Italiens Luxusmode-Branche steckt in der Krise
Italiens Luxusmode-Branche steckt in der Krise
Italiens Luxusmode-Branche steckt in der Krise
Subunternehmer des Schuhherstellers Tod's sollen Arbeiter ausgebeutet haben – Vermehrt Konkurrenz durch China
bl Mailand
Italiens Modeindustrie steht heftig unter Beschuss. Bereits seit Jahren wird gegen Unternehmen wie Loro Piana, Valentino und Armani wegen des Vorwurfs der Ausbeutung von Arbeitskräften bei Subunternehmen ermittelt. Jetzt ist auch der Luxus-Schuhproduzent Tod's ins Visier geraten: Die Staatsanwaltschaft Mailand hat beantragt, Tod's unter Zwangsverwaltung zu stellen. Es geht um den Verdacht der Ausbeutung chinesischer Arbeitskräfte bei zwei Unternehmen in der Lieferkette.
Tod's habe keine ausreichenden Kontrollen vorgenommen. Ziel sei es gewesen, „Kosten zu senken und Gewinne zu maximieren – unter Umgehung von Straf- und Arbeitsgesetzen“, lautet der Vorwurf. Die Beschäftigten haben demnach unter unzulässigen Bedingungen gearbeitet und lediglich etwas mehr als 4 Euro pro Stunde erhalten. Davon seien noch Kosten für die Unterkunft abgezogen worden. Ein Kassationsgericht soll in den nächsten Tagen entscheiden, ob das Verfahren in Mailand oder in Ancona stattfindet.
Tod's weist die Vorwürfe zurück. Man halte sämtliche Vorschriften ein und führe regelmäßige Kontrollen in den beauftragten Werkstätten durch. Wäre man rechtzeitig über die Vorwürfe informiert worden, hätte man sie entkräften können. Tod's hatte sich 2024 von der Börse zurückgezogen. Der Investor L Catterton, der Teil des Luxusgüterriesen LVMH ist, kontrolliert mehr als ein Drittel der Anteile.
Geldstrafe für Armani
Die Vorwürfe belasten die gesamte italienische Modebranche. Vor knapp zwei Monaten verurteilten die italienischen Wettbewerbsbehörden Armani zu einer Geldstrafe von 3,5 Mill. Euro. Das Unternehmen habe geduldet, dass in Subunternehmen Billigarbeitskräfte unter unzumutbaren Bedingungen Lederwaren und Accessoires produziert hätten. Damit seien umwelt- und nachhaltigkeitsorientierte Kunden getäuscht worden.
Die Branche ist ohnehin in der Krise. Nach Jahren des Booms ist der Umsatz der knapp 5.000 Unternehmen mit etwa 500.000 Mitarbeitern innerhalb von zwei Jahren von 104 Mrd. auf 80 Mrd. Euro zurückgegangen. Hohe Preise, die US-Strafzölle, der schwache Dollar und der starke Rückgang der Ausfuhren nach China haben die Nachfrage einbrechen lassen. Viele kleine Zulieferer der Modekonzerne haben aufgegeben.
Regierung will handeln
In den Boomjahren haben viele Häuser auf Billiganbieter mit chinesischen und bengalischen Arbeitern zurückgegriffen. Sie konnten schneller und günstiger liefern als viele italienische Lieferanten. Das ging auf Kosten der Qualität. Das rächt sich jetzt. Luca Sburlati, Präsident des Branchenverbands Confindustria Moda spricht jedoch von „einzelnen Fällen“ irregulärer Praktiken.
Die Vorfälle alarmieren auch die Regierung. Industrieminister Adolfo Urso plant in dieser Woche ein Treffen mit Branchenvertretern. „Der Ruf unserer Marke steht national und international unter Druck“, sagte Urso. Rom plant nun ein Gesetz, dass die Branche gegen „völlig ungerechtfertigte Vorwürfe schützt“.
Verbandschef Sburlati fordert strukturelle Kontrollen und klare Regeln sowie einen großen strategischen Plan für den Sektor. Die Krise sei nicht konjunktureller, sondern struktureller, Art. Die Branche stehe unter dem wachsenden Druck vor allem chinesischer Einfuhren. Während die italienischen Mode-Exporte im ersten Halbjahr 2025 um 4% zurückgegangen sind, haben die Einfuhren um 6% zugenommen, vor allem aus China (plus 18%).
Kurseinbruch bei Cucinelli
Vorwürfe wie die gegen Tod's oder jüngst gegen Brunello Cucinelli verschärfen die Krise. Die investigativen Finanzanalysten von Morpheus Research warfen dem Hersteller hochwertiger Kaschmirprodukte vor, EU-Sanktionen gegen Russland zu umgehen. Daraufhin brach der Cucinelli-Aktienkurs um bis zu 20% ein. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück. Man habe sich immer an alle Regeln gehalten, erklärte der Modekonzern.