Fluggesellschaft

Lufthansa-Chef Spohr unter Beschuss

Auf der Lufthansa-Hauptversammlung stand Konzernchef Carsten Spohr mit seiner Strategie in der Kritik, auch wegen der geplanten Übernahme von ITA. Die zieht sich.

Lufthansa-Chef Spohr unter Beschuss

Aktionäre kritisieren Lufthansa-Strategie

Skepsis gegenüber ITA-Übernahme – In Gesprächen noch Hürden

hei/Reuters

Lufthansa-Chef Carsten Spohr zeigte sich auf der Hauptversammlung des Konzerns zuversichtlich, dass die Gespräche mit der italienischen Regierung über eine Beteiligung „auf einem guten Weg sind“. Der Schritt werde die Präsenz der Gruppe in Europa stärken und einen weiteren „hochattraktiven Heimatmarkt für uns gewinnen“, betonte er. „Multi-Airline, Multi-Hub, Multi-Brand war vor der Pandemie die richtige
Strategie. Und sie ist es in der aktuellen Konsolidierung unserer Branche erst recht“, entgegnete Spohr den Zweiflern. Dazu gehören insbesondere die institutionellen Investoren, die teilweise hart mit dem Management ins Gericht gingen.

Die Premium-Marke Lufthansa sei durch Abwicklung ihrer Flüge durch die Töchter Eurowings und Eurowings Discover sowie externe Leasing-Airlines verwässert, der Konzern mit elf Flugbetrieben zu komplex, monierten die Fondsgesellschaften Deka Investment und Union Investment. „Der Markendschungel verwirrt die Kunden und birgt erhebliche Reputationsrisiken“, erklärte Deka-Nachhaltigkeitschef Ingo Speich laut Redetext. Henrik Pontzen, Leiter Nachhaltigkeit bei Union Investment, fuhr noch härtere Geschütze auf: Konzernchef Carsten Spohr habe „keine klare Strategie“, kritisierte er. Eine Vereinfachung der komplexen Konzernstruktur sei nicht in Sicht. „Und es ist unklar, ob die Lufthansa sich nun als Billigflieger oder als Premium-Airline positionieren will.“

Unterdessen verlaufen die Verhandlungen über ITA italienischen Medien zufolge eher zäh. Streit gebe es vor allem um von der Lufthansa geforderte Hilfen für Investitionen, die ITA allein nicht stemmen könne. Bisher soll eine endgültige Einigung bis 12. Mai erzielt werden. Die geplante Übernahme wird von den Institutionellen skeptisch gesehen. Ein Drehkreuz in Südeuropa sei zwar sinnvoll, eine Expansion im vom Billigflieger Ryanair dominierten inneritalienischen Markt aber nicht, sagte Speich. Es sei fraglich, warum Lufthansa an einen geschäftlichen Erfolg von ITA glaube, während frühere Eigentümer den Niedergang der Airline nicht hätten stoppen können. Die Steuerung des weiter wachsenden Konzerns werde deutlich schwieriger. „Wir glauben nicht, dass sich die Übernahme der defizitären italienischen ITA für die Aktionäre auszahlen wird“, warnte auch Pontzen. „Mehr Komplexität frisst Rendite.“

Mit einem Lufthansa-Anteil von 0,42% der Deka und noch weniger Anteilscheinen bei Union können die institutionellen Investoren bei Abstimmungen wenig ausrichten. Doch sie sind ein Sprachrohr, ihre Kritik wird von etlichen Kleinaktionären geteilt. Sie beklagen einen Qualitätsabfall beim Produkt – von vielen Flugausfällen und -verspätungen, vor allem im Chaossommer des Jahres 2022, bis hin zur Betreuung in der Lounge oder dem Essen an Bord. „Aktuell ist die Airline in vielen Bereichen aus qualitativer Sicht enttäuschend“, monierte etwa Bernardo Loewenstein, Inhaber einer Reiseagentur, laut Manuskript.

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