MFE erhält Banken-Hilfe für Übernahme von ProSiebenSat.1
Reuters Mailand
Der italienische ProSiebenSat.1-Großaktionär MFE hat Insidern zufolge in den vergangenen Monaten mit Banken über die Finanzierung einer Übernahme des deutschen Fernsehkonzerns verhandelt. Es gehe darum, ein potenzielles Übernahmeangebot von ProSieben für bis zu rund 4 Mrd. Euro zu finanzieren, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von mit der Sache vertrauten Personen und aus Dokumenten dazu. Ein Vertreter von MFE lehnte eine Stellungnahme ab. Auch ProSiebenSat.1 äußerte sich nicht. Den nächsten Höhepunkt in dem Machtkampf dürfte es zur ProSieben-Hauptversammlung am 30. April geben.
Abspaltung des Dating- und E-Commerce-Geschäfts
Die von der Familie Berlusconi kontrollierte Holding MFE plädiert dafür, eine Abspaltung des Dating- und E-Commerce-Geschäfts vom Kerngeschäft Unterhaltung zu prüfen und vorzubereiten. Das würde es für MFE attraktiver machen, ProSiebenSat.1 zu übernehmen. Obwohl es derzeit keine konkreten Pläne für eine Übernahme gibt, führte MFE-MediaForEurope Ende vorigen Jahres und Anfang 2024 Gespräche mit Kreditgebern, die an der Finanzierung einer möglichen Übernahme von ProSieben als Ganzem interessiert wären und dies auch unterstützen würden, wie die von Reuters eingesehenen Dokumente zeigten.
Bank of America, Deutsche Bank und Unicredit genannt
Die Bank of America, die Deutsche Bank und Unicredit würden sowohl ein Übernahmeangebot für ProSieben-Aktien unterstützen als auch ein dann womöglich notwendiges Refinanzieren von Schulden, wie aus den Papieren hervorgeht. Alle drei Banken lehnten eine Stellungnahme ab.
Unicredit und die Bank of America boten jeweils an, 100% eines möglichen Deals mit Zusagen von bis zu 3,7 Mrd. Euro beziehungsweise 3,2 Mrd. Euro abzudecken, wie aus den Unterlagen hervorgeht. Einem separaten Dokument zufolge würde die Deutsche Bank 50% eines Deals übernehmen, dessen Wert sie auf vier Mrd. Euro schätzt.
ProSiebenSat.1 startete derweil gut ins Jahr und steigerte seinen Umsatz im ersten Quartal im Jahresvergleich um 6% auf 867 Mill. Euro, wie der Konzern am Montagabend auf Basis vorläufiger Geschäftszahlen mitteilte. „Dazu trug die Erholung der TV-Werbeerlöse wesentlich bei.“ Außerhalb des Kerngeschäfts entwickelten sich demnach auch das Online-Vergleichsportal Verivox sowie der Online-Kosmetik-Händler Flaconi sehr positiv. Für beide Töchter hat das Unternehmen einen auch von MFE geforderten Verkaufsprozess gestartet. Der bereinigte operative Gewinn (Ebitda) kletterte trotz des angekündigten Anstiegs der Programmaufwendungen um 35% auf 72 Mill. Euro. Dabei habe sich ein konsequentes Kostenmanagement positiv ausgewirkt.
„Der Werbemarkt hat sich zum Jahresbeginn leicht erholt und wir haben sowohl unsere TV- als auch unsere digitalen und smarten Werbeerlöse in der DACH-Region gesteigert“, sagte Finanzchef Martin Mildner. Der Geschäftsverlauf im ersten Quartal liege im Rahmen der Gesamtjahresziele für 2024.
Vorschläge zum Konzernumbau schieben Aktien an
MFE ist 2019 bei den Bayern eingestiegen und hält als größter Aktionär inzwischen fast 30% an ProSiebenSat.1. Die übrigen 70% sind zu aktuellen Marktpreisen rund 1,2 Mrd. Euro wert. Die Aktien des bayerischen Konzerns, die in den vorigen drei Jahren um fast 60% gefallen waren, kletterten um rund 20%, seit die Italiener eine Aufspaltung der Senderkette vorgeschlagen haben. Nach dem Reuters-Bericht bauten die ProSieben-Papiere ihre Gewinne aus und schlossen rund 3% im Plus.
Darüber hinaus hat ProSieben Schulden von rund 2,1 Mrd. Euro. Diese müssten womöglich refinanziert werden, wenn ein Dritter mehr als 50% der Stimmrechte an ProSiebenSat.1 übernimmt. Denn dann könnten Gläubiger Kredite fällig stellen und eine Rückzahlung verlangen.