Italiens Post baut Kontrolle bei TIM aus
Italiens Post baut Kontrolle bei TIM aus
Telekommunikation
Italiens Post baut Kontrolle bei TIM aus
Mehrheitlich staatlicher Konzern erhöht Anteil an Telekom-Anbieter – Roms Einfluss in der Wirtschaft wächst weiter
Der italienische Staat weitet seinen Einfluss in der heimischen Wirtschaft Stück für Stück aus. Ein weiterer Schritt ist nun die Erhöhung des Anteils der mehrheitlich staatlichen Post am Telekom-Anbieter Telecom Italia (TIM) auf nun 27,3%. Auch bei anderen Konzernen und im Finanzsektor wächst der Staatseinfluss.
bl Mailand
Die mehrheitlich staatliche italienische Post stockt ihre Beteiligung an Telecom Italia (TIM) von 24,8% auf 27,3% auf. Sie übernimmt damit die verbliebene Beteiligung des französischen Medienkonzerns und früheren TIM-Großaktionärs Vivendi im Wert von 187 Mill. Euro. Im März hatte Poste Italiane den größten Teil ihres TIM-Pakets erworben.
Die italienische Post ist ein börsennotiertes Logistik-Unternehmen, das seinen Schwerpunkt jedoch im Finanzsektor hat. Durch die Erhöhung der TIM-Beteiligung will die Poste Italiane ihre Rolle als Großaktionär beim früheren Monopolisten festigen. Sie sichert sich damit auch eine Kontrolle des Telekommunikationsanbieters durch die öffentliche Hand.
Ein neues Gesetz in Italien macht das möglich: Die Schwelle für die Vorlage eines verpflichtenden Übernahmeangebots wird im kommenden Jahr von 25 auf 30% angehoben. Das erleichtert der Post die Erhöhung des Anteils und so eine Kontrolle mit überschaubarem Kapitalaufwand. Im Finanzsektor könnte die neue Regelung dem mit der Regierung eng verbundenen Bau- und Medienunternehmer Francesco Caltagirone und der Holding Delfin (Del Vecchio) zugleich eine weitere Aufstockung ihrer Anteile bei der Versicherung Generali und der Bank Monte dei Paschi ermöglichen.
Langfristiges Engagement
In einer Mitteilung der Post Italiane heißt es, mit der Erhöhung der Anteile verstärke man das strategische Engagement bei Telecom Italia und „bestätige das Ziel, eine Rolle als langfristiger industrieller Aktionär auszuüben“. Poste-CEO Matteo Del Fante bestätigte, dass man so die Kontrolle absichern, höhere Dividenden erhalten und von Synergien aus der Zusammenarbeit mit TIM profitieren wolle. Eine Übergangsregelung bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung erlaubt es der Post, die Beteiligung bereits jetzt aufzustocken.
Die strategische Neuorientierung dürfte in Übereinstimmung mit der italienischen Regierung erfolgt sein. Mit der nun erfolgten Aufstockung würde die Post selbst dann Hauptaktionär bleiben, wenn TIM, wie angedeutet, stimmrechtslose Vorzugsaktien im Verhältnis von 1:1 in reguläre Aktien umwandeln sollte. Damit würde der Poste-Anteil auf 17% sinken. Unklar ist, wie hoch die Beteiligung des Hedgefonds Davide Leone & Partners wäre, der im September angegeben hat, 10% der Vorzugsaktien zu besitzen. Beobachter glauben, der Anteil könnte höher sein.
Golden Power
Der Aktienkurs von Telecom Italia legte am Freitag leicht zu. Für die Titel der Poste Italiane ging es dagegen leicht abwärts.
Rom verfolgt zurzeit eine klar nationalistische Politik und mischt sich massiv in die italienische Wirtschaft ein. Die sogenannte Golden-Power-Regelung, die der Regierung in strategischen Fragen ein Vetorecht einräumt, wurde allerdings schon unter Mario Draghi, dem Vorgänger der aktuellen Premierministerin Giorgia Meloni, auf fast alle Sektoren ausgeweitet. Damit hat Rom den Einfluss des chinesischen Pirelli-Großaktionärs Sinochem begrenzt und eine ausländische Übernahme von Telecom Italia verhindert. Auch die Übernahme der Banco BPM durch Unicredit ist so blockiert worden.
Mit ihrem wirtschaftspolitischen Kurs stößt die Regierung jedoch in Teilen auf Kritik. Nach den Worten der italienischen Ökonomin Lucrezia Reichlin solle Rom "lieber auf Europa setzen, als mit der Golden-Power-Regelung befreundete Unternehmen zu unterstützen und sich nach außen abzuschotten“.
Die Staatsbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) will derweil ihre Beteiligung am Zahlungsdienstleister Nexi erhöhen. Direkt oder über die CDP kontrolliert Rom fast alle italienischen Großkonzerne: die Post, den Versorger Enel, den Mineralölkonzern ENI, den Rüstungskonzern Leonardo, die Werftengruppe Fincantieri, Snam (Gasnetz), den Baukonzern WeBuild sowie Open Fiber (Telekom-Netz).
