Hälfte der Airlines droht die Pleite

Branchenverband drängt Regierungen zu Hilfszahlungen - 250 Mrd. Dollar Umsatzverlust befürchtet

Hälfte der Airlines droht die Pleite

Fluggesellschaften droht in diesem Jahr wegen der Coronavirus-Pandemie ein Umsatzverlust im Passagiergeschäft von 252 Mrd. Dollar. Eine Erholung könnte erst später einsetzen als bei anderen Pandemien, da nun zeitgleich auch noch eine Rezession droht. Vielen Airlines dürfte bis dahin das Geld ausgehen.wü Paris – Der Branchenverband der Luftfahrtindustrie IATA (International Air Transport Association) schlägt Alarm und warnt vor einer drohenden Pleitewelle. “Wir befinden uns in einer Notfallsituation”, sagte IATA-Chef Alexandre de Juniac während einer Telefonkonferenz. “Wir brauchen ein massives, schnelles Rettungspaket jetzt”, appellierte er an die Regierungen, den besonders stark unter den Auswirkungen der Coronavirus-Krise leidenden Airlines unter die Arme zu greifen. Wenn nicht, so der frühere Chef von Air France-KLM, “könnte die Hälfte der Fluggesellschaften in den kommenden Wochen sterben”. De Juniac sieht den Bedarf an finanziellen Hilfen bei 200 Mrd. Dollar.Die aktualisierten Prognosen, die IATA-Chefökonom Brian Pearce Dienstag vorstellte, hören sich dramatisch an. Denn die weltweit angesichts der Pandemie zunehmend verhängten Reisebeschränkungen bringen den globalen Passagierverkehr immer mehr zum Erliegen. Mit Emirates, Etihad, Ryanair, Singapore und Turkish Airlines haben in den letzten Tagen weitere Schwergewichte der Branche angekündigt, einen Großteil, wenn nicht sogar die gesamten Passagieraktivitäten vorübergehend einstellen zu wollen. Inzwischen sind nach Angaben von IATA-Chefökonom Pearce 98 % der Passagiererlöse der Branche von Reisebeschränkungen betroffen.Deshalb ist das pessimistische Szenario, das die IATA vor zwei Wochen zu den erwarteten Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die Branche veröffentlichte, inzwischen längst überholt. Statt der seinerzeit erwarteten 113 Mrd. Dollar dürfte der Umsatzverlust der Fluggesellschaften im Passagierverkehr in diesem Jahr 252 Mrd. Dollar betragen, schätzt Pearce nun. Das entspräche einem Rückgang von 44 % im Vergleich zum vergangenen Jahr. Angesichts der rasanten Entwicklung der Krise will der Branchenverband nun in einer wöchentlichen Konferenz zu den Auswirkungen auf die Luftfahrtindustrie informieren. “Es ist die schwerste Krise, die wir je in unserer Branche hatten”, sagte IATA-Chef de Juniac. Rund 2,7 Millionen Arbeitsstellen stehen laut Chefökonom Pearce auf dem Spiel.Die Coronavirus-Krise dürfte Europa als neues Zentrum der Pandemie am stärksten treffen. So dürften die verkauften Sitzplatzkilometer in Europa 2020 um 46 % einbrechen, in Lateinamerika um 41 %, im Mittleren Osten um 39 %, in der Asien-Pazifik-Region um 37 %, in Afrika um 32 % und in Nordamerika um 27 %. Für europäische Airlines erwartet die IATA nun Umsatzverluste von 76 Mrd. Dollar, während die der Fluggesellschaften aus der Asien-Pazifik-Region 88 Mrd. Dollar und die amerikanischer Airlines 50 Mrd. Dollar betragen dürften. Die Umsatzverluste für den Mittleren Osten schätzt der Branchenverband auf 19 Mrd. Dollar und für Lateinamerika auf 15 Mrd. Dollar. Verspätete ErholungEine Erholung könnte im Gegensatz zu früheren durch Pandemien ausgelösten Krisen nicht bereits nach sechs Monaten einsetzen, warnte Chefökonom Pearce. Denn es gebe gleich zwei Unterschiede zu ihnen, da die Coronavirus-Pandemie zum einen diesmal im Gegensatz zu SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome), MERS (Middle East Respiratory Syndrome) und der Vogelgrippe wirklich die ganze Welt hart treffe und zum anderen es nie zeitgleich zu einer Pandemie eine Rezession, wie sie jetzt erwartet wird, gegeben habe.Die Kapazitäten der Fluggesellschaften in allen Regionen weltweit dürften deshalb auch im vierten Quartal noch um 10 % unter denen des Vorjahreszeitraums liegen, schätzt Pearce. Bevor eine Erholung einsetze, könnte den Airlines jedoch das Geld ausgehen, avertiert die IATA. Zu Beginn des Jahres habe die typische Airline nur über Liquiditäten für zwei Monate verfügt. “Auf uns kommt mit rasantem Tempo eine Liquiditätskrise zu”, sagte IATA-Chef de Juniac. Die Zeit werde langsam knapp.