Krach, Bumm, Boeing!
Von Andreas Hippin, LondonDie britische Premierministerin Theresa May hat das Trümmerfeld noch nicht vollständig inspiziert, als das sich die transatlantischen Beziehungen derzeit präsentieren. Zu dumm, dass sich die US-Regierung hinter eine Beschwerde des Airbus-Rivalen Boeing stellte, die sich gegen kanadische Staatshilfen für den kleineren Wettbewerber Bombardier richtet. Sollte der US-Luftfahrt- und Rüstungskonzern damit Erfolg haben, würden bald Einfuhrzölle von 220 % auf Flugzeuge des Rivalen fällig, deren Tragflächen in Belfast zusammengebaut werden. Im strukturschwachen Nordirland ist der kanadische Technologiekonzern der größte Arbeitgeber. Im Osten von Belfast arbeiten mehr als 4 500 Menschen für Bombardier, ein Viertel von ihnen setzt die Flügel der Regionaljets zusammen, die Bombardier in die USA liefern will. Um das Werk herum haben sich Zulieferer angesiedelt, die ebenfalls Tausenden von Menschen Arbeit geben. Viele dieser Jobs stehen nun auf der Kippe.Krach, Bumm, Boeing – so hatte sich May die “Special Relationship”, das ganz besondere Verhältnis zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten, nicht vorgestellt. Hatten nicht die Brexit-Befürworter in ihrem Kabinett davon geschwärmt, wie einfach sich ein Freihandelsabkommen mit Washington aushandeln lassen würde? Nun verlautbarte US-Handelsminister Wilbur Ross, dass auch Freunde nach den Regeln spielen müssten.US-Präsident Donald Trump hatte bei seinem ersten Ausflug im neuen Amt das Dreamliner-Werk von Boeing in South Carolina als Kulisse für das Versprechen genutzt, um jeden amerikanischen Job zu kämpfen. Der Flugzeugbauer stört sich daran, dass die Regierung der Provinz Quebec Bombardier mit 1 Mrd. Dollar über Wasser hielt, als die sich über zwölf Jahre hinschleppende Entwicklung der “C-Series” das Unternehmen beinahe in die Zahlungsunfähigkeit getrieben hätte. Die Kanadier haben nun vermutlich das effizienteste und umweltfreundlichste Passagierflugzeug im Produktportfolio, nur fanden sich für die auf 100 bis 150 Passagiere ausgelegten Maschinen bislang wenig Abnehmer. Als sie der US-Fluggesellschaft Delta Airlines – angeblich für einen Bruchteil des Listenpreises von 80 Mill. Dollar das Stück – 125 Maschinen verkauften, rief das Boeing auf den Plan. Dabei war man nicht etwa im Kampf um den Auftrag von Bombardier ausgestochen worden. Boeing hatte Delta gar kein Angebot gemacht. Es geht offenbar ums Prinzip.Prompt erinnerte der britische Verteidigungsminister Michael Fallon Boeing daran, dass die künftigen Beziehungen unter so einem Verhalten leiden könnten. Großbritanniens Militär steuert jährlich um die 500 Mill. Pfund zum Umsatz der Rüstungssparte des Konzerns bei. Wie die “Times” unter Berufung auf Branchenkreise berichtet, könnte dieser Wert auf fast 2 Mrd. Pfund jährlich steigen, wenn man Aufträge für Apache-Hubschrauber und Seeaufklärungsflugzeuge vom Typ P-8 hinzurechne. Die Drohung Fallons könnte sich jedoch als Rohrkrepierer erweisen, denn Boeing hatte angekündigt, die Belegschaft in Großbritannien von derzeit 2 200 bis 2025 zu verdoppeln. Auf diese Stellen werden die Tories ungern verzichten wollen, stehen sie doch unter enormem Druck, die Wirtschaft trotz Brexit zum Blühen zu bringen. Am Ende werden sie sich mit Trumps “America First” abfinden müssen. ——–Bombardier in Belfast hat ein Problem: Die USA drohen mit Einfuhrzöllen.——-