AUTOMESSE SCHANGHAI

Koreaner stecken in der Patriotismus-Klemme

Von Norbert Hellmann, Schanghai Börsen-Zeitung, 20.4.2017 Im wahnwitzigen Trubel und Gedränge der führenden chinesischen Automesse sind Oasen der Ruhe kaum zu finden. Wer es darauf anlegt, der Hektik und dem Lärm wenigstens partiell zu entfliehen,...

Koreaner stecken in der Patriotismus-Klemme

Von Norbert Hellmann, SchanghaiIm wahnwitzigen Trubel und Gedränge der führenden chinesischen Automesse sind Oasen der Ruhe kaum zu finden. Wer es darauf anlegt, der Hektik und dem Lärm wenigstens partiell zu entfliehen, ist in diesem Jahr gut beraten, den koreanischen Autobauern Hyundai und KIA an ihren Ständen eine Aufwartung zu machen. Dort hat sich zumindest im Gegensatz zu vergangenen Jahren der Zulauf merklich gelichtet. Der chinesische Autokäufer lässt sich zumindest öffentlich dort nicht mehr gerne blicken. Chinas latenter Konsumentenboykott von koreanischen Produkten, der im Zusammenhang mit seit den Herbst drastisch verschlechterten bilateralen politischen Beziehungen steht, macht sich mittlerweile auch im Autogeschäft bemerkbar.Hintergrund ist die chinesische Entrüstung in einer Rüstungsangelegenheit. Es geht um die Aufstellung eines US-Raketenabwehrsystems auf koreanischem Boden, das von Chinas Regierung als Affront angesehen wird und binnen der letzten Monate dazu geführt hat, dass koreanische Produkte, wie auch Kulturangebote von Musik (K-Pop), über Fernsehserien bis zum Tourismus, die noch zur Dekadenmitte der letzte Schrei waren, nun beim chinesischen Kunden völlig out sind.Seit Jahresbeginn ist die antikoreanische Stimmung auch auf die Autokäuferseele umgeschlagen. Die Bilanz des ersten Quartals fällt für Hyundai und Kia ziemlich ernüchternd aus. Kombiniert sind die Verkäufe um gut 50 % zurückgegangen, im März war die Situation besonders prononciert mit Rückgängen gegenüber Vorjahr von knapp 70 % bei Kia und gut 44 % bei Hyundai. Damit werden die Hersteller ins Mark getroffen, denn der chinesische Markt hat für sie überragende Bedeutung als größter Auslandsmarkt und kam im vergangenen Jahr für 24 % beziehungsweise 22 % der Verkäufe von Hyundai und Kia auf. Gras drüber wachsen lassenDer Marktanteil koreanischer Autobauer in China droht nun erstmals wieder unter die 5-Prozent-Marke zu fallen. Bleibt nur die Frage, als wie zäh sich die Kundenzurückhaltung auf der Zeitachse erweist und ob man mit Rabattaktionen beim preisbewussten chinesischen Autokäufer sozusagen am patriotischen Gewissen vorbei Akzente setzen kann. Erfahrungswerte gibt es in gewisser Weise mit einer ebenfalls patriotisch motivierten Boykottwelle gegen japanische Autobauer, die auf die Zuspitzung von Territorialkonflikten im Südchinesischen Meer im Herbst 2012 zurückging. Damals hatte es gut ein Jahr gebraucht, bis die Blockade überwunden wurde und das politische Vergessen einsetzte.——–Eine politisch motivierte Boykottstimmung hebelt das China-Geschäft von Hyundai & Co. aus.——-