Jeff Bezos drängt Donald Trump in die zweite Reihe

Von Stefan Paravicini, New York Börsen-Zeitung, 2.8.2017 Für Amazon-Chef Jeff Bezos wird es langsam brenzlig in Washington. US-Präsident Donald Trump hat den Gründer des Internetkonzerns ja schon länger im Visier. Weil die Redaktion der 2013 von...

Jeff Bezos drängt Donald Trump in die zweite Reihe

Von Stefan Paravicini, New YorkFür Amazon-Chef Jeff Bezos wird es langsam brenzlig in Washington. US-Präsident Donald Trump hat den Gründer des Internetkonzerns ja schon länger im Visier. Weil die Redaktion der 2013 von Bezos übernommenen “Washington Post” sich zu den bissigsten Kritikern der neuen Regierung gemausert hat, deutete Trump zuletzt schon einmal an, dass Amazon doch eigentlich viel mehr Steuern in Amerika bezahlen sollte. Jetzt kommt es für den Präsidenten noch dicker. Denn während die “Washington Post” immerhin Aufmerksamkeit für Trump schafft, droht er an anderer Stelle von Amazon verdrängt zu werden.Im Rahmen dieser Berichtssaison taucht Amazon deutlich häufiger auf als Trump. In den vergangenen 90 Tagen kommt der Internetkonzern nach einer Auswertung von Bloomberg in den Telefonkonferenzen von US-Unternehmen mit Analysten und bei anderen Investorenveranstaltungen auf insgesamt 635 Nennungen, während der Präsident trotz des Dauerdramas in Washington nur 162 Mal genannt wurde. Ein Unternehmensthema wie die Lohnkosten schafft es im Vergleich dazu auf 111 Erwähnungen in den von Bloomberg angefertigten Mitschriften. 1 000 Mal erwähntIn den zurückliegenden 30 Tagen ist der Trend noch akzentuierter. Während Amazon 165 Mal in den Diskussionen des Managements mit Investoren erwähnt wird, war Trump gerade 32 Mal ein Thema, während die Löhne 22 Mal angesprochen wurden. Dabei geht die Aufmerksamkeit für Amazon nicht allein auf die Milliardenübernahme der Supermarktkette Whole Foods zurück, für die Bezos Mitte Juni knapp 14 Mrd. Dollar auf die Ladentheke gelegt hat.Die Furcht vor Amazon als potenziellem Wettbewerber geht in den meisten Branchen schon länger um. In den vergangenen zwölf Monaten findet das Unternehmen, das vor mehr als zwanzig Jahren als Onlinehändler für Bücher in einer Garage gestartet war und seither nicht nur den Buchhandel, sondern auch die IT-Industrie, Logistik und ganze Handelssegmente auf den Kopf gestellt hat, 1 800 Mal in den Earnings Calls und anderen Diskussionen mit Investoren von US-Unternehmen Erwähnung. Donald Trump schaffte es in dieser Zeit auf 1 000 Nennungen. Die Lohnentwicklung wurde laut Bloomberg bei 406 Gelegenheiten thematisiert.Was nun die laufende Berichtssaison betrifft, ist Amazon hinter den Erwartungen zurückgeblieben, während die Unternehmen im S & P 500 das zweite Quartal mit prozentual zweistellig wachsenden Gewinnen im Auge haben. Zum Wochenbeginn hatten fast drei Fünftel der Konzerne ihre Zahlen vorgelegt. Fast drei Viertel von ihnen haben wie Amazon die durchschnittlichen Umsatzerwartungen übertroffen. Der Gewinn, der bei Amazon eingebrochen ist, könnte nach Einschätzung von Thomson Reuters über alle Indexunternehmen hinweg um durchschnittlich 11 % zulegen. Schon im ersten Quartal waren die Profite um 15 % geklettert. Zuletzt hatten die Unternehmen im S & P 500 im Jahr 2011 zwei Quartale in Folge mit zweistelligem Gewinnwachstum geschafft.Dass Amazon unter dem Strich hinter den Erwartungen geblieben ist, ist für Donald Trump eine schlechte Nachricht. Bezos investiert weiter in Expansion, so dass er künftig von noch mehr Unternehmen in ihren Investor Relations zum Thema gemacht werden dürfte. ——–Die Absichten des Amazon-Chefs beschäftigen Investoren häufiger als die des US-Präsidenten.——-