfreiheit, die besage, wer in einem EU-Land eine Lizenz für eine Dienstleistung habe, dürfe in keinem anderen EU-Land bei der Ausübung dieser Dienstleistung diskriminiert werden.Bet-at-home geht gegen die neue Regelung juristisch vor und will mit der Klage gegebenenfalls bis vor das höchste Gericht Polens ziehen. “Wir erwarten, dass unser Fall in Polen 2019 höchstrichterlich entschieden wird”, erklärt Quatember. “Im Anschluss streben wir – falls das Gericht gegen uns entscheidet – den Gang vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an, der in ähnlich gelagerten Fällen schon oft pro Dienstleistungsfreiheit entschieden hat.” Analysten erwarten mehrTrotz der Probleme in Polen hat der Vorstand den Ausblick bei Vorlage der Neunmonatszahlen bestätigt: Für 2017 wird mit einem Anstieg des Brutto-Wett- und -Gamingertrags auf 144 (i.V. 138,7) Mill. Euro gerechnet. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll nach den Planungen zwischen 34 und 38 (33) Mill. Euro liegen. Die Konsensschätzungen der Analysten liegen bei 147,8 Mill. (Umsatz) und 37,6 Mill. Euro (Ebitda). “Wir versuchen immer, vorsichtig zu planen und zu budgetieren”, sagt Quatember. “Deswegen mussten wir auch trotz der Probleme in Polen keine Revision unserer Prognose vornehmen.” Daneben seien auch die 2017 fehlenden Erträge, die sich im Vorjahr aus den Wetten im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft ergeben hätten, einkalkuliert worden.Im Vergleich zu den Zahlen von 2016 entspräche das prognostizierte Ebitda einem Anstieg um 3 bis 15 %. Beim Brutto-Wett- und -Gamingertrag wären es 3,8 %. Nach neun Monaten lagen die prozentualen Zuwächse bei 19 und 8 %, also deutlich darüber. Ist Bet-at-home also viel zu defensiv mit ihrer Schätzung? Quatember widerspricht: Das scheine vielleicht so, aber die Probleme in Polen begannen am 1. Juli – das heißt, die Erlösausfälle haben sich im dritten Quartal bemerkbar gemacht und werden dies auch im vierten tun – “obwohl das Schlussvierteljahr an sich immer toll läuft”. Übernahmen wären unsinnigDie Kassen des in Düsseldorf ansässigen Konzerns, der aber stark österreichisch geprägt ist, platzen aus allen Nähten: Die schuldenfreie Bet-at-home verfügte zum 30. September über liquide Mittel und Wertpapiere des Umlaufvermögens von 92,8 (120,8) Mill. Euro. Trotz des hohen Cash-Polsters sind Übernahmen kein Thema. Das wäre strategisch nicht sinnvoll, “denn der Kundenstock eines potenziellen europäischen Übernahmekandidaten – das eigentliche Asset – würde wohl zu einem beträchtlichen Teil mit dem von Bet-at-home überlappen”, sagt Quatember. Und außerhalb Europas gebe es keine Expansionsabsichten, da die Firma noch viel Potenzial auf den Heimatmärkten ausmacht. Potenzial bei JüngerenTatsächlich ist der Umsatz von Bet-at-home seit der Jahrtausendwende stetig gewachsen, ebenso der Gewinn. Quatember erklärt das mit der Unterhaltung, die das Wetten bringe: “Wir verkaufen Entertainment, bei uns geht es um den Spaßfaktor.” Online-Wetten und -Gaming seien – im Vergleich zu anderen Unterhaltungsformen – immer noch neues Entertainment. Für das vom Vorstand identifizierte große Marktpotenzial in Europa nennt der Finanzchef mehrere Gründe. So seien jüngere Menschen an mobiles Internet gewöhnt und somit leichter für Angebote auf Smartphones oder Tablets empfänglich. Gerade der Umsatz über diese mobilen Endgeräte habe stark an Bedeutung gewonnen: Noch vor vier Jahren habe der Anteil am Brutto-Wett- und -Gaming-Ertrag bei 13 % gelegen; zurzeit liege er bei 44 %.Hinzu komme, dass diese Kommunikationsmittel immer ausgefeilter und leistungsfähiger werden, wodurch die Möglichkeiten zu wetten und zu spielen sowie der Spaß daran zunähmen. Schließlich würden auch die entlegensten Regionen in Europa nach und nach Internet-Empfangsgebiete.Der hohe Stand an flüssigen Mitteln, die schon jetzt hohe Eigenkapitalquote von rund 70 % und der Mangel an sinnvollen Investitionsmöglichkeiten sind die Gründe für die zuletzt hohe Ausschüttung. Für 2016 wurden insgesamt 7,50 Euro je Aktie ausgeschüttet. Zwei Drittel davon waren eine außerordentliche Dividende. Für 2017 wurden gerade 6 bis 8 Euro an Dividende je Aktie (inklusive Sonderausschüttung) angekündigt. “Wir werden auch künftig aus dem hohen Cash-Polster, auf dem wir sitzen, Sonderausschüttungen vornehmen, wenn wir das Geld nicht benötigen”, erklärt Quatember und fügt hinzu: “Aktuell brauchen wir 30 Mill. Euro, um unser Business am Laufen zu halten.” Auf jeden Fall soll die reguläre Dividende langfristig jedes Jahr erhöht werden. “Wir wollten schon immer ein bekanntes Dividendenpapier werden.”Am stärksten profitiert der Großaktionär von der hohen Ausschüttung. Seit 2009 gehört Bet-at-home mehrheitlich der Betclic Everest SAS Group. Der französische Konzern ist wie die Tochter im Bereich Online-Gaming und Sportwetten tätig. Vor kurzem hat Betclic Everest SAS ihren Anteil von anfangs rund 60 weiter auf 51,4 % reduziert, wodurch der Streubesitzanteil auf 44,9 % stieg. Mit einem Anteil von 1,15 % sei J.P. Morgan der größte Free-Float-Investor. Vorstandschef und Mitgründer Franz Ömer hält 3,8 % an Bet-at-home, deren Marktkapitalisierung bei 730 Mill. Euro liegt.Der Vorstand von Bet-at-home ist erfreut über die Erhöhung des Streubesitzanteils. Das sorge für größere Handelsumsätze an der Börse, was die seit Februar bestehende SDax-Mitgliedschaft festige. Ein Aktienrückkaufprogramm wäre laut Quatember daher kontraproduktiv; dadurch würde die Zahl der handelbaren Aktien ja reduziert und als Folge würden die Börsenumsätze sinken. Jeder zehnte Kunde ist aktivAm Ende des dritten Quartals hatte Bet-at-home 4,8 Millionen registrierte Kunden. Davon sind laut Quatember etwa 10 % aktiv; nach Unternehmensdefinition heißt das, diese “aktiven” Kunden gehen mindestens einmal in zwölf Monaten mit eigenem Geld – also nicht mit Gutscheinen o. Ä. – eine Wette ein. Die Quote erscheint niedrig, ist aber wohl in der Branche nicht ungewöhnlich.Über viele Jahre war das Umsatzverhältnis von Online-Sportwetten zu -Gaming ausgeglichen. Das hat sich zugunsten von Roulette, Blackjack und Poker geändert. Inzwischen machen die Sportwetten nur noch rund 44 % und das Gaming 56 % des Brutto-Wett- und -Gaming-Ertrags aus. Auch innerhalb des Online-Sportwetten-Segments gibt es einen Trend: Der Anteil klassischer Sportwetten liegt bei 40 bis 50 %, der der Livewetten bei 50 bis 60 %. Quatember erklärt dies mit dem Entertainment-Charakter von Online-Wetten. Allerdings seien die Einsätze bei Wetten, die vor Beginn des Ereignisses eingegangen werden – also bei klassischen Sportwetten -, deutlich höher als die bei den Livewetten.Der CFO betont jedoch, dass sich viele Außenstehende ein falsches Bild von den Livewetten machten. Zwar biete Bet-at-home auch während eines Fußballspiels Wetten darauf an, welche Mannschaft die nächste Ecke ausführe, die nächste Gelbe Karte bekomme oder als Nächstes einen Elfmeter schießen werde. “Doch darauf gibt es praktisch keine Umsätze.” Vielmehr würden 90 bis 95 % der Einsätze – ganz konservativ – auf Sieg, Unentschieden oder Niederlage gewettet. Stabil blieben die beiden Sportarten, auf die am meisten gewettet werde, und deren Anteile: Fußball (60 %) und Tennis (20 %).