Pharmakonzern

Merck beugt sich dem Druck von Trump

Der Darmstädter Pharmakonzern Merck hat in den USA einen Deal ausgehandelt, um sich von möglichen Zöllen auf seine Pharmaprodukte befreien zu lassen. Die US-Tochter EMD Serono will dafür nicht nur ihre Preise für Behandlungen zur künstlichen Befruchtung senken, sondern auch in die biopharmazeutische Herstellung in den USA investieren.

Merck beugt sich dem Druck von Trump

Merck beugt sich dem Druck von Trump

Darmstädter Pharmakonzern will US-Preise für Fruchtbarkeitsmedikamente senken und verspricht Investitionen in biopharmazeutische US-Produktion

Der Pharmakonzern Merck hat in den USA einen Deal ausgehandelt, um sich von möglichen Zöllen auf seine pharmazeutischen Produkte befreien zu lassen. Die US-Tochter EMD Serono will dafür nicht nur ihre Preise für Behandlungen zur künstlichen Befruchtung senken, sondern auch in die US-Produktion investieren.

kro Frankfurt

Der Darmstädter Pharma- und Technologiekonzern Merck hat mit dem selbsternannten „Befruchtungs-Präsidenten“ Donald Trump einen Deal ausgehandelt, um möglichen US-Zöllen auf seine Medikamente zu entgehen. In den USA, wo Merck im Healthcare-Geschäft unter dem Firmennamen EMD Serono agiert, will das Unternehmen Patientinnen das gesamte Portfolio an In-Vitro-Fertilisations-Therapien – also Behandlungen zur künstlichen Befruchtung – deutlich günstiger anbieten, teilte der Dax-Konzern mit.

Als Beispiel nennt Merck die Medikamente Gonal-F, Ovidrel und Cetrotide. Diese werden Frauen im Rahmen einer Hormonbehandlung in einer bestimmten Reihenfolge und meist als Fertigspritze verabreicht. In der kombinierten Anwendung erhalten US-Patienten "einen Rabatt von 84% bezogen auf die Listenpreise“, teilte Merck weiter mit.

Um die günstigeren Preise zu ermöglichen, will EMD Serono die Plattform Trump.Rx nutzen, die der US-Präsident Anfang Oktober angekündigt hatte. Über die staatliche Plattform sollen Patienten von 2026 an Medikamente direkt kaufen und Zwischenhändler dabei umgehen können – das soll die Preise drücken. Mercks Rivalen Pfizer und AstraZeneca hatten zuletzt ebenfalls angekündigt, die Plattform zu nutzen. Insgesamt 17 Pharmakonzerne hatte Trump im Juli per Brief aufgefordert, die im internationalen Vergleich hohen Medikamentenpreise in den USA zu senken.

Know-how aus der Schweiz

Einen besonderen Fokus legt Trump dabei schon seit einiger Zeit auf das Thema künstliche Befruchtung. Im Februar hatte er per Dekret angeordnet, dass Frauen der Zugang zu In-Vitro-Befruchtungen (IVF) erleichtert und die Kosten für solche Therapien gesenkt werden sollen. Im Wahlkampf 2024 nannte er sich selbst den „Vater von IVF“, später kam noch die Bezeichnung „Befruchtungs-Präsident“ hinzu. Auf einer Pressekonferenz zur Verkündung des Deals mit Merck sprach Trump nun davon, dass das Ergebnis zu „gesünderen Schwangerschaften, gesünderen Babys und viel mehr schönen amerikanischen Kindern“ führen werde.

Merck gehört heute zu den weltweit größten Anbietern von Fertilitätsmedikamenten. Der Konzern hatte 2006 das Schweizer Biotech-Unternehmen Serono in einem Milliardendeal übernommen. Die Schweizer galten damals als führend in der Reproduktionsmedizin – Gonal-F war ihr zweitgrößter Umsatzbringer.

Bei Merck macht das Geschäft mit Fertilitätsmedikamenten nun seit einigen Jahren etwa ein Fünftel vom gesamten Pharmageschäft aus, für das sich die Darmstädter in den USA jetzt eine komplette Befreiung von möglichen branchenspezifischen Zöllen ausgehandelt haben. Dafür haben sie auch zugesagt, künftig in die biopharmazeutische Herstellung und Forschung in den USA zu investieren. Man sei "entschlossen, unsere Präsenz durch die künftige Herstellung von Produkten unseres Portfolios an Fertilitätsmedikamenten vor Ort weiter auszubauen“, sagte Merck-Chefin Belén Garijo.

Die Entwicklung und Produktion der Fertilitätsmedikamente von Merck findet heute laut einem Unternehmenssprecher überwiegend noch in der Schweiz statt. Von 2019 bis 2023 hatte der Konzern 150 Mill. Euro in den Ausbau seiner Kapazitäten am Standort Aubonne in der westlichen Schweiz investiert. Die Schweiz sei der „wichtigste Standort von Merck zur Herstellung von Biopharmazeutika“, hieß es damals. Ende 2024 beschäftigte Merck über alle Konzernbereiche hinweg 2.632 Mitarbeitende in der Schweiz.

Warnung vor Exodus in die USA

Merck ist nicht das einzige europäische Pharmaunternehmen, das seine Produktion in den USA nun ausbauen will. So haben Roche, Novartis, Sanofi und AstraZeneca in den vergangenen Monaten ebenfalls angekündigt, in den Vereinigten Staaten zu investieren – und zwar in Milliardenhöhe. Wegen der US-Zollpläne hatte die Branche in Europa zuletzt gewarnt, dass es zu einem Exodus der Unternehmen in die USA kommen könnte.

Wie sich die Pläne von Merck in den USA auf die Produktion in der Schweiz auswirken werden, sei bislang noch nicht abzusehen, sagte ein Sprecher. Die Entscheidung von EMD Serono zur Senkung der US-Preise für Fertilitätsmedikamente werde zudem keine Auswirkungen auf die Bepreisung und Verfügbarkeit der Medikamente in anderen Märkten haben. In den neuen Mittelfristzielen sei die Entscheidung zudem bereits berücksichtigt.

Beschleunigte Prüfung in den USA

Merck hat auch noch andere Fruchtbarkeitsmedikamente im Portfolio. Eines heißt Pergoveris und ist bereits in 74 Ländern zugelassen. In den USA fehlt die Zulassung bislang, weswegen EMD nun eine beschleunigte Prüfung durch die dortige Arzneimittelbehörde beantragen will.