Halbleiter für schlaue Autos und Fabriken

Für STMicroelectronics und Infineon sind Autos und Industriegüter wichtiger als Smartphones und PCs

Halbleiter für schlaue Autos und Fabriken

Von Stefan Paravicini, FrankfurtDie jüngste Entwicklung der weltweit führenden Halbleiterproduzenten ist zu großen Teilen ein Abbild der Konjunktur auf den Absatzmärkten für Personal Computers (PCs) und die mobile Konkurrenz von Smartphones und Tabletrechnern. Während der US-Branchenprimus Intel, der 2012 fast ein Sechstel des gut 300 Mrd. Dollar schweren Halbleitermarktes kontrollierte, ebenso wie die Nummer 4, Texas Instruments, bei Halbleitern für mobile Endgeräte noch um den Anschluss kämpfen und vom Einbruch auf den PC-Märkten voll getroffen sind, profitiert etwa die koreanische Samsung Electronics auf Platz 2 von dieser Entwicklung. Die kalifornische Qualcomm hat sich im Sog des Booms mobiler Endgeräte in zwei Jahren gar von Rang 9 auf Position 3 vorgearbeitet. Allein 2012 legte der Umsatz des Konzerns, teils gestützt auf die Chipdesigns der ebenfalls erfolgsverwöhnten britischen ARM Holdings, um 30 % auf 13,1 Mrd. Dollar zu.Die führenden Halbleiteradressen auf dem europäischen Kontinent, allen voran die italienisch-französische STMicroelectronics und Infineon, im vergangenen Jahr auf Platz 8 und 13 im Branchenranking, spüren die Entwicklung bei PCs, schlauen Taschentelefonen und Tablets ebenfalls, ihre Zukunftsaussichten hängen aber viel stärker von den Entwicklungen in der Fertigungsindustrie und vom Geschäft mit der Automobilbranche ab. Von rund 2 Mrd. Dollar Umsatz, die STMicro im zweiten Quartal verbuchte, stammten mehr als zwei Fünftel aus diesen beiden Segmenten. Chips für kabellose, mobile Endgeräte machten dagegen weniger als ein Zehntel bei der zuletzt defizitären ersten Halbleiteradresse Europas aus.Bei Infineon ist der Anteil industrieller Anwendungen noch größer. Im dritten Quartal, über das der Dax-Konzern gestern berichtete (siehe Artikel auf dieser Seite), machte allein das Geschäft mit Automobilzulieferern wie Bosch, Continental oder Hella fast die Hälfte der rund 1 Mrd. Euro Umsatz aus. Zusammen mit den Erlösen, die das Unternehmen mit Halbleitern für industrielle Anwendungen bei ABB, Siemens oder Alstom macht, beläuft sich der Umsatzanteil der Fertigungsindustrie bei Infineon auf gut 60 %.Der Marktforscher IHS führt STMicro und Infineon bei den Anbietern von Halbleitern für die industrielle Elektronik hinter Texas Instruments auf den Plätzen 2 und 3 (siehe Tabelle). Nachdem beide Konzerne 2012 wegen der schwierigen konjunkturellen Lage hier zweistellige Einbrüche verarbeiten mussten, ruhen ihre Hoffnungen nach einer spürbaren Verbesserung im ersten Halbjahr auf einer nachhaltigen Erholung. Sensoren für die Industrie 4.0Analysten von J.P. Morgan schreiben die jüngste Entwicklung im Geschäft mit der Industrie mehrheitlich Lagerveränderungen zu und geben mit Blick auf das zweite Halbjahr Unsicherheiten in China und in den USA zu bedenken. Der Marktforscher Semicast, der Infineon in diesem Segment in der Pole Position vor Texas Instruments sieht, traut dem Markt in den nächsten fünf Jahren dennoch ein Wachstum von jährlich knapp einem Zehntel auf mehr als 50 Mrd. Dollar zu. Ein Wachstumstreiber ist die Vernetzung von industriellen Wertschöpfungsketten, in denen eine steigende Zahl von Sensoren zum Einsatz kommen soll.