Infrastrukturfonds mischen mit im Endspiel der Energiekonzerne

RWE, Eon und Uniper beim Wertzuwachs 2017 in Europa führend - Fusionsfantasie als Treiber - Innogy könnte in kleineren Paketen teilweise verkauft werden

Infrastrukturfonds mischen mit im Endspiel der Energiekonzerne

Von Christoph Ruhkamp, DüsseldorfFür die Investoren europäischer Energiekonzerne hat sich der außergewöhnliche Wertzuwachs der deutschen Unternehmen dieser Branche im laufenden Jahr zum Schlüsselthema entwickelt. Nach den herben Rückschlägen durch die Energiewende haben sich die deutschen Energieriesen zunächst aufgespalten, den Atomausstieg weitgehend über die Bühne gebracht und dann wieder nach vorne gekämpft: Beim Kraftwerksbetreiber RWE legte der Aktienkurs in der ersten Hälfte des Jahres um gut zwei Drittel zu.Beim Stromverteilnetzbetreiber Eon und dessen abgespaltener Erzeugungssparte Uniper betrug das Plus im selben Zeitraum immerhin mehr als ein Drittel. Nur die Marktkapitalisierung der seit dem Börsengang im Oktober ohnehin schon mit rund 20 Mrd. Euro sehr hoch bewerteten RWE-Tochter Innogy kam angesichts der Erwartung von Zinserhöhungen, die die bisher lukrative Dividendenrendite in Relation zu Anleiheninvestments unattraktiver machen würden, kaum vom Fleck.Wie es weitergeht mit den vier Energiekonzernen, hängt vor allem davon ab, welche Strategie Eon und RWE für ihre Beteiligungen an Uniper und Innogy wählen. Vor allem der Kraftwerksbetreiber Uniper gilt als Übernahmekandidat. Denn überall in Europa müssen die Betreiber konventioneller Kraftwerke nach Größenvorteilen suchen, da ihnen neue Konkurrenten mit Strom aus Sonne und Wind das Geschäft streitig machen. Übernahmekandidat UniperEon-Chef Johannes Teyssen will – nach der Abspaltung und dem Börsengang von Uniper im vergangenen September – den verbliebenen Anteil von 46,7 % Anfang 2018 so schnell wie möglich verkaufen, sobald die steuerlichen Beschränkungen für den Verkauf Ende 2017 entfallen. Goldman Sachs prüft im Auftrag von Eon die verschiedenen Optionen. Die Anteile, die derzeit an der Börse rund 3 Mrd. Euro wert sind, könnten sowohl an der Börse breit gestreut platziert werden als auch direkt an einen einzelnen strategischen Käufer gehen.Als mögliche Kaufinteressenten gelten vor allem der tschechische Kraftwerksbetreiber EPH, der bereits die Braunkohleaktivitäten von Vattenfall in Deutschland übernommen hat, sowie der finnische Staatskonzern Fortum, der nach dem Verkauf seiner Stromverteilnetze für 9 Mrd. Euro über die nötigen Mittel für Zukäufe verfügt. Auch die US-Beteiligungsgesellschaft KKR könnte interessiert sein. Als ernsthaftester Kandidat wird jedoch Fortum angesehen, weil sich die Russland-Aktivitäten der Finnen gut mit denen von Uniper ergänzen. Sollte Fortum für den vollständigen 47 %-Anteil an Uniper bieten, würde das wegen des Überschreitens der gesetzlichen 30 %-Schwelle die Pflicht zum Angebot an die übrigen Aktionäre auslösen.Nach Berechnungen der australischen Investmentbank Macquarie, die selbst stark im Energiesektor engagiert ist, würde eine Komplettübernahme von Uniper durch Fortum, die zu einem Drittel aus neuen Aktien und zu zwei Dritteln aus bestehenden Finanzmitteln finanziert würde, das Ergebnis je Aktie von Fortum um mehr als 70 % erhöhen. “Wir würden eine Komplettübernahme als eine äußerst positive Entwicklung für den finnischen Konzern sehen”, urteilt Macquarie-Analyst Peter Crampton. Fortum könnte auch danach ihre lukrative Dividende von 1,10 Euro je Aktie aufrechterhalten. Zudem würde der finnische Konzern, der derzeit überhaupt keine Schulden hat, ein effizienteres Verhältnis von Eigenkapital und Schulden in der Bilanz erreichen. Hinzu kämen die Synergien im Kraftwerksgeschäft in Nordeuropa und Russland. In Schweden zum Beispiel würde Fortum durch die Übernahme von Uniper zum zweitgrößten Stromerzeuger aufsteigen.Anders als bei der Eon-Beteiligung an Uniper wird für den RWE-Anteil an Innogy, der seit dem Innogy-Börsengang im vergangenen Oktober bei 77 % liegt, kein Komplettverkauf erwartet. Da RWE nach dem Freikauf aus der Atommüllentsorgung und nach der Rückzahlung der Kernbrennstoffsteuer in Milliardenhöhe – ebenso wie Eon – keinen akuten Finanzierungsbedarf hat, rechnet der Kapitalmarkt eher damit, dass der Essener Kraftwerksbetreiber einen kleineren Anteil am Stromverteilnetzbetreiber Innogy mit einem Aufschlag zum Aktienkurs veräußert, um so den höheren Wert offenzulegen – zum Beispiel 5 % für 1 Mrd. Euro. Reiche InfrastrukturfondsGezahlt würde eine solche Prämie auf den Aktienkurs mutmaßlich von einem der großen Infrastrukturfonds, die nach dem Einsammeln von hohen Milliardenbeträgen unter Anlagedruck stehen und die verlässlich berechenbaren Erträge in Form von Milliardendividenden aus den Stromnetzen von Innogy schätzen. Die einschlägigen Infrastrukturfonds haben in Summe 2016 laut Macquarie 137 Mrd. Dollar eingesammelt, die noch nicht investiert sind. Allein beim Fonds Global Infrastructure Partners III kam die Rekordsumme von 16 Mrd. Euro in die Kasse. Der für die Innogy-Aktien beim Verkauf eines Pakets erzielbare Preis läge laut Macquarie um 15 % über dem Kurs an der Börse – was etwa 3,70 Euro je RWE-Aktie entspräche. Zum Vergleich: Der Kurs von RWE liegt derzeit bei rund 18 Euro.