PUSH-OUT SCORE

"Meine Frau und ich sind uns einig"

Zalando-Co-CEO Rubin Ritter hört auf die höchste Instanz - Drei Fragen bleiben offen

"Meine Frau und ich sind uns einig"

ds Frankfurt – Es gibt viele wunderschöne Standardfloskeln, mit denen CEO-Abgänge begründet werden. Bosse gehen, um “andere Möglichkeiten zu verfolgen” oder um “mehr Zeit mit der Familie zu verbringen”. Meist dienen solche Phrasen dazu, einen Rauswurf zu übertünchen. Zalando-Co-CEO Rubin Ritter hat eine coolere Begründung. Glaubt man der offiziellen Abtrittsmitteilung, hat sich Ritter bei seiner Zukunftsplanung offenbar nicht mit seiner Aufsichtsratschefin beraten, sondern mit einer höheren Instanz: seiner Frau.”Meine Frau und ich”, erklärt Ritter, “sind uns einig, dass in den kommenden Jahren ihr Beruf Priorität haben soll.” Er wolle sich unterdessen mehr seiner “wachsenden Familie widmen” und wünsche sich zugleich “mehr Freiraum, neue Interessen jenseits von Zalando zu verfolgen”. Und deshalb hatte Ritter, so war der Mitteilung von Zalando zu entnehmen, am 6. Dezember, dem Nikolaustag, der auf einen Sonntag fiel, Aufsichtsratschefin Cristina Stenbeck “über seinen Wunsch informiert, seine Vorstandstätigkeit zur ordentlichen Hauptversammlung 2021 zu beenden”.Darf man ihm das uneingeschränkt glauben? Oder könnten auch weitere Gründe hinter Ritters Rückzug stehen? Das Analysemodell Push-out Score des Forschungsdienstleisters Exechange (siehe Fußnote oben), das den Druck auf ausscheidende CEOs auf einer Skala von 0 bis 10 misst, zeigt zu dem Fall einen Wert von 3 an, was auf einen freiwilligen Abtritt hindeutet.Die meisten Faktoren zeigen einen glatten Wechsel an. Erstens ist die Ankündigungsfrist üppig, zweitens ist die Dauer von Ritters Amtszeit als Co-CEO von 11 Jahren tadellos, drittens folgt die Ankündigung auf eine Aktienkursverdopplung seit Dezember 2019, viertens geht es dem Corona-Profiteur Zalando blendend, fünftens und sechstens sind Form und Sprache der Meldung in Ordnung (Ritter erhält reichlich Lobes- und Dankesworte von seiner Aufsichtsratschefin sowie den beiden weiteren Co-CEOs; zudem wird sein Abgang explizit bedauert).Dennoch zeigt Ritters Abtritt drei Schwachpunkte. Erstens liegen die genauen Zukunftspläne des 38-Jährigen im Dunkeln. Zweitens ist der genannte Abtrittsgrund weder eindeutig noch verifizierbar. Drittens bleibt offen, ob, wann und wie sein Posten als Co-CEO wiederbesetzt wird – und wenn nicht, wieso nicht. So bleiben Fragen.Könnten bei Ritters Abgang auch Differenzen im Spiel sein? Ist er vielleicht nach elf Jahren an der Spitze von Zalando seiner Aufgabe überdrüssig? Fehlt ihm familiärer Rückhalt? Nichts davon kann kategorisch ausgeschlossen werden, so dass Restzweifel bleiben, ob die offiziell genannten Gründe die einzigen sind.Auf alle Fälle ist Ritter mit seiner ungewöhnlichen Abtrittsmitteilung ein echter PR-Coup gelungen. Und die Tatsache, dass einer der Co-Chefs des Onlinehändlers zurücktritt, um seiner Frau den Vortritt zu lassen, dürfte bei der weiblichen Zalando-Kundschaft ganz sicher gut ankommen. Die “Bild”-Zeitung titelte denn auch: “Zalando-Boss wirft hin – aus Liebe!”