Iveco könnte bald chinesisch werden

Italienische Mutter CNH verhandelt mit FAW

Iveco könnte bald chinesisch werden

bl Mailand – Die italienische Land-, Baumaschinen- und Nutzfahrzeuggruppe CNH Industrial verhandelt mit dem staatlichen chinesischen Konzern FAW über einen Verkauf seiner Nutzfahrzeugsparte Iveco. CNH bestätigte entsprechende Gespräche, die sich noch in einer frühen Phase befänden. Die Aktie legte am Donnerstag etwa 1,1 % auf 11,12 Euro zu. Am Mittwoch war sie um mehr als 6 % gestiegen. Der in Mailand notierte Konzern hat derzeit einen Börsenwert von 14,7 Mrd. Euro.Die Chinesen wollen dem Vernehmen nach neben dem Nutzfahrzeuggeschäft mit schweren und mittelschweren Lkw sowie dem Kleintransporter Daily auch die Bussparte (Iveco, Heuliez) sowie eine Minderheitsbeteiligung am Motorenproduzenten FPT Industrial erwerben und angeblich mehr als 3,5 Mrd. Euro zahlen. Die On-Highway-Sparte von CNH sollte nach dem Ende 2019 vorgelegten Strategieplan eigentlich ausgegliedert und bis Anfang 2021 separat an die Börse gebracht werden. Der Zeitplan hatte sich wegen der Coronavirus-Pandemie um etwa ein Jahr verzögert. CNH Industrial entstand 2011 durch eine Ausgliederung aus dem damaligen Fiat-Konzern und wird zu 26,9 % (39,9 % der Stimmrechte) von Fiat-Chrysler-Großaktionär Exor kontrolliert.Das Nutzfahrzeug- und Busgeschäft trug 2019 etwas mehr als 10 Mrd. Dollar zum CNH-Gesamtumsatz von 28,1 Mrd. Dollar bei. Dazu kommen Erlöse von 4,1 Mrd. Dollar bei FPT. Die Nutzfahrzeugsparte ist deutlich ertragsschwächer als die Land-, Bau- und Spezialmaschinen von CNH Industrial mit den Marken Case, New Holland, Steyr, Magirus und dem Militärgeschäft (Defense Vehicles).FAW soll schon 2020 ein Angebot über rund 3 Mrd. Euro vorgelegt haben, das CNH als zu niedrig zurückgewiesen habe. Nachdem die ebenfalls chinesische Shandong Heavy Industries Group kürzlich angeblich 3,5 Mrd. Euro zahlen wollte, habe FAW nun nachgelegt, ist zu hören. FAW stellt unter der Marke Jiefang schwere Nutzfahrzeuge her und will international expandieren. Der Konzern arbeitet in Joint Ventures im Pkw-Bereich mit VW und Toyota Motors zusammen.Noch offen ist, wie sich Italiens Regierung zu einem möglichen Verkauf an einen chinesischen Konzern stellt. Im Rahmen einer Golden-Power-Regelung könnte Rom das Vorhaben blockieren. Iveco ist das kleinste unter den europäischen Nutzfahrzeugunternehmen und hat seinen Schwerpunkt in Südeuropa. Traditionell stark ist Iveco bei Antrieben mit Erdgas (CNG) und verflüssigtem Erdgas (LNG) für lange Strecken. Für Aufsehen sorgte ein Ende 2019 mit dem US-Start-up Nikola vereinbartes Abkommen. Noch in diesem Jahr soll in Ulm die Fertigung von Elektrolastern aufgenommen werden, 2023 sollen dann Nutzfahrzeuge mit Wasserstoffantrieben produziert werden. CNH hat sich außerdem mit 5 % an Nikola beteiligt. CNH produziert in China mit der staatlichen SAIC Vans.Sollte FAW Iveco kaufen, fiele ein weiteres italienisches Unternehmen in ausländische Hände. Der Reifenproduzent Pirelli ist mehrheitlich chinesisch. Fiat Chrysler (FCA) geht gerade in einem Unternehmen mit PSA Peugeot Citroën auf. Lamborghini und die Karosserieschmiede Italdesign gehören zu VW, Pininfarina zu Mahindra. Ferrari ist der letzte italienische Hersteller. Viele Banken, Mode- und Lebensmittelkonzerne sind in ausländischer Hand.