Markt für HV-Dienstleister sortiert sich neu
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Rückzug von Link Market Services und Better Orange zum Jahresende – Neue Wettbewerber entstehen
Link Market Services und Better Orange stellen ihr Hauptversammlungsgeschäft in Deutschland ein, die Verträge mit Kunden laufen zum Jahresende aus. Andere Dienstleister stehen bereits in den Startlöchern.
sar Frankfurt
Von Sabine Reifenberger, Frankfurt
Die Hauptversammlung ist der Fixpunkt im Investor-Relations-Kalender. Doch einige Unternehmen müssen sich auf der Suche nach Unterstützung bei dem Event nun neu orientieren. Der Dienstleister Better Orange IR & HV, der seit 2023 unter dem Dach von Link Market Services Germany operiert, stellt das Hauptversammlungsgeschäft in Deutschland ein. Der operative Betrieb von Link Market Services und Better Orange werde voraussichtlich bis zum 31. Dezember 2025 auslaufen, bestätigte das Unternehmen auf Anfrage.
Die Kunden wurden nach Informationen der Börsen-Zeitung seit Ende September sukzessive darüber informiert, dass sie sich einen neuen Dienstleister suchen müssen. Auch die Verträge der Beschäftigten wurden nach Informationen der Börsen-Zeitung zum Jahresende gekündigt. Link Market Services ließ eine Anfrage dazu, wie viele Kunden und Mitarbeiter betroffen sind, unbeantwortet. Auf der Homepage schreibt der Dienstleister von „mehr als 200 Kunden und 250 Veranstaltungen jährlich“ und nennt eine Zahl von „ca. 60 Mitarbeitern“ in München, Düsseldorf, Frankfurt und Berlin.
Wenig potenzielle Neukunden
Link hatte Better Orange im Jahr 2023 übernommen. Das kombinierte Unternehmen unterstütze Kunden bei der Organisation von physischen, virtuellen und hybriden Hauptversammlungen oder bei außerordentlichen Gesellschafter- und Gläubigerversammlungen. Auch Dienstleistungen wie Aktienregisterführung, Aktionärsidentifikation oder Investor-Relations-Beratung waren im Programm. Nach eigenen Angaben kümmerte sich der Dienstleister mit rund 60 Beschäftigten um mehr als 200 Kunden.
Dass damit auf dem deutschen Markt nun Schluss ist, könnte mit der neuen Struktur zusammenhängen. Denn nur ein Jahr nach dem Zusammenschluss wurde Link 2024 Teil der Mitsubishi UFJ Financial Group (MUFG). Marktbeobachter vermuten, dass der deutsche Markt nur einige hundert potenzielle Kunden bietet und damit im Gesamtkonstrukt eines international tätigen Konzerns zu wenig Skalierungsmöglichkeiten geboten haben könnte. Börsengänge von potenziellen Neukunden hatten in den vergangenen Jahren zudem Seltenheitswert. Better Orange verwies in Schreiben an Kunden, die die Börsen-Zeitung einsehen konnte, lediglich auf die „Abwägung wirtschaftlicher und strategischer Faktoren“ nach einer „globalen Überprüfung der Geschäftsstrategie“ durch MUFG.
Wechselhafte Geschichte
Im Markt der HV-Dienstleister sind Fusionen und Ausgründungen keine Seltenheit, wie die Historie der Link Market Services selbst belegt. 2014 übernahm die australische Link Group in Deutschland den Dienstleister für Aktienregisterführung Registrar Services, im Jahr darauf folgte der Hauptversammlungsdienstleister HCE Haubrok. 2016 wurden Registrar und HCE Haubrok zu Link Market Services zusammengeführt. Better Orange kam im Mai 2023 hinzu. Gemessen an der Anzahl der im Vorjahr betreuten Hauptversammlungen handle es sich um den Zusammenschluss von zwei der drei größten deutschen HV-Dienstleister, hieß es damals in einer Mitteilung. Nur ein Jahr später folgte im Mai 2024 die Übernahme von Link durch MUFG.
Der nun anstehende Rückzug aus dem deutschen Markt dürfte die Wettbewerber hierzulande aufhorchen lassen. Zu den Marktteilnehmern gehören Unternehmen wie AAA HV Management oder GFEI mit Fokus auf Small- und Midcaps oder der Dienstleister Adeus, ein Unternehmen der Allianz Gruppe. Der wohl bekannteste Dienstleister neben Link und Better Orange ist Computershare. Diese Namen tauchen auch bei den Führungskräften der jüngsten Neugründungen im Markt der HV-Dienstleister in den CVs auf.
Neue Wettbewerber im HV-Geschäft
Seit September 2024 ist die Berliner HCE Consult am Markt, den Vorstand bilden Sabrina Romes, Volker Ketzel und Bernhard Orlik. Romes war mehrere Jahre Senior Beraterin bei Link Market Services, Ketzel arbeitete dort von 2016 bis 2019. Beide waren später beratend für Computershare tätig. Vorstandsmitglied Orlik war mehrere Jahre Geschäftsführer von Link Market Services und wechselte Ende 2022 als Head of Client Services für Deutschland und Österreich zum Wettbewerber Computershare Deutschland. Jörg Engmann, der mehrere Jahre das Berliner Büro von Link Market Services leitete, wurde im Oktober 2022 Senior Berater bei Computershare und ist mittlerweile ebenfalls bei HCE Consult tätig. Die HCE-Homepage weist derzeit sechs Teammitglieder aus, im Linkedin-Profil von Vorständin Romes prangt der Hinweis „Hiring“.
In diesem September hat Daniel Eichinger den HV-Dienstleister Meet2Vote gegründet, er war zuvor bei Better Orange und hat dort auch seine Mitstreiter kennengelernt. Den Schritt in die Selbstständigkeit habe er gewagt, weil er wieder in einer kleineren Einheit tätig sein wollte, berichtet Eichinger. „Bei Better Orange war das Geschäft fast schon familiär geprägt, durch den Zusammenschluss mit Link und später die Übernahme durch MUFG waren wir dann plötzlich Teil eines weltweit agierenden Konzerns.“
Neuordnung im Markt
Derzeit sind die Meet2Vote-Berater zu fünft, bereits Anfang 2026 werde die Teamstärke auf mehr als ein Dutzend Berater wachsen, kündigt Eichinger an. „Wir hatten unser Unternehmen schon gegründet, bevor MUFG entschieden hat, sich vom deutschen Markt zurückzuziehen“, betont er. Der Rückzug der Wettbewerber sei nun aber Anlass für eine Neuordnung. In der Mandatsgewinnung beginnt nun die heiße Phase. Im November begleitet Eichinger mit seinem Team eine außerordentliche Hauptversammlung, der Großteil des Geschäfts wird aber um den Jahreswechsel herum beauftragt und umfasst die regulären Aktionärstreffen im Frühjahr. Oft seien Kundenbeziehungen über Jahre gewachsen, sagt Eichinger. „Es ist ein klassisches ‚people business‘.“
Von Link Market Services heißt es, die Priorität liege derzeit darauf, „die Einstellung des Geschäftsbetriebs abzuschließen“ und Kunden sowie betroffene Kollegen während dieses Prozesses zu unterstützen. Ziel sei es, für die Kunden „einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen“. Wohin dieser Übergang führt, dürfte sich in vielen Fällen in den kommenden Wochen klären.
