Luftverkehrsbranche schlägt Alarm
lis Frankfurt
Angesichts des dramatischen Geschäftseinbruchs bei Airlines und Flughäfen in der Coronakrise fordert die deutsche Luftverkehrsbranche ein Ende der Reisebeschränkungen ab Ostern. Die von den Behörden kaum kontrollierbaren Quarantänepflichten müssten durch eine wirksame Teststrategie ersetzt werden, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Peter Gerber, am Donnerstag bei Vorlage der Jahreszahlen.
Im vergangenen Jahr sind die Passagierzahlen an deutschen Flughäfen und bei den heimischen Fluglinien um 75% eingebrochen und damit stärker als im weltweiten Durchschnitt. Der Verkehr in Deutschland sei vor allem international geprägt, in Asien und Nordamerika gebe es hingegen große Inlandsmärkte, die sich etwas schneller erholt hätten, erläutert der BDL. Inlandsverkehre gingen weltweit nur um 49% zurück, während bei internationalen Flügen nur 25% des Vorjahreswertes erreicht wurden.
„Die deutsche Luftverkehrswirtschaft war über weite Teile des Jahres im Dauerlockdown und ist nun nahe des Stillstands“, sagte Gerber. Mit den seit November 2020 nochmals verschärften Reisebeschränkungen ist die Nachfrage nach Luftverkehr an den deutschen Flughäfen auf nur noch 10% im November und 12% im Dezember zurückgegangen. Auch das derzeitige Flugangebot liege bei gerade einmal 20% des sonst üblichen Flugangebots im Januar. Der Februar könne noch schwächer werden. „Das darf sich in diesem Jahr nicht fortsetzen, sonst drohen irreversible Strukturbrüche mit dramatischen Folgen für die Anbindung des deutschen Wirtschaftsstandortes und für die Reisewirtschaft.“ Derzeit seien 60000 der 255000 Arbeitsplätze in der deutschen Luftverkehrswirtschaft von Abbau bedroht. Im Laufe der Krise waren zeitweise 80% der Beschäftigten in Kurzarbeit.
Höhere Nachfrage bei Fracht
Fluggesellschaften, Flughäfen und die dort tätigen Unternehmen verzeichneten im vergangenen Jahr hohe Umsatzeinbrüche und eine stark steigende finanzielle Verschuldung. Die angespannte Finanzlage schränke den Spielraum für notwendige Investitionen in Nachhaltigkeit und Innovation ein und gefährde so die Zukunftsfähigkeit des deutschen Luftverkehrsstandortes, warnt der Verband. Mit der Politik zusammen müsse jetzt festgelegt werden, wie Reisen nach dem Lockdown und bei absehbarem Anhalten der Pandemie wieder möglich werde.
Besser als im Passagiergeschäft lief es im vergangenen Jahr beim Frachtverkehr. Gerade in der Covid-19-Krise werde die Systemrelevanz des Luftverkehrs für die Aufrechterhaltung der Lieferketten und die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern deutlich. An den deutschen Flughäfen gingen 2020 die Frachteinladungen und -ausladungen nach einem sehr starken Dezember nur um insgesamt 4% zurück und entwickelten sich damit etwas positiver als im weltweiten Durchschnitt. Seit September 2020 lag die Luftfrachtnachfrage an den deutschen Flughäfen laut BDL sogar über der Nachfrage im Vorjahr. Einige deutsche Fluggesellschaften haben zur Abwicklung des Frachtverkehrs auch derzeit nicht benötigte Passagierflugzeuge eingesetzt.
Die Branche geht davon aus, dass für den deutschen Markt im Luftverkehr das Niveau von 2019 etwa im Jahr 2025 wieder erreicht werden kann. Dieses Szenario setze allerdings voraus, dass die gesundheitliche Krise im Verlauf des Jahres 2021 beendet sein wird und die Rezession bis Ende 2022 überwunden ist. Die einzelnen Verkehrssegmente dürften sich vermutlich in unterschiedlicher Geschwindigkeit erholen: Der private Reiseverkehr werde aller Voraussicht nach schneller das Vorkrisenniveau erreichen als der Geschäftsreiseverkehr. Insgesamt gehen in dem Szenario im Zeitraum von 2020 bis 2030 laut BDL rund 25% der Verkehrsleistung im deutschen Markt verloren.