Lieferhelden in den Startlöchern

Delivery Hero vor Börsengang - Beteiligung von Rocket Internet peilt Bewertung von mehr als 4 Mrd. Euro an

Lieferhelden in den Startlöchern

Der Essenslieferdienst Delivery Hero mit Marken wie Lieferheld, Foodora und Pizza.de will in etwa vier Wochen an der Börse sein. Das Emissionsvolumen könnte Finanzkreisen zufolge bis zu 1 Mrd. Euro umfassen; angestrebt wird eine Bewertung zwischen 4 Mrd. und 5 Mrd. Euro. Es wäre der größte Börsengang seit dem von Rocket Internet, die maßgeblicher Gesellschafter von Delivery Hero ist und Aktien platzieren kann.wb Frankfurt – Raus aus der Gerüchteküche, rein in die Investorengespräche: Der Lieferdienstvermittler Delivery Hero hat offiziell seine Börsenambitionen bekannt gegeben. Beim Gang an den Prime Standard der Frankfurter Börse will das Berliner Unternehmen über eine Kapitalerhöhung 450 Mill. Euro loseisen. Dies werde zu einer “deutlich positiven” Netto-Cash-Position führen. Wie stark in einem Aufwasch die Altgesellschafter mit Rocket Internet an der Spitze Kasse machen, steht noch nicht fest. In Finanzkreisen ist von einem Volumen von insgesamt etwa 1 Mrd. Euro die Rede. Die Bewertung des Unternehmens wird auf mehr als 4 Mrd. Euro veranschlagt. In der jüngsten Finanzierung kam sie mit 3,6 Mrd. Euro heraus.Mehr Klarheit dürfte in zwei Wochen herrschen, wenn die Preisspanne bekannt gegeben wird, damit die Lieferhelden in vier Wochen ihr Debüt im Prime Standard haben. Das 2011 gegründete Unternehmen, das vor wenigen Wochen 387 Mill. Euro vom südafrikanischen Medienkonzern Naspers erhielt, setzte im vorigen Jahr 347 Mill. Euro um. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag bei minus 116 Mill. Euro. Citi, Goldman Sachs und Morgan Stanley sind globale Koordinatoren, Unicredit, Berenberg, Jefferies und UBS sind zusätzliche Buchführer. Die Helden kommen ohne IPO-Berater aus.Im September 2016 ging der Rivale Takeaway.com aus den Niederlanden an die Börse und nahm 328 Mill. Euro ein. In London war Just Eat im größten Technologie-IPO seit acht Jahren im Juli 2016 mit einer Bewertung von 1,47 Mrd. Pfund gestartet. Heute bringt das profitable und im Cash-flow positive Unternehmen 4,55 Mrd. Pfund auf die Waage. In den USA gilt Grubhub als vergleichbar. Auf Basis der Umsatzvielfachen der defizitären Anbieter käme Delivery Hero auf Bewertungen, die mit 2,7 Mrd. Euro (Takeaway.com) und von 3,7 Mrd. Euro (Just Eat) deutlich niedriger lägen als die angepeilten Volumina. Doch für Rocket Internet, die bei Delivery Hero – obwohl größter Anteilseigner – nicht im Board vertreten ist, stand der Börsenaspirant Ende 2016 mit 2,95 Mrd. Euro in den Büchern.Derzeit spricht die Restaurantkette Vapiano bei Investoren vor. Erwartet wird, dass auch der Lebensmittellieferdienst Hellofresh über kurz oder lang den Versuch unternimmt, den Kurszettel zu verlängern. Hello-fresh dürfte abwarten, wie sich das im gleichen Markt tätige US-Unternehmen Blue Apron schlägt. Damit kämen in Frankfurt gleich drei Unternehmen an den Kapitalmarkt, bei deren Geschäftsmodell es um nahrhafte Kost geht, die sich aber als Technologiefirmen verkaufen wollen. Rivale TelefonRocket Internet hält rund 35 % an Delivery Hero, Naspers 10 %. Der schwedische Delivery-Hero-Chef und Mitgründer Niklas Östberg ist ebenfalls beteiligt. “Unser Hauptkonkurrent ist das Telefon”, betont der 36-Jährige. Denn diese Orders der Verbraucher gehen an Lieferanten vorbei. Das Eindringen von Uber und Amazon sieht er gelassen. Delivery Hero sei der globale Führer im Online-Essenslieferdienst mit größerer Reichweite, stärkeren Skaleneffekten und schnellerem Wachstum als die Konkurrenz. Der Börsenaspirant sei in 42 Ländern vertreten und ist nach Östbergs Einschätzung in 35 davon die Nummer 1.”Der Gang an die Börse wird uns ermöglichen, das Unternehmen weiterzuentwickeln und zusätzliches Kapital zu verschaffen, um unsere Führungsposition im Markt für Essensbestellung und -lieferung weiter auszubauen”, sagt Östberg. Mit den Erlösen sollen Schulden verringert, in die Expansion investiert und der Preis für die jüngst angekündigte Übernahme des Essenslieferdienstes Carriage aus Kuwait gezahlt werden. Zukäufe schließt Östberg nicht aus. Expandieren will er vor allem in bestehenden Märkten. Das 2011 gegründete Unternehmen zählt mehr als 6 000 Beschäftigte. Delivery Hero liefert Menüs aus rund 150 000 Restaurants aus. Bislang schreibt man rote Zahlen. 2016 wurde der bereinigte operative Verlust (Ebitda) um ein Drittel verringert. Im Nahen Osten habe man die Gewinnschwelle zuletzt geschafft. Der Verlust hängt stark am Marketingaufwand. Delivery Hero wolle wachsen und sich nicht zum Gewinn sparen. Im vorigen Jahr stieg der bereinigte Umsatz um 71 %; im ersten Quartal legte er um 68 % auf 121 Mill. Euro zu.Für Rocket steht mit dem IPO viel auf dem Spiel. Es wäre die erste Emission aus dem Portfolio seit dem IPO. Investoren sind skeptisch: Gestern gab die Aktie 1,9 % nach.