Autobauer vor Gericht

Investoren-Sammelklage gegen Nissan beginnt

Autohersteller Nissan muss sich gegenüber Investoren verantworten. Es geht um Schadensersatz in neunstelliger Höhe.

Investoren-Sammelklage gegen Nissan beginnt

mf Tokio

Ein Bezirksgericht in der japanischen Hauptstadt Tokio hat erstmals eine Sammelklage von rund 90 institutionellen Investoren mit Sitz außerhalb Japans gegen den Autohersteller Nissan verhandelt. Die ausländischen Kläger, darunter Großanleger aus Deutschland, Großbritannien und den USA, verlangen insgesamt 34,4 Mrd. Yen (259 Mill. Euro) Schadenersatz für Verluste, die sie in Zusammenhang mit der Verhaftung des früheren Konzernchefs Carlos Ghosn und der falschen Darstellung seiner Vergütung in Firmenberichten an die Finanzbehörden erlitten haben. Ghosn soll insgesamt 9,1 Mrd. Yen (68 Mill. Euro) an Einkommen zwischen 2010 und 2018 nicht angegeben haben.

In der Klage argumentieren die Anleger, sie hätten „Investitionsentscheidungen auf der Grundlage von Marktwerten treffen müssen, die durch die Bereitstellung falscher Informationen in Form von falschen Aussagen verzerrt waren“. Die Aussage bezieht sich offenbar auf einen Untersuchungsbericht vom April 2019, den ein unabhängiges Komitee im Auftrag von Nissan angefertigt hatte. Laut dem Bericht hat Nissan seine Aktionäre falsch informiert, Dokumente gefälscht und zahlreiche Treffen des Verwaltungsrats mit nur 20 Minuten Dauer abgehalten. Nissan lehnte es ab, die Klage zu kommentieren.

Hinter der Sammelklage steht die US-Anwaltskanzlei Kessler Topaz Meltzer Check. Die auf solche Rechtsstreitigkeiten spezialisierte Kanzlei hatte im Frühjahr 2020 institutionelle Investoren dazu aufgerufen, sich an der Klage gegen Nissan zu beteiligen. Die Investoren mussten die Aktie des Autobauers zwischen Juni 2011 und Ende 2019 gehandelt haben.

Die Beteiligung an der Klage ist für die ausländischen Investoren kostenlos. Kessler Topaz erhält jedoch im Erfolgsfall eine Provision.

Nach Angaben der Kanzlei brach das Nissan-Papier durch die Nachricht von der Verhaftung von Ghosn und des früheren Nissan-Juristen Greg Kelly am 19. November 2018 zunächst um 5,7% ein. Nissan hätte diese Kursreaktion leicht vorhersehen können, da die Verhaftungen das Vertrauen in Nissans Bilanz und Unternehmen erschüttern würden, heißt es in der Klage.

Nach der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts über mangelhafte interne Kontrollen bei Nissan gab der Aktienkurs des Autobauers im Mai 2020 um weitere über 20% nach. Kessler Topaz wollte die Klage gegen Nissan nach eigenen Angaben im Mai 2020 mit Hilfe einer japanischen Kanzlei einreichen. Aber die erste mündliche Verhandlung verzögerte sich offenbar durch die komplexe Materie und die Folgen der Corona-Pandemie.