MFE verbaut den Weg von ProSiebenSat.1 zu neuem Kapital
MFE verbaut Weg von ProSiebenSat.1 zu Eigenkapital
Tagesordnungspunkt scheitert in Hauptversammlung erneut an Großaktionär – Scheidender Aufsichtsratschef Wiele regt Änderung des Übernahmerechts an
ProSiebenSat.1 hat von den Aktionären kein neues genehmigtes Kapital erhalten. Die Hauptversammlung lehnte auch den Erwerb eigener Aktien ab. Der Streubesitz hatte zuvor an die beiden Großaktionäre appelliert, an einem Strang zu ziehen. Der scheidende Aufsichtsratschef Andreas Wiele kritisierte das Übernahmerecht.
mic München
ProSiebenSat.1 erhält kein neues genehmigtes Kapital. Die Aktionäre lehnten den Antrag auf der Online-Hauptversammlung (HV) mit einer Zustimmungsquote von nur 47,6% ab. Der Vorstand unter seinem Vorsitzenden Bert Habets verfügt damit über keine Ermächtigung zur Erhöhung des Grundkapitals. Schon im Vorjahr war ein entsprechender Beschluss abgelehnt worden.
Eigentlich wollte die Verwaltung sich ein genehmigtes Kapital in Höhe von 20% des Grundkapitals absegnen lassen. Auch die Möglichkeit zum Erwerb eigener Aktien bzw. zum Einsatz von Derivaten wurde abgeschmettert, diese zwei Anträge erhielt nur gut 51% Zustimmung.
PPF stimmte zu
Bei dem bayerischen Medienkonzern verfolgen der italienische Medienkonzern Media for Europa (MFE, Anteil gut 30%) und die tschechische Beteiligungsgesellschaft PPF (Anteil 15%) unterschiedliche Strategien. Unter anderem dringt MFE auf einen zügigen Verkauf jener Beteiligungen, die nicht zum Kerngeschäft gehören. Dagegen will PPF dem Management mehr Zeit einräumen, die Verschuldung zu reduzieren, um die Beteiligungen nicht unter Wert abzugeben.
Während sich kein MFE-Sprecher bei dem viereinhalbstündigen Aktionärstreffen zu Wort meldete, fiel der PPF-Investmentdirektor Kasper Taczek mit einer Befürwortung neuen Kapitals auf. Die Transformation erfordere möglicherweise zusätzliches Eigenkapital, erklärte er in seinem Redebeitrag. Ein PPF-Sprecher erklärte nach Ende der Veranstaltung, man habe allen Tagesordnungspunkten zugestimmt. MFE erklärte, das Management habe einige der Hinweise von seinem größten Anteilseigner nicht berücksichtigt. MFE habe entsprechend konsequent abgestimmt, hieß es.
Der scheidende Aufsichtsratschef Andreas Wiele wollte die Ablehnung nicht überbewertet wissen. Man könne sich im Wesentlichen über die Abstimmungsergebnisse freuen, sagte er kurz vor Ende der Veranstaltung: „Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“
„An einem Strang ziehen“
Mit Blick auf die hohen Zustimmungsquoten hatte er bereits zuvor gesagt, angesichts der „kommunistischen Abstimmungsergebnisse“ wolle er darauf hinweisen, dass man sich nicht in Moskau, sondern München befinde. Maria Kyriacou (54), die nach der Hauptversammlung zur neuen Aufsichtsratsvorsitzenden von ProSiebenSat.1 gewählt wurde, erhielt eine Zustimmung von 98,4%.
Der Streubesitz hatte die beiden Großaktionäre in der Rederunde vor der Abstimmung zu einem koordinierten Vorgehen aufgefordert. Daniela Bergdolt, Vizepräsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sagte: „Ziehen Sie an einem Strang für die Entwicklung von ProSiebenSat.1, der Markt ist nämlich schon schwierig genug.“ Man brauche nicht noch Streitigkeiten unter den Aktionären. Paul Petzelberger von der Aktionärsschutzvereinigung SdK sagte, man müsse für einen unabhängigen Aufsichtsrat kämpfen.
Aufsichtsratschef kritisiert MFE
Wiele bedauerte, dass es ihm nicht dauerhaft gelungen sei, den Aktionärskreis zu befrieden – „Obwohl ich viel Zeit und Energie darauf verwandt habe.“ An MFE gewandt äußerte er den Wunsch, dass der Aufsichtsrat das adäquate Gremium sei, in dem mit dem Vorstand über die richtige Strategie diskutiert werden sollte, nicht die Öffentlichkeit: „Das setzt voraus, dass die höchsten Entscheidungsträger aller wesentlichen Aktionärsgruppen persönlich im Aufsichtsrat vertreten sind.“ Er habe das mehrfach angeregt, aber leider bislang ohne Erfolg.
An den Streubesitz im Aktionärskreis gewandt sagte er, nur wer an der HV teilnehme, könne mitbestimmen, etwa bei der wichtigen Besetzung des Aufsichtsrats.
Aktienkurs beschädigt
Sein dritter Wunsch gehe an den Gesetzgeber, sagte Wiele. Anders als in vielen anderen Ländern gebe es im deutschen Übernahmerecht nach Überschreiten der 30%-Hürde keine weitere Verpflichtung mehr, ein Kaufangebot an alle verbleibenden Aktionäre zu machen: „In Kombination mit der geringen Anwesenheit auf der Hauptversammlung hat das zur Folge, dass es für den Aktionär, dem rund 33% der Anteile gehören, keinen wirtschaftlichen Grund gibt, den außenstehenden Anteilseignern ein faires, attraktives Kaufangebot zu machen.“
Damit sei die Gefahr sehr groß, dass dies den Aktienkurs dauerhaft beschädige und damit die Kleinaktionäre um das Wertentwicklungspotenzial ihrer Aktien bringe. Ähnlich wie in Großbritannien könne bei 50% eine weitere Schwelle eingeführt werden, deren Überschreiten zur Abgabe eines erneuten Übernahmeangebots an alle Aktionäre verpflichte.