IM INTERVIEW: CLAUS BOLZA-SCHÜNEMANN

"Man muss mit der Realität leben"

Der Vorstandschef von Koenig & Bauer über den Stellenabbau und jahrelang ausfallende Dividenden

"Man muss mit der Realität leben"

Koenig & Bauer (KBA) hat wegen der anhaltend schwachen Nachfrage eine Rosskur angekündigt (vgl. BZ vom 17. Dezember). Der älteste Druckmaschinenbauer der Welt, an dem die verzweigte Familie der Gründernachfahren noch mit gut 20% beteiligt ist und der seit kurzem vom ehemaligen Siemens-Vorstand Heinz-Joachim Neubürger kontrolliert wird, soll erneut radikal verkleinert werden. KBA-Vorstandschef Claus Bolza-Schünemann äußert sich im Interview der Börsen-Zeitung zu den Details des Konzernumbaus.- Herr Bolza-Schünemann, ist der Druckmaschinenbau eine sterbende Branche?Definitiv nein, aber es gibt gravierende Veränderungen, vor allem im Geschäft mit Printmedien. Gedruckte Nachrichten sind nicht mehr so aktuell, wie sie es vor 20 Jahren waren, dafür aber deutlich nachhaltiger. Aber im Druck gibt es auch Wachstum, etwa bei Verpackungen in jeglicher Form – ob auf Papier, Karton, Folie, Aluminium oder Blech.- Die Nachfrage nach Druckmaschinen hat sich verglichen mit den Boom-Zeiten etwa halbiert. Wie lange wird die Schrumpfung weitergehen?Das muss man differenzieren. Das Geschäft mit Bogenmaschinen hat sich etwa halbiert, ist aber auf dem jetzigen Niveau bei ungefähr 2,7 Mrd. Euro Weltmarktvolumen nahezu stabil mit mittelfristig nach unseren Erwartungen leicht sinkender Tendenz. Ganz anders ist es im Rollengeschäft und dort ganz speziell bei der Zeitung. Bei Rollenoffset-Maschinen für Zeitungen und Akzidenzen ist der Markt im laufenden Jahr mit knapp 500 Mill. Euro nur noch etwa ein Viertel von dem, was er mal war. Wir gehen hier von weiterer Schrumpfung auf etwa 400 Mill. Euro im Jahr 2015 aus und daraus ergibt sich entsprechender Handlungsbedarf.- Sie streichen erneut bis zu 1 500 Stellen und kürzen damit die schon arg geschrumpfte Belegschaft noch mal um ein Viertel. Nehmen die Stellenstreichungen denn gar kein Ende?Ich wünschte, wir bräuchten den jetzigen Stellenabbau nicht. Das Schlimmste in einem Unternehmen ist es, Mitarbeiter abzubauen. Als einziger der großen deutschen Druckmaschinenhersteller haben wir in den vier Jahren positive Vorsteuerergebnisse erzielt. Dies war angesichts der Marktentwicklung leider nur über einen Personalabbau um gut 2 000 Mitarbeiter möglich. Um im aktuellen und erwarteten Marktumfeld aber wieder nachhaltig für unsere Anteilseigner akzeptable Ergebnisse zu erzielen, sehen wir die Notwendigkeit für einen umfassenden Umbau der KBA-Gruppe, der uns von Nachfrageschwankungen oder -einbrüchen unabhängiger macht. Der nochmalige deutliche Personalabbau ist leider eine Begleiterscheinung dieser Umbaupläne, die ich gerne vermieden hätte, wenn es denn möglich wäre.- Wo wird gekürzt?Wir kürzen an allen produzierenden Standorten in Europa, in Würzburg, wo die Rollenmaschinen gefertigt werden, definitiv mehr als an unserem Bogenoffset-Standort in Radebeul. In Radebeul war gerade die Betriebsversammlung, dort streichen wir bis zu 180 Stellen. In unserem österreichischen Werk in Mödling sind es mit 460 Stellenstreichungen mehr als doppelt so viele. In Würzburg und Trennfeld sind die Betriebsversammlungen erst einen Tag später, so dass ich die Zahl noch nicht nennen möchte.- Bis wann wollen Sie den Stellenabbau abgeschlossen haben?Das ist maßgeblich davon abhängig, wie schnell wir mit den Arbeitnehmervertretungen zu einem einvernehmlichen Ergebnis kommen. Im Januar nehmen wir die Verhandlungen auf und ich hoffe, dass wir zügig vorankommen.- Was werden die Maßnahmen kosten?Schon 2013 werden Wertberichtigungen im mittleren zweistelligen Millionenbereich auf das Anlagevermögen fällig.- Und was kostet der Stellenabbau? Auch hier wird über einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag spekuliert.Das kann ich erst nach Abschluss der Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern sagen. Für Spekulationen ist es noch zu früh. Billig wird das aber sicher nicht, und wir werden dafür im Jahresabschluss 2013 auch noch Rückstellungen bilden.- Sie haben angekündigt, dass wohl erst 2016 unterm Strich wieder schwarze Zahlen stehen werden. Wieso kommt es zu einer dreijährigen Durststrecke?2013 ist beim Auftragseingang und beim Umsatz marktbedingt nicht so gelaufen wie geplant, deshalb auch die umfangreiche Restrukturierung. Die Verhandlungszeiträume und Kündigungsfristen brauchen Zeit und begleiten uns wohl über 2014 hinaus. Die geplanten größeren Verlagerungen werden wir wohl erst Anfang 2015 beenden. Die Verlagerung von Produktionsmitteln und Produktgruppen ist zeitintensiv.- Drei Jahre lang dürfte nun die Dividende ausfallen. Wie kommen die Familienaktionäre damit zurecht?Man muss mit der Realität leben.- Auch der große Konkurrent aus Heidelberg ist angeschlagen. Ist jetzt nicht endlich die Zeit reif für größere Kooperationen zwischen den deutschen Druckmaschinenherstellern, wie sie die Autoindustrie schon lange kennt?Diese Diskussion ist seit 20 Jahren aktuell, fast so lange, wie ich im Geschäft bin. Rein aus kartellrechtlicher Sicht halte ich eine Kooperation zwischen der Nummer 1 und der Nummer 2 im Weltmarkt für ausgeschlossen.—-Das Interview führte Daniel Schauber.