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Italienische Konzerne zieht es zunehmend in die Niederlande

Immer mehr italienische Konzerne verlagern ihren rechtlichen Sitz in die Niederlande. Sie sparen damit nicht nur viel Geld, sondern genießen auch andere Vorteile.

Italienische Konzerne zieht es zunehmend in die Niederlande

Italienische Konzerne zieht es
in die Niederlande

Steuerliche Gründe und einfachere Regeln verstärken Trend

bl Mailand

Immer mehr italienische Konzerne und Holdinggesellschaften verlagern ihren rechtlichen Sitz in die Niederlande. Jüngstes Beispiel ist der Bremsenhersteller Brembo, der den Schritt damit begründete, so die Stimmrechte zugunsten aller Aktionäre zu stärken. Hierbei geht es um die Mehrfachstimmen traditioneller Anteilseigner, die nach niederländischem Recht selbst dann eine Stimmenmehrheit erreichen können, wenn sie nur eine Minderheit des Unternehmens kontrollieren. Das könnte dann relevant werden, wenn die Familie Bombassei im Zuge einer großen Übernahme ihre derzeitige Kapitalmehrheit verlöre.

Vor Brembo hatten bereits der ProSiebenSat.1-Großaktionär Media for Europe (MFE) im Jahr 2021, die Ariston Holding (2021), Campari (2020), Cementir Holding (2019), aber auch Luxottica (Brillen) und der Süßwarenkonzern Ferrero sowie viele andere Unternehmen diesen Schritt vollzogen. Trendsetter war der damalige Fiat-Konzern 2014. Dessen frühere Teile CNH Industrial (2013), Ferrari (2016), Iveco (2022) und die Holding Exor, die die Interessen der Familie Agnelli-Elkann, Großaktionär der genannten Unternehmen, bündelt, gingen den gleichen Weg. Allein in den letzten zehn Jahren transferierten 13 börsennotierte italienische Konzerne ihren Sitz in das nordeuropäische Land. Inzwischen haben 22% der Kapitalisierung der Börse Mailand und 27% des Leitindex FTSE Mib ihren rechtlichen Sitz in den Niederlanden.

Die Betroffenen zahlen nicht nur deutlich weniger Steuern. Auch das liberalere und einfachere Börsenrecht, die erwähnten Mehrfachstimmrechte, die flexible, schnelle Bürokratie sowie das Vorhandensein vieler fachlich bestens ausgebildeter Experten vor Ort sowie niedrige Kosten sind für Unternehmen, insbesondere Holding-Gesellschaften, interessant. Die Niederlande ziehen auch andere internationale Konzerne wie Google, Nike, Ebay, Uber oder Ikea an. Innerhalb der EU sind solche Verlagerungen relativ problemlos möglich.

Dem italienischen Fiskus entgehen dadurch Schätzungen zufolge etwa 30 Mrd. Euro Steuereinnahmen jährlich. Sogar Unternehmen mit hohen Staatsbeteiligungen wie der Versorger Enel, der Mineralölkonzern Eni oder Saipem, ein großer Zulieferer der Ölindustrie, haben Gesellschaften in den Niederlanden gegründet.

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