Im InterviewStefan Klebert, GEA Group

„Die Amerikaner kaufen weiterhin unsere Anlagen“

Während andere Maschinenbauer ihre liebe Not mit US-Zöllen und Konjunkturflaute in der Heimat haben, liefert GEA-Vorstandschef Stefan Klebert ein gutes Quartal nach dem nächsten ab. Mit der Börsen-Zeitung sprach er über das US-Geschäft, den Dax-Aufstieg und die Dividendenaussichten.

„Die Amerikaner kaufen weiterhin unsere Anlagen“

„Die Amerikaner kaufen weiterhin unsere Anlagen“

GEA-Vorstandschef Stefan Klebert über das US-Geschäft, mögliche Zukäufe, den Dax-Aufstieg und die Dividendenaussichten

Während andere Maschinenbauer ihre liebe Not mit US-Zöllen und Konjunkturflaute in der Heimat haben, liefert GEA-Vorstandschef Stefan Klebert ein gutes Quartal nach dem nächsten ab. Mit der Börsen-Zeitung sprach er über das US-Geschäft, mögliche Zukäufe, den Dax-Aufstieg und die Dividendenaussichten.

Von Daniel Schnettler, Frankfurt/Düsseldorf

Herr Klebert, welche Regionen waren beim Auftragseingang im dritten Quartal besonders auffällig?

Auch die Analysten fragen mich immer nach einer solchen Übersicht. Die ist aber nur eingeschränkt verwertbar, weil Großaufträge sie verzerren, wie zum Beispiel aktuell für die weltgrößte Molkerei und Milchpulveranlage in Algerien. Das ist kein Indiz, dass Afrika boomt. Deshalb muss man das mit Vorsicht genießen. Generell kann man aber sagen: In Europa haben wir ganz gut verkauft, Nordamerika lief auch ordentlich. Am spannendsten ist auf Fünfjahressicht dagegen Asien. Vor allem in Indien und China erwarten wir ein starkes Wachstum. Daneben bleibt Nordamerika sehr interessant.

Wie genau hat sich die denn die Auftragslage in den USA entwickelt, Stichwort Zölle? GEA produziert ja auch im Land.

Wir haben bislang nicht gesehen, dass in Nordamerika Projekte verschoben werden. Die Amerikaner kaufen weiterhin unsere Anlagen. Die USA stehen für eine knappe Milliarde Euro Umsatz. Importe machen dabei 350 bis 400 Millionen Euro aus. Das sind alles Anlagen, bei denen es keine direkten amerikanischen Wettbewerber gibt. Deshalb gelingt es uns, die Zölle eins zu eins an unsere Kunden weiterzugeben. Das steht in dieser Form auch schon lange in den Verträgen drin.

Ich sage immer: So lange es Menschen auf dem Planeten gibt, die essen und trinken müssen, gibt es eine Nachfrage nach unseren Anlagen. Einen Urlaub oder den Kauf eines neuen Autos können sie verschieben, aber es muss jeden Tag Essen auf den Tisch. Deshalb ist der Absatz unserer Kunden extrem stabil.

Sie merken also rein gar nichts von den Zöllen?

Natürlich sind die Zölle ein riesiger bürokratischer Aufwand – wir haben damit mehrere Leute in Vollzeit beschäftigt. Das ist lästig, aber zeigt sich in unserer Bilanz nur in der „letzten Nachkommastelle“.

Kann GEA vielleicht sogar vom Handelskonflikt profitieren? Schließlich haben gleich mehrere Pharmakonzerne angekündigt, ihre US-Produktion auszubauen.

Dafür habe ich keine Anhaltspunkte. Es ist auch nicht so einfach, eine Pharmafabrik zu errichten. Sie brauchen die Economies of Scale; zudem sind die Kosten in den USA recht hoch. Überdies: Wenn ich eine Tablettenpresse in die USA liefere, dann verkaufe ich möglicherweise in Europa eine weniger. Das ist nicht zwingend ein Zusatzgeschäft für uns.

Früher war GEA berüchtigt für Gewinnwarnungen. Jetzt ist GEA ein Hort der Stabilität im deutschen Maschinenbau: Was steckt hinter diesem Wandel?

2017 und 2018 hatten wir einen regelrechten Kontrollverlust. Da liefen sehr viele Dinge falsch. Es ging darum, die Fehlentwicklungen zu stoppen. Wir haben eine Performance Kultur etabliert und den Mitarbeitenden ein hohes Maß an Freiheiten gegeben. Gleichzeitig haben wir ein attraktives Anreizsystem etabliert. Das zieht gute Leute an. Unser Geschäft lebt von tollen Teams, die vor Ort die Entscheidungen treffen. Sie tragen aber auch die Verantwortung. Es darf sicherlich mal ein Jahr schlecht laufen, aber im zweiten Jahr wird das Team an der Spitze ausgetauscht.

Tauchen wir in die Bilanz ein: Warum hat sich GEA entschieden, den Aktienrückkauf über Schulden zu finanzieren? Schränkt das nicht mögliche Investitionen ein?

Ich würde es anders sehen: Es ist eher ungewöhnlich, dass ein Unternehmen wie GEA keine Schulden hat. Das nennen Analysten Lazy Balance Sheet. Wir sind jetzt bei 36 Millionen Euro Nettoverschuldung – das ist für einen Konzern unserer Größenordnung gar nichts. Wenn wir das Rückkaufprogramm nicht gestartet hätten, hätten wir Guthaben auf der Bank. Das wäre sinnlos. Abgesehen davon: Der Aktienrückkauf hat unserem Kurs gutgetan.

Die GEA-Aktie ist seit Jahresbeginn in der Tat besser gelaufen als MDax und Dax, gleichzeitig empfehlen immer weniger Analysten die Aktie zum Kauf – weil die positiven Nachrichten schon eingepreist sind. Wie wollen sie die Kursfantasie wiederbeleben?

Der gestiegene Auftragseingang wird gut ankommen. Aktuell ist der Großauftrag für die Baladna-Molkerei in Algerien noch gar nicht darin enthalten – den haben wir erst im Oktober gebucht. Wir sind immer sehr konservativ und warten bis die Anzahlung eingegangen ist. Derartige Dinge werden uns aber Wachstum bringen. Wenn wir dann noch die eine oder andere Akquisition tätigen – auch um von unserem Lazy Balance Sheet wegzukommen – dürfte die Kursfantasie zurückkehren.

Welche Kaufobjekte wären denn interessant?

Wir fühlen uns wohl in Pharma, Food und Beverage – das sind und bleiben unsere Fokusmärkte. Dort gibt es viele Firmen, die ich gerne kaufen würde. Aber „it takes two to tango“. Chancen sehe ich bei Familienunternehmen, bei denen die Gründer langsam ausscheiden und die nächste Generation weniger Interesse hat. Gerne würde ich auch außerhalb von Europa zukaufen – wir sind noch zu stark auf unseren Heimatkontinent ausgerichtet. Ich kann mir Akquisitionen in China, Indien oder auch den USA vorstellen.

GEA-Chef Stefan Klebert beim Läuten der Börsenglocke im Handelssaal der Börse Frankfurt. Er führt den Maschinen- und Anlagenbauer seit Anfang 2019 und hat ihn nach schwierigen Vorjahren zu einem Hort der Stabilität gemacht.
GEA Group/Martin Joppen

Was hat sich für GEA mit dem jüngsten Dax-Aufstieg verändert?

Vorweg: Der Dax-Aufstieg ist eine Bestätigung unseres Wirkens und Tuns der letzten Jahre. Wir hatten keine Sonderkonjunktur, sondern wir haben das aus eigener Kraft geschafft – das wird von vielen Investoren geschätzt. Wir haben als Dax-Konzern nun natürlich eine höhere Visibilität. Als B2B-Unternehmen wirken wir ja eher im Verborgenen. Jeder kennt unsere Kunden, zu denen zum Beispiel zahlreiche namhafte Lebensmittehersteller gehören, deren Marken man in jedem Supermarkt findet. Aber kaum jemand kannte bislang GEA. Der Aufstieg hilft uns beispielsweise im Employer Branding.

Wo es so gut läuft: Besteht die Chance, dass die Dividende abermals angehoben wird?

Die Chance ist immer gegeben, weil wir uns Jahr für Jahr verbessern. Unser Ziel ist es, 50 Prozent unseres Nettoergebnisses auszuschütten. Wenn das Geschäftsjahr gut endet – und das wird es – dann ist klar, dass mehr rauskommen sollte. Am Ende schlagen aber Aufsichtsrat und Vorstand gemeinsam der Hauptversammlung die Dividende vor und diese entscheidet.