Positive Quartalszahlen genügen Investoren nicht

Fresenius Medical Care macht deutlich mehr Gewinn

Fresenius Medical Care hat mit den Quartalszahlen die Konsensschätzungen übertroffen. Mit dem Kurs des Dialyseanbieters ging es dennoch kräftig bergab. Grund war das maue Geschäft in den USA und die Vermutung von Investoren, dass Großaktionär Fresenius ein Paket an FMC-Aktien platzieren wird.

Fresenius Medical Care macht deutlich mehr Gewinn

Fresenius Medical Care macht deutlich mehr Gewinn

Maues US-Geschäft und Erwartung einer Aktienplatzierung durch Fresenius belasten – Kurs des Dax-Wertes gibt in der Spitze um 10 Prozent nach

md Frankfurt

Das Bild, das Marktakteure am Dienstag vom Dialyseanbieter Fresenius Medical Care (FMC) gezeigt bekamen, war zwiespältig. Zum einen legte das im Dax enthaltene Unternehmen Zahlen vor, die durchaus überzeugen konnten. Zum anderen geriet die Aktie aber unter Druck: Im Handelsverlauf gab der Kurs in der Spitze um 9,9% auf 41,15 Euro nach. Einige Branchenexperten monierten die weiterhin verhaltene Entwicklung auf dem wichtigsten Markt für FMC: den USA. Die Analysten von JP Morgan verwiesen zudem auf die Erwartung von Investoren, dass Großaktionär Fresenius FMC-Aktien platzieren könnte. Fresenius war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Fresenius hatte seinen Anteil an FMC in den vergangenen Monaten bereits von 32,2% auf 28,55% reduziert und plant, ihn perspektivisch auf rund 25% zu verringern. Investoren befürchten, dass künftige Verkäufe den Kurs belasten könnten, auch wenn Fresenius betont, langfristig größter Aktionär bleiben zu wollen.

Organisch um 10 Prozent gewachsen

Tatsächlich übertraf der Blutwäschespezialist mit seinen Quartalszahlen in fast jeder Hinsicht die Konsensschätzungen. „Wir haben immer gesagt, dass die zweite Jahreshälfte stärker ausfallen wird als die erste“, sagte Vorstandschefin Helen Giza der Nachrichtenagentur Reuters. Den Angaben zufolge kletterte der Umsatz im Vergleich zur Vorjahreszeit um 3% auf 4,89 Mrd. Euro, wobei negative Wechselkurseffekte den Anstieg dämpften. Zu konstanten Wechselkursen und bereinigt um Zu- und Verkäufe von Unternehmensteilen sowie um die Zahl der Dialysetage habe sich ein organisches Umsatzplus von 10% ergeben.

In den USA trat das organische Behandlungswachstum im dritten Quartal mit 0,1% weiter auf der Stelle. Auf seinem größten Markt hat der Konzern u.a. mit Preisdruck und einer hohen Sterblichkeit unter den Dialysepatienten zu kämpfen. Mit dem Miniwachstum hob sich FMC aber von seinem größten US-Konkurrenten DaVita ab, der für den selben Zeitraum einen Rückgang von 0,6% mitgeteilt und seine Gewinnerwartungen verfehlt hatte. CEO Giza betonte jedoch, dass die Nachwirkungen der Patientenverluste zu Jahresbeginn das Wachstum weiterhin bremsten. Als Vorkehrung für die nächste Grippesaison seien bereits 74% der Patienten geimpft – ein leicht besserer Wert als im Vorjahr.

Im Sommer hatte FMC wegen der Folgen einer schweren Grippesaison die Erwartungen an den US-Markt gesenkt und für das Gesamtjahr stagnierende bis leicht positive Behandlungszahlen in Aussicht gestellt. Langfristig hält Giza aber am Ziel fest, wieder zu Wachstumsraten von über 2% zurückzukehren.

Sparprogramm zeigt Wirkung

Unternehmenskenner lobten das Sparprogramm von FMC, das im dritten Quartal spürbare Kostensenkungen beschert und zu überraschend hohen Ergebnissen geführt hatte. Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit) kletterte im Jahresvergleich um 22% auf 574 Mill. Euro. Analysten hatten gemäß einer von FMC angegebenen Konsensschätzung 550 Mill. Euro erwartet.

Treiber der positiven Gewinnentwicklung seien deutliche operative Verbesserungen im Produktgeschäft (plus 43% auf 87 Mill.) gewesen; dieses habe neben den Einsparungen von höheren verkauften Mengen und gestiegenen Preisen profitiert. Dem entgegen stand zwar ein Gewinnrückgang im Geschäft mit Gesundheitsdienstleistungen rund um die Dialyse (minus 8% auf 419 Mill.); bereinigt um Sondereffekte habe aber auch dieser Bereich zugelegt (plus 7% auf 493 Mill.). Das Geschäft mit leistungsbasierten Gesundheitsprogrammen (Value Based Care) lieferte allerdings ein – wenn auch reduziertes – Minus von 22 (i.V. 37) Mill. Euro.

„Ich ziele nie auf das unter Ende“

Die operative Ergebnismarge verbesserte sich im dritten Quartal deutlich auf 11,7 (i.V. 9,9)% und erreichte damit das obere Ende der für das Gesamtjahr angepeilten Spanne von 11 bis 12%. Die FMC-Vorstandschefin erklärte, sie habe die Prognosespanne für das operative Ergebnis bewusst nicht eingeengt. „Ich ziele nie auf das untere Ende“, sagte sie aber. Unter dem Strich sprang der auf die Aktionäre entfallende Gewinn um 29% auf 275 Mill. Euro.

Graham Doyle, Analyst von UBS, der zum Verkauf der FMC-Aktie rät und ein Kursziel von 38 Euro setzt, räumt zwar ebenso wie sein Kollege David Adlington von JP Morgan ein, dass das bereinigte Ebit die Erwartungen übertroffen habe, stellt aber die Nachhaltigkeit der Entwicklung infrage. Zudem weist er darauf hin, dass die Behandlungszahlen des Dialysekonzerns in den USA mau geblieben seien. Analyst Adlington von JP Morgan empfiehlt, die FMC-Aktie unterzugewichten, und nennt ein Kursziel von 41,50 Euro.

Starker Ergebnisanstieg avisiert

Für das Gesamtjahr stellt das Management weiter einen währungsbereinigten Anstieg des operativen Ergebnisses im hohen Zehner- bis hohen Zwanziger-Prozentbereich in Aussicht. Der Umsatz soll – bereinigt um die Effekte durch Wechselkursveränderungen – im niedrigen einstelligen Prozentbereich wachsen. „Wir sind im Jahr 2025 auf einem hervorragenden Weg, unsere Versprechen zu erfüllen“, sagte CEO Giza.

Umbau durch CEO Giza erfolgreich

FMC hatte in der Zeit der Corona-Pandemie mehrere Gewinnwarnungen veröffentlicht. Im Dezember 2022 war Giza an die Spitze des Unternehmens gerückt. Seither hat sie FMC kräftig umgebaut.

Helen Giza (Jahrgang 1968), CEO von Fresenius Medical Care; bestellt bis zum 15. März 2017. Die Vorstandschefin mit doppelter Staatsbürgerschaft (Großbritannien, USA) kam am 1. November 2019 zu FMC, wo sie zunächst als CFO tätig war. Seit 2022 ist Giza CEO.
Foto: Fresenius Medical Care

Giza strich Tausende von Stellen, ordnete Strukturen neu, stellte Arbeitsabläufe, Netzwerke und Logistik effizienter auf und veräußerte unrentable Kliniken und Randbereiche. Im dritten Quartal wurde u.a. der Verkauf der Klinikbetriebe in Brasilien und Malaysia abgeschlossen.

Nach neun Monaten des Jahres sind laut den Angaben bereits 174 Mill. Euro der für das Gesamtjahr geplanten Einsparungen von rund 180 Mill. Euro realisiert worden. Im Sommer hatte das Management beim Sparprogramm noch einmal nachgelegt: Bis Ende 2027 sollen die jährlichen Kosten nachhaltig um 1,05 Mrd. Euro sinken.

Fresenius-Anteil ist 3,5 Mrd. Euro wert

Mit knapp 42 Euro kostet die FMC-Aktie weniger als halb so viel wie beim Anfang 2018 erreichten Rekordhoch von rund 93 Euro. Die Marktkapitalisierung liegt bei 12 Mrd. Euro. Der Anteil, den der Mutterkonzern Fresenius hält, beträgt demnach etwa 3,5 Mrd. Euro. Auf die 20 größten institutionellen Investoren entfallen nach Angaben von FMC vom Jahresanfang circa 63% des identifizierten Streubesitzes (92% der damals insgesamt 67,8%).

Fresenius Medical Care hat mit den Quartalszahlen die Konsensschätzungen übertroffen. Mit dem Kurs des Dialyseanbieters ging es dennoch um fast 10% bergab. Grund war das maue Geschäft in den USA, dem für FMC wichtigsten Markt, und die Vermutung von Investoren, dass Großaktionär Fresenius weitere FMC-Aktien platzieren wird.