Übernahme

Microsoft wettet auf digitale Gesundheit

Der amerikanische Softwarekonzern Microsoft will das auf künstliche Intelligenz (KI) und Spracherkennung spezialisierte Unternehmen Nuance Communications für 19,7 Mrd. Dollar in bar übernehmen.

Microsoft wettet auf digitale Gesundheit

nok New York

Der amerikanische Softwarekonzern Microsoft will das auf künstliche Intelligenz (KI) und Spracherkennung spezialisierte Unternehmen Nuance Communications für 19,7 Mrd. Dollar in bar übernehmen. Nach Angaben der Unternehmen zahlt Microsoft 56 Dollar je Nuance-Aktie – das ist ein Aufschlag von 23% gegenüber dem Schlusskurs vom vergangenen Freitag. Der Kaufpreis schließt die Schulden von Nuance ein. Über den möglichen Zukauf kursierten an der Wall Street seit Wochen Gerüchte. Microsoft will mit Nuance vor allem ihre Angebote im Bereich Gesundheit stärken. Für Microsoft wäre es die größte Akquisition seit der Übernahme des sozialen Karriere-Netzwerks Linkedin für mehr als 26 Mrd. Dollar im Jahr 2016.

Nuance bedient Kunden im Gesundheitswesen, im Finanzsektor und in anderen Branchen, in denen viele Unternehmen Microsoft-Produkte einsetzen. Die beiden Unternehmen arbeiten bereits seit 2019 beim Einsatz von intelligenten Assistenten für Arztbesuche zusammen. Mit der Software von Nuance können Ärzte unter anderem Gespräche mit Patienten automatisch aufzeichnen und in elektronische Krankenakten integrieren. Eine andere Anwendung ist Telemedizin, also Arztbesuche über das Internet. Das Produkt für das Gesundheitswesen solle auf Microsofts Cloud-Dienst Azure aufbauen, hieß es damals.

Mit Sitz in Burlington, einem Vorort von Boston, gilt Nuance als Pionier im Bereich Spracherkennung und künstliche Intelligenz. Die Software von Nuance bildete die Grundlage für den bekannten Sprachassistenten Siri von Apple, bevor der kalifornische Technologiekonzern auf eine hauseigene Version umstieg. Nuance hatte bereits 2014 einen möglichen Verkauf erwogen. Damals galten der koreanische Elektronikkonzern Samsung und verschiedene Private-Equity-Firmen als potenzielle Käufer.

Analysten reagierten positiv auf die Ankündigung des Zukaufs. Der Aktienkurs von Microsoft legte im frühen Handel an der Nasdaq leicht zu. Dan Ives, der Microsoft für das Wertpapierhaus Wedbush beobachtet, äußerte sich geradezu begeistert über die Transaktion. Der Nuance-Deal passe der Gesundheitssparte des in Redmond bei Seattle beheimateten Microsoft-Konzerns „wie ein Handschuh“, schrieb er. „Es ist klar, dass Redmond in Sachen Fusionen und Übernahmen in die Offensive geht und das Unternehmen in einer starken Position ist, um aus seiner Position in der Cloud Kapital zu schlagen.“ Unter Cloud – also Datenwolke – versteht man die Bereitstellung von Software oder Rechenleistung über das Internet.

Nach Angaben von Microsoft dürfte die Transaktion den gesamten potenziellen Markt des Unternehmens im Gesundheitswesen auf fast 500 Mrd. Dollar verdoppeln.

Sprachassistenten wie Amazons Alexa oder der Google Assistant erfreuen sich zunehmender Beliebtheit bei Verbrauchern. Microsoft investierte seit Jahren in eigene Sprachsysteme, allerdings mit geringerem Erfolg. Der Konzern kündigte im vergangenen Jahr an, sich mit seinem Sprachassistenten-Angebot auf den Markt für Firmenkunden konzentrieren zu wollen. Microsoft setzt auch in anderen Bereichen auf Wachstum durch Übernahmen. Zuletzt hatte der Konzern sein Videospielgeschäft mit dem Zukauf von Zenimax Media verstärkt.