Mit Schiedsgerichten geht es schneller
Parteien können für den Fall von Streitigkeiten statt der staatlichen die Schiedsgerichtsbarkeit wählen, welche im Wirtschaftsleben große Bedeutung hat. Gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit sind vor allem folgende Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit festzustellen:In der Regel ist das Verfahren zügiger. Insbesondere bei einer kooperativen Haltung der Parteien, was das Verfahren angeht, kann eine wesentlich zügigere Durchführung des Verfahrens erreicht werden. Anders als beim staatlichen Gericht hat man – wenn nicht anders vereinbart – statt drei Instanzen nur eine Instanz. Meist sachkundigerIn der Regel ist das Schiedsgericht sachkundiger. Bei einem Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern wird je einer von den jeweiligen Parteien und der Vorsitzende meist von den beiden parteibenannten Schiedsrichtern benannt. Durch die Auswahlmöglichkeit können so sachkundige und erfahrene Schiedsrichter ernannt werden. Derartige Sachkunde ist zum Beispiel hilfreich bei Streitigkeiten aus komplexen Unternehmenskäufen, in Bausachen oder im Energiebereich.Das Schiedsgericht tagt – anders als staatliche Gerichte – nicht öffentlich. Darüber hinaus gilt Vertraulichkeit entweder gemäß der Schiedsordnung oder kann zwischen den Parteien vereinbart werden. Gerade sensible Sachverhalte, wie Streit in Familiengesellschaften oder bei delikaten Haftungsfragen, werden gerne Schiedsgerichten anvertraut.Die Parteien können vereinbaren, dass das Verfahren in einer anderen als der deutschen Sprache durchgeführt wird. Gerade Vertragspartner aus dem Ausland, die nicht der deutschen Sprache mächtig sind, möchten eine Sprache angewandt wissen, deren sie mächtig sind. Außerdem lassen sich so erhebliche Kosten für die Übersetzung von Schriftstücken vermeiden. In Deutschland werden viele Schiedsverfahren mit ausländischer Beteiligung in englischer Sprache durchgeführt.In internationalen Sachverhalten geht es nicht nur darum, eine Entscheidung zu bekommen, sondern auch darum, ein Urteil bzw. einen Schiedsspruch gegebenenfalls im Ausland vollstrecken zu können. Dies ist im Verhältnis zu vielen Ländern außerhalb der EU bei Urteilen eines staatlichen Gerichts nicht immer einfach. Aufgrund der New York Convention, der 157 Länder beigetreten sind, sind Schiedssprüche wesentlich häufiger, leichter und sicherer vollstreckbar als Urteile eines staatlichen Gerichts. Deshalb werden grenzüberschreitende Streitigkeiten vorzugsweise bei Schiedsgerichten verhandelt.Parteien streiten gerne auf neutralem Boden. Bei zwei nichtdeutschen Parteien kommt so Deutschland als neutraler Boden für den Sitz eines Schiedsgerichts in Betracht.Die Parteien bestimmen selbst das für sie zur Anwendung kommende Verfahren. Wenn sie sich für Verfahren entscheiden, die durch Institutionen vorgegeben werden wie die International Chamber of Commerce (ICC) oder die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS), kommen deren jeweilige Verfahrensordnungen zur Anwendung. Wenn nichts Besonderes vereinbart ist, bestimmt sich das Schiedsverfahren nach der Zivilprozessordnung (ZPO) und den zusätzlich vereinbarten Absprachen. Ohne besondere Vereinbarung oder Regelung in der ZPO werden die Verfahrensregeln vom Schiedsgericht nach freiem Ermessen bestimmt, was dem Schiedsgericht eine große Flexibilität einräumt.Den Vorteilen stehen auch einige Nachteile gegenüber: Nachteilig ist bei Schiedsverfahren, dass die Einbeziehung Dritter von deren Einverständnis abhängt, während beim staatlichen Zivilprozess die Einbeziehung gesetzlich geregelt ist und keine Freiwilligkeit voraussetzt. Daneben kann man es als Nachteil empfinden, dass ein Schiedsgericht nicht die Machtmittel eines staatlichen Gerichts hat, was sich zum Beispiel bei der Ladung von Zeugen auswirkt. Ein Schiedsgericht muss auf die Hilfe des staatlichen Gerichts zurückgreifen, wenn die Mitwirkung von Zeugen nicht freiwillig geschieht.Die Kosten des Schiedsgerichts werden von den vereinbarten Schiedsgerichtsinstitutionen vorgegeben; bei der ICC und der DIS sind sie wertabhängig. Wenn keine Institution vereinbart und das Honorar der Schiedsrichter nicht individuell ausgehandelt wird, werden typischerweise andere Kostenordnungen analog herangezogen. Die Kosten eines Schiedsgerichts sind zwar typischerweise höher als die Kosten einer Instanz im staatlichen Zivilprozess, aber in der Regel niedriger bei Berücksichtigung von zwei oder drei Instanzen der staatlichen Gerichtsbarkeit.Grundsätzlich gibt es gegen eine Entscheidung des Schiedsgerichts keine Berufung oder Revision. Allerdings kann man beim zuständigen Oberlandesgericht Aufhebung eines Schiedsspruchs beantragen, wenn schwerwiegende, in der ZPO und der New York Convention enumerativ aufgeführte Gründe vorliegen, zum Beispiel Unzuständigkeit des Schiedsgerichts, Verstoß gegen das rechtliche Gehör, Befangenheit eines Schiedsrichters, fehlende Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes oder Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (“ordre public”). Schriftform erforderlichWichtig ist, dass man bei Vereinbarung des Schiedsgerichts die Form wahrt. Sie kann nicht wirksam mündlich vereinbart werden, sondern muss dokumentiert sein. Empfehlenswert sind Formulierungen, wie sie zum Beispiel die DIS vorschlägt.Bei Beteiligung von Verbrauchern bedarf es einer eigenhändig unterzeichneten Urkunde, die sich allein auf das schiedsrichterliche Verfahren bezieht, wenn nicht eine notarielle Beurkundung gewählt wird. Der Verbraucherbegriff ist weit: So sind auch Vorstände von Gesellschaften bei den sie betreffenden Verträgen Verbraucher.Prof. Dr. Wilhelm Haarmann ist Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und Partner bei Linklaters LLP in Frankfurt. In dieser Rubrik veröffentlichen wir Kommentare von führenden Vertretern aus der Wirtschafts- und Finanzwelt, aus Politik und Wissenschaft. ——–Von Wilhelm HaarmannWeniger Instanzen, Sachkunde und Vertraulichkeit sprechen in vielen Fällen für die Wahl der Schiedsgerichtsbarkeit.——-