Medizintechnik soll 2018 an die Börse
Siemens will die Sparte Medizintechnik auf dem Weg eines Initial Public Offering (IPO) an die Börse führen. Damit präzisierte der Konzern anlässlich der Vorlage der Neunmonatszahlen seine Pläne. Die Notierung des Minderheitenanteils soll in der ersten Hälfte 2018 stattfinden. Das Management liebäugelt mit einem Listing in den USA.mic München – Mit dem Startschuss für ein Initial Public Offering (IPO) beendet Siemens das Rätselraten, auf welchem Weg die Notierung der Medizintechnik erreicht werden soll. Der Konzern hatte das Listing Ende vergangenen Jahres angekündigt. Die Option, dies beispielsweise durch die Fusion mit einer schon notierten Aktiengesellschaft oder einer Abspaltung zu realisieren, wird mit der jetzigen Entscheidung verworfen. Der verantwortliche Vorstand Michael Sen machte im Gespräch mit Analysten klar, dass Alternativen nicht mehr verfolgt werden und das IPO feststeht: “Das ist der Weg.”Der Börsengang soll Sen zufolge in der ersten Hälfte 2018 stattfinden. Volumen und IPO-Technik legte er nicht offen. Der Vorstand erklärte lediglich, der Konzern wolle eine Minderheit der Sparte, die unter dem Namen Healthineers firmiert, abgeben. Offenbar ist an einen substanziellen Prozentsatz gedacht. Die Liquidität müsse groß genug sein, damit potenzielle Investoren Interesse dafür hätten. Es werde einer der größeren Börsengänge: “Da wird in absoluten Werten ein gewaltiger Block über die Bücher in den Markt gehen.”Unterschiedliche Research-Häuser gestanden der Medizintechnik in den vergangenen zwölf Monaten – und damit weitgehend unbeeinflusst vom konkreten IPO-Plan – relativ konstant einen Unternehmenswert (Enterprise Value) von gut 30 Mrd. Euro zu. Credit Suisse errechnete im vergangenen September 32 Mrd. Euro von einem Siemens-Gesamtwert von 105 Mrd. Euro, J.P. Morgan kam im Oktober auf 33 Mrd. Euro von 106 Mrd. Euro und UBS im Januar auf 32 Mrd. von rund 120 Mrd. Euro. Im vergangenen Geschäftsjahr erlöste die Medizintechnik 13,5 Mrd. Euro und erwirtschaftete einen operativen Gewinn von 2,3 Mrd. Euro. Im dritten Quartal 2016/2017 legte der Umsatz bereinigt um Währungs- und Portfolioeffekte um 4 % auf 3,4 Mrd. Euro zu. Die Marge, bereinigt um die Kosten für den Personalabbau, stieg von 16,9 % auf 17,5 % (siehe Grafik). Gretchenfrage MehrheitSiemens vermied ein Bekenntnis, auch längerfristig Mehrheitsaktionär zu bleiben. Vorstandsvorsitzender Joe Kaeser sagte auf eine entsprechende Frage nur, Siemens wolle eine “solide Einflussnahme” haben. Auch Sen zog sich auf eine derartige Formel zurück: “Wir werden den Einfluss behalten, und zwar auch mittelfristig.” Dies allerdings wäre auch mit einem substanziellen Minderheitsanteil möglich.Die Siemens-Sprachregelung in diesem Punkt changiert. Finanzvorstand Ralf Thomas hatte rund um die Pressekonferenz im vergangenen November, als die Börsennotierung angekündigt wurde, auch auf mehrfaches Nachfragen jede Festlegung vermieden, dass Siemens die Mehrheit behalte. Kaeser dagegen zementierte in der anschließenden Analystenkonferenz schon in seinem Eingangsstatement diese Position – die nun nicht wiederholt wurde.Die Wahl des Börsenplatzes sei noch nicht gefallen, sagte Sen. Er fügte aber hinzu, die meisten Vergleichsunternehmen seien in den USA gelistet. Außerdem solle die Aktie eine sehr gute Research-Coverage erhalten, um die Liquidität im Aktienhandel zu sichern. Somit scheint das Management mit einem US-Listing zu liebäugeln. Für eine Aussage über eine Verwendung der erlösten Mittel sei es noch zu früh, sagte Sen. Die Kapitalstruktur habe zu reflektieren, dass das Geschäft durch Innovation getrieben und auf Wachstum ausgerichtet sei. Zugpferd neue ProdukteMit Blick auf die Equity Story betonte Sen, dass in nahezu allen Geschäftsfeldern neue und zum Teil bahnbrechende Produkt- und Plattformgenerationen an Zugkraft gewännen. Er spielte damit vor allem auf das Labordiagnostikgeschäft an. Dort seien die ersten Kundenreaktionen auf die Markteinführung der Plattform Atellica “hochmotivierend”. Der europäische Marktstart findet im laufenden Quartal statt, eine weltweite Präsenz wird erst 2019 erwartet. Die Vorgängerplattformen hatten die Erwartungen nie erfüllt.Die Sparte hat Sen zufolge eine “Healthineers Strategy 2025” beschlossen, die fünf Zukunftsfelder definiert habe: den Ausbau von Datenplattformen (Digital, Data and Artificial Intelligence), die Bündelung von klinischen Daten verschiedener Herkunft (Precision Medicine), therapeutische Innovationen durch Nutzung der Daten (Therapy of Tomorrow), die Optimierung der Patientenbegleitung im Zeitverlauf (Patient Journey Steward) und die Entwicklung zusätzlicher klinischer Dienstleistungen (Technology Enabled Services). Dies seien keine Felder, die eine Akquisitionszielliste darstellten, sagte Sen. Den Ausbau plane die Sparte in drei Schritten: zuerst Stärkung des Kerngeschäfts, dann Fokus auf angrenzende Wachstumsmärkte in einer Ausbau-Phase und daraufhin neues Wachstum.