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Macquarie schnappt sich Thyssengas

Noch 2016 hatte Macquarie den Gasfernleitungsnetzbetreiber Thyssengas verkauft – jetzt holt sich der Infrastrukturinvestor die ehemalige RWE-Tochter aus Dortmund schon wieder zurück.

Macquarie schnappt sich Thyssengas

cru Frankfurt – In Deutschland entsteht ein neuer Riese für Gasfernleitungen, der künftig auch für den Transport von Wasserstoff im Rahmen der Energiewende wichtig wird. In einer Milliardentransaktion kauft der australische Infrastrukturinvestor Macquarie Asset Management, dem schon der größte deutsche Gasfernleitungsnetzbetreiber Open Grid Europe (früher Eon Transportgas) gehört, nun auch den zweitgrößten deutschen Gasfernleitungsnetzbetreiber Thyssengas aus Dortmund nach fünf Jahren zurück – allerdings mit einem anderen Fonds. Das teilten die Australier am Freitag mit.

Macquarie hatte Thyssengas 2016 an den niederländischen Infrastrukturfonds DIF und die Investmenttochter des französischen Versorgers EDF verkauft, die nun wieder aussteigen. Zum Kaufpreis und anderen Details äußerte sich Macquarie nicht. Gemäß Finanzkreisen wird Thyssengas bei dem Deal inklusive Schulden mit rund 1 Mrd. Euro bewertet – und damit am unteren Ende der erhofften Preisspanne, die bis 1,2 Mrd. Euro reichte. Thyssengas hatte Ende 2019 nach eigenen Angaben 735 Mill. Euro Schulden.

DIF und EDF Invest waren 2016 für 700 Mill. Euro eingestiegen. Seither hat Thyssengas investiert und Schulden gemacht, was wohl den in der Zwischenzeit gestiegenen Enterprise Value erklärt. Macquarie setzte sich mit dem aktuellen Deal gegen die Versicherungskammer Bayern und ein Konsortium aus den Energiefirmen Fluxys, Snam und Enagas durch, die sich ebenfalls für die finale Gebotsrunde qualifiziert hatten.

Der Stromkonzern RWE hatte Thyssengas 2011 an Macquarie verkauft. Die Australier greifen nun mit einem neuen Infrastrukturfonds wieder zu. „Dies ist eine einzigartige Möglichkeit, Thyssengas in seiner Transformation zu unterstützen und uns dafür einzusetzen, das Netz des Unternehmens fit für die Zukunft zu machen“, erklärte Macquarie-Manager Hilko Schomerus. Thyssengas betreibt ein Netz mit einer Länge von 4400 Kilometern, überwiegend in Nordrhein-Westfalen. Der Gasfernnetzbetreiber Open Grid Europe aus Essen gehört ebenfalls einem der anderen Macquarie-Fonds und betreibt in Deutschland das größte Ferngasnetz mit einer Länge von rund 12000 Kilometern. Damit kommen die Unternehmen zusammen auf einen Marktanteil von fast 50%. Kartellprobleme macht das nicht: Es handelt sich um ein ohnehin von der Netzagentur reguliertes Geschäft.

Macquarie hatte Open Grid Eu­rope, die sie 2012 zusammen mit Partnern wie Infinity Investments von Eon für 3,2 Mrd. Euro erworben hatte, im April 2021 bereits verkaufen wollen, aber es mangelte an Interesse – unter anderem weil die behördlich festgesetzte Eigenkapitalverzinsung für Ferngasnetze sinkt. Beobachter spekulieren nun, dass Macquarie Synergien zwischen Open Grid Europe und Thyssengas heben will, um die Unternehmen, die beide in Nordrhein-Westfalen agieren, im Gespann besser verkaufen zu können. Darüber hinaus hoffen die Aus­tralier für die Zukunft auf ein staatlich subventioniertes Boom-Geschäft mit dem Wasserstofftransport.