IT-Riese enttäuscht Aktionäre

Hewlett Packard Enterprise kämpft mit KI-Ambitionen

Der Server-Riese HPE will mehr große Abnehmer für seine Produkte gewinnen. Doch dass sich das KI-Geschäft komplex gestaltet, sorgt bei Aktionären für Ernüchterung.

Hewlett Packard Enterprise kämpft mit KI-Ambitionen

HPE kämpft mit KI-Ambitionen

xaw New York

Hewlett Packard Enterprise (HPE) ringt mit den Ambitionen der eigenen Kundschaft. Der Server-Konzern aus Texas will mehr große Abnehmer für seine Produkte gewinnen – doch die Komplexität von deren Plänen bezüglich künstlicher Intelligenz (KI) bremst das Geschäft. Im Ende Oktober abgeschlossenen vierten Geschäftsquartal 2025 hat der IT-Riese die Erlöse um 14% auf 9,68 Mrd. Dollar gesteigert, der vom Datendienst Factset ermittelte Konsens der Analystenschätzungen hatte bei 9,9 Mrd. Dollar gelegen. Wie CEO Antonio Neri betonte, treffen einige Großkunden in ihrer KI-Entwicklung auf Verzögerungen und haben ihre Pläne für entsprechende Produktanschaffungen deshalb auf 2026 verschoben.

Investoren schwer ernüchtert

Bereinigt um Einmalbelastungen wie aktienbasierte Vergütungen oder Kosten im Zusammenhang mit Übernahmen blieben bei HPE unter dem Strich 62 Cent pro Aktie hängen, Analysten hatten durchschnittlich mit 58 Cent gerechnet. Doch nach der zuletzt verhaltenen Erlösentwicklung fällt auch der Ausblick für das laufende, Ende Januar abzuschließende Jahresviertel weniger optimistisch aus als erhofft. So hält HPE an der Umsatzprognose von 9 bis 9,4 Mrd. Dollar fest, während die Wall Street auf eine Anhebung auf bis zu 9,88 Mrd. Dollar gehofft hatte. Dafür rechnet das 2015 von Hewlett-Packard abgespaltene Unternehmen im ersten Geschäftsquartal mit einem Gewinn von 57 bis 61 Cent, der damit deutlich über den vor der Zahlenvorlage herumgereichten Schätzungen von 53 Cent liegen würde.

HPE-CEO Antonio Neri sieht bereits großen Nutzen aus der Milliarden-Übernahme von Juniper Networks.
HPE-CEO Antonio Neri sieht bereits großen Nutzen aus der Milliarden-Übernahme von Juniper Networks.
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Dennoch ging die Aktie im nachbörslichen New Yorker Handel am Donnerstag auf Talfahrt, zeitweise verlor sie nahezu 10% an Wert. Es ist nicht der erste Absturz, der im laufenden Jahr auf Geschäftsausblicke folgt: Bereits auf seiner Analystenkonferenz an der New York Stock Exchange im Oktober war es dem Konzern nicht gelungen, mit seiner Guidance für 2026 Aufbruchstimmung zu erzeugen. CEO Neri sagte gegenüber der Börsen-Zeitung, HPE sei bei ihren Prognosen „nicht zu konservativ“, sondern „sparsam“ vorgegangen.

Bürokratischeres Geschäft mit Großkunden

Allerdings steckt das Unternehmen anhaltend in einem harten Zwiespalt. Denn unter dem Eindruck des KI-Hype an den Märkten stehende Investoren wollen schnell positive Resultate des steigenden Bedarfs an Rechenzentren-Infrastruktur sehen, während Neri das Unternehmen für ein längerfristiges profitables Wachstum aufzustellen sucht. Gerade in hochmargigen Feldern wie dem Geschäft mit großen Unternehmenskunden oder mit Regierungsinstutionen ist allerdings Geduld gefragt. Staatliche Kunden „sind üblicherweise bürokratischer und müssen viel mehr Kriterien durcharbeiten“, sagte Finanzchefin Marie Myers gegenüber Medienvertretern.

Hinzu kämen allgemeine Lieferkettenprobleme unter anderem infolge von Exportkontrollen, die internationale Transaktionen beträfen. Zwar haben sich die USA und China einander nach eskalierten Handelsstreitigkeiten wieder angenähert, doch das Hin und Her bei Restriktionen von Rohstoff- und Halbleiterausfuhren sowie Beschränkungen der Lieferungen von Fertigungstechnik hat den Markt verunsichert und die Preise für Mikrochips angetrieben.

Analysten warnen vor Chip-Kosten

Neri betonte gegenüber der Börsen-Zeitung indes, dass diese Anstiege bereits im Ausblick berücksichtigt seien. HPE sei in der Lage, höhere Preise an den Markt weiterzureichen. „Für bestimmte Artikel haben wir im November bereits zu Erhöhungen gegriffen“, unterstrich der CEO. Er sei „sehr selbstbewusst“, die Kosten managen und das Angebot sicherzustellen können. Voraussetzung sei immer, dass „nichts Dramatisches“ passiere. Morgan Stanley hatte zuletzt allerdings durchaus vor erheblichen Belastungen für die Margen gewarnt, da Kosten für Memory-Chips noch stärker explodieren könnten als befürchtet. Die Analysten verteilten zuletzt eine Reihe an Downgrades im Sektor und stuften die Aktie von HPE von „Overweight“ auf „Equal Weight“ herunter.

Server von HPE in Technologiezentrum.
Server von HPE in Technologiezentrum.
picture alliance/dpa | Marijan Murat

Die Erlöse der Texaner im Server-Geschäft, in dem der KI-Wettbewerb insbesondere mit Dell zuletzt angezogen hat, gingen im abgelaufenen Quartal um 5% auf 4,5 Mrd. Dollar zurück. Allerdings hebt Neri den mittelfristigen Trend hervor. Im Geschäftsjahr 2025 habe HPE Aufträge für KI-Server im Volumen von 6,8 Mrd. Dollar erhalten, seit dem ersten Quartal 2023 entfielen mehr als 60% der kumulierten Orders auf staatliche Institutionen und große Unternehmenskunden. Im abgelaufenen Viertel erhielt das Unternehmen noch einmal entsprechende Aufträge im Umfang von 2 Mrd. Dollar. Nachdem das traditionelle Servergeschäft im Gesamtjahr mit zweistelligen Raten gewachsen sei, habe sich auch die operative Marge der Sparte wieder auf rund 10% erholt.

Netzwerkgeschäft als Lichtblick

In der Sparte Hybrid Cloud – in der HPE lokale Rechenzentren, die Private Clouds, mit öffentlichen Speicherressourcen kombiniert, sodass Unternehmen ihre Daten und Anwendungen auf beide verteilen können – ging der Umsatz gar um 12% auf 1,4 Mrd. Dollar zurück. Die Marge im Segment engte sich von 7,8% im Vorjahreszeitraum auf 5% ein.

Großer Lichtblick ist derzeit das Netzwerkgeschäft, in dem der IT-Riese von der 14 Mrd. Dollar schweren Übernahme des Ausrüsters Juniper profitiert. HPE schloss den Deal Anfang Juli ab, vorausgegangen war eine längere Hängepartie mit den US-Kartellbehörden. Dieser soll nicht nur Kostensynergien im Volumen von mehreren 100 Mill. Dollar, sondern durch höhere Effizienz auch „überproportionale Erlössteigerungen“ ermöglichen.

Konvergenz der Plattformen

Neri betonte im Gespräch, dass sein Unternehmen bei der Integration vor Plan liege. So kombiniert HPE derzeit die Kapazitäten der Tochter Aruba Networking mit der Cloud-basierten Plattform Juniper Mist. „Es gibt da sehr wenig Redundanzen, beide sind stark komplementär zueinander“, sagt der CEO. Aruba Central soll „die fortschrittlichen KI-Modelle von Juniper übernehmen, Mist die Benutzeroberfläche und Workflows von Aruba integrieren“. Mit der Zeit solle für Kunden keine Rolle mehr spielen, auf welcher Anwendung sie ursprünglich gestartet seien.

Die technologische Grundlagen bildet die integrierte Cloud-Architektur HPE Greenlake. Auch die Hardware soll künftig konvergieren. Auf der Konferenz „HPE Discover“ in Barcelona stellte das Unternehmen in der ausgehenden Börsenwoche beispielsweise neue WiFi-7-Zugangspunkte vor, durch die Nutzer zahlreiche Geräte drahtlos mit dem Internet verbinden können. Ausgeliefert werden sollen diese ab dem dritten Quartal des gerade begonnenen Geschäftsjahres.

Schneller Produkt-Rollout

Neri wertet das Order- und Umsatzwachstum des Netzwerkgeschäfts im ersten vollen Quartal als kombiniertes Unternehmen als Zeichen, „dass die Transaktion für uns funktioniert“. HPE habe mit einem schnellen Rollout neuer Produkte vorgelegt, die auf sehr starke Nachfrage träfen. Insbesondere der Bedarf an Switches zur Datenübertragung in Rechenzentren sei hoch. Mit dem QFX 5250 hat HPE infolge des Juniper-Deals das erste solche Gerät, das auf den Tomahawk-6-Chips von Broadcom basiert und mit Flüssigkeitskühlung funktioniert – Neri führt dies als Beweis für die Innovationsfähigkeit seines Unternehmens an.

HPE lanciert nach der Übernahme von Juniper schnell neue Produkte und Integrationen.
HPE lanciert nach der Übernahme von Juniper schnell neue Produkte und Integrationen.
picture alliance / NurPhoto | Jaque Silva

Noch muss der CEO am Kapitalmarkt aber noch Überzeugungsarbeit leisten. Zuletzt kündigte das Unternehmen eine Anhebung der Jahresdividende um 10% und eine Aufstockung der Aktienrückkauf-Kapazitäten um 3 Mrd. Dollar an. „Unsere Priorität liegt zunächst darauf, die Verschuldung zu reduzieren“, bekräftigte Neri – die Last war infolge des Juniper-Deals bedeutend gestiegen. Bis Ende 2027 will Neri das Leverage wieder auf das Zweifache des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) drücken.

Kapitalrückführung auf Sicht

Anschließend plant HPE wieder in größerem Stil Mittel an die Aktionäre zurückzuführen. Dafür soll der jährliche freie Cash-flow bis Ende 2028 auf mindestens 3,5 Mrd. Dollar steigen, im abgelaufenen Geschäftsjahr lag er bei 986 Mill. Dollar. Zudem sind zumindest über die kommenden drei Jahre fortlaufende Dividendenerhöhungen geplant. „Im Verlauf der Juniper-Integration werden sich die Sichtverhältnisse für uns aufklaren – dabei wollen wir uns die Flexibilität wahren, Kapital zum passenden Zeitpunkt an die Anteilseigner zurückzuführen“, betonte Neri. Auf diesem Weg ringt HPE also nicht nur mit den Ambitionen der eigenen Kundschaft, sondern auch der zunehmend ungeduldigeren Investoren.