Nutzfahrzeuge

Lkw-Hersteller bauen selbst Ladenetz auf

Daimler, Traton und Volvo wollen der Infrastruktur für E-Fahrzeuge in Europa einen Schub geben. Ein Gemeinschaftsunternehmen plant Investitionen von einer halben Mrd. Euro.

Lkw-Hersteller bauen selbst Ladenetz auf

jh München

Daimler Truck, Traton und Volvo wollen den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Lkw und Busse anschieben. Die drei größten Nutzfahrzeughersteller in Europa gaben am Montag eine Absichtserklärung für ein Gemeinschaftsunternehmen bekannt. Es soll im nächsten Jahr den Betrieb aufnehmen und dann in fünf Jahren mindestens 1700 Hochleistungsladepunkte in Europa errichten. Der Bedarf ist freilich viel höher: Nach Schätzungen des europäischen Fahrzeugherstellerverbands Acea werden 15000 solcher Ladepunkte im Jahr 2025 gebraucht und 50000 spätestens 2030.

Die drei Nutzfahrzeugunternehmen kündigten an, zunächst zusammen 500 Mill. Euro zu investieren. Die Ladestellen für batterieelektrische schwere Lastwagen im Fernverkehr und für Reisebusse sollen in der Nähe von Autobahnen, in großen Logistikzentren und an Abladestellen entstehen und mit Ökostrom betrieben werden.

„Zusätzliche Partner sowie öffentliche Fördermittel sollen dazu beitragen, die Zahl der Ladepunkte im Weiteren deutlich zu erhöhen“, heißt es in der Mitteilung der drei Unternehmen. Sitz des Joint Ventures soll in Amsterdam sein, die Vereinbarung zur Gründung noch in diesem Jahr unterschrieben werden. Voraussetzung sind die Genehmigungen verschiedener Behörden.

Ihre Initiative begründen Daimler, Traton und Volvo zum einen damit, das Vertrauen ihrer Kunden in die Elektrifizierung zu stärken. Zum anderen wollen sie „einen klaren Beitrag zu einem klimaneutralen Transportwesen in der EU leisten“. Es sei unerlässlich, „dass der Aufbau der richtigen Infrastruktur Hand in Hand mit der Einführung CO2-neutraler Lkw geht“, mahnt Martin Daum, der Vorstandschef von Daimler Truck.

Sein Traton-Kollege Matthias Gründler bezeichnet das Joint Venture als ersten Schritt, um den Übergang zu Transporten ohne fossile Brennstoffe zu beschleunigen. „Der zweite Schritt sollte ein starkes Engagement der EU für den vollständigen Ausbau des Ladenetzes in ganz Europa sein.“

Auch für andere Marken

Zudem verstehen die drei Konzerne ihre Aktion als Aufruf zum Handeln an alle anderen Branchenakteure sowie an Regierungen und Gesetzgeber. Ihr Ladenetz soll auch Flottenbetreibern mit anderen Lkw- und Busmarken zur Verfügung stehen. Bisher gebe es kaum öffentliche Ladestellen für Elektronutzfahrzeuge, sagte ein Sprecher von Daimler Truck.

Er bekräftigte, das Unternehmen verfolge weiterhin seine zweigleisige Strategie: Elektroantriebe sowohl mit Batterie als auch mit Brennstoffzelle. 2024 soll der batterieelektrische Actros, den Daimler in der vergangenen Woche präsentierte (vgl. BZ vom 1. Juli), für die Langstrecke auf den Markt kommen. Für 2027 ist der Start eines mit Wasserstoff angetriebenen Lkw geplant. Daimler hat für diese Antriebsart ein Gemeinschaftsunternehmen mit Volvo gegründet. Die Partner sind der Überzeugung, dass die Brennstoffzelle überlegen ist, je länger die Fahrstrecke und je schwerer die Ladung ist.

Dagegen favorisiert Traton, die Nutzfahrzeugholding von Volkswagen, die Batterietechnik. Im Vergleich mit Wasserstofffahrzeugen sei sie effizienter und nicht so teuer. Gleichwohl sieht das Management auch Chancen für die Brennstoffzelle, allerdings nur in Nischen. 2030 soll etwa die Hälfte der neuen Fahrzeuge von MAN und Scania mit einem Elektromotor ausgestattet sein.

Wertberichtigt Seite 6