Milliarden-Kapitallücke bei Orsted lässt RWE noch unbeeindruckt
Orsted braucht riesige Kapitalspritze
US-Meereswindparks von RWE sind in früherem Stadium als die Offshore-Projekte der Dänen
Der Meereswindparkentwickler Orsted schockiert seine Aktionäre. Das Unternehmen plant eine Kapitalerhöhung im Umfang von 8 Mrd. Euro. Damit müssen US-Offshore-Projekte finanziert werden. RWE bleibt davon noch verschont, weil die Projekte der Deutschen in einer früheren Phase stecken.
cru/ab Frankfurt/Köln
Der dänische Staat als Mehrheitseigner zeichnet die 8 Mrd. Euro schwere Kapitalerhöhung von Orsted proportional zu seinem bisherigen Anteil von 50,1%. Vom norwegischen Ölkonzern Equinor, der 10% hält, wird ebenfalls die anteilige Zeichnung erwartet. Was dann am breiten Markt noch unverkauft sein sollte, landet in den Büchern der Investmentbank Morgan Stanley. Der Orsted-Kurs knickte am Montag um zeitweise um 27% auf den niedrigsten Stand seit 2016 ein. Der Börsenwert des Unternehmens hat sich damit seit Oktober 2024 halbiert auf 144 Mrd. dkr.
Die unter der Trump‘schen US-Regierung verschlechterten Renditeerwartungen für Offshore-Windprojekte in den USA haben Orsted, die 30% aller Offshore-Projekte der westlichen Welt entwickelt, finanziell in die Bredouille gebracht. Der eigentlich geplante Teilverkauf des Meereswindpark-Projekts Sunrise Wind bei New York ist an Differenzen über den angemessenen Preis gescheitert. Deshalb muss Orsted jetzt in die Entwicklung des Projekts investieren oder abschreiben. Zwei Drittel der 8 Mrd. Euro schweren Kapitalerhöhung sind für die Entwicklung des Meereswindparks vorgesehen.
„Negative Entwicklung in USA“
Der Konzern teilte mit, „aufgrund der jüngsten negativen Entwicklungen auf dem US-amerikanischen Offshore-Windmarkt sei es „Orsted nicht möglich, die geplante Teilveräußerung und die damit verbundene Projektfinanzierung für sein Offshore-Windprojekt Sunrise zu Bedingungen abzuschließen, die die erforderliche Stärkung der Kapitalstruktur von Orsted zur Unterstützung des Investitionsprogramms und des Geschäftsplans des Unternehmens gewährleisten würden“. Alle Aktien, die nicht von den bestehenden Aktionären durch Ausübung ihres Bezugsrechts oder von anderen berechtigten Investoren gezeichnet werden, sollen vollständig von Morgan Stanley gezeichnet werden, um die Sicherheit zu gewährleisten, dass die Bezugsrechtsemission abgeschlossen wird.

Vorstandschef Rasmus Errboe, der Anfang 2025 die Führung von Orsted übernommen hat, spart Kosten ein, um die Bilanz des Unternehmens wieder auf eine stabile Grundlage zu stellen. Das Unternehmen hat Projekte in Großbritannien und den USA gestrichen, nachdem steigende Kosten und erhöhte Zinssätze das Geschäftsmodell ins Wanken gebracht hatten.
Bei RWE andere Lage
Für RWE stellt sich die Lage in den USA anders dar. Zwar haben die Essener ihre drei Offshore-Projekte, die mit 1,1 Mrd. Euro in den Büchern stehen, auf Eis gelegt. Der große Unterschied zu den Projekten der Dänen ist jedoch, dass sich die Projekte noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium befinden. Der RWE-Kurs reagierte deshalb am Montag zunächst fast gar nicht. Bislang hat sich RWE lediglich die Flächen gesichert und erste Entwicklungsarbeiten gestartet. Aus Sicht von RWE geht es jetzt nur darum, „das Recht für die Entwicklung zu erhalten“, wie Finanzchef Michael Müller kürzlich im Interview der Börsen-Zeitung sagte. Die Pachtverträge laufen bis 2060, eine zeitliche Vorgabe für den Baubeginn gibt es jedoch nicht. „Man muss nachweisen, dass man die Entwicklung betreibt. Das tun wir, allerdings mit sehr überschaubarem Aufwand“, so Müller. An diesen Aussagen habe sich nichts geändert, sagte eine Sprecherin. Am Donnerstag legt RWE den Bericht für das zweite Quartal vor.