Neuer Stellantis-Chef wird in den USA angesiedelt
Neuer Stellantis-Chef in den USA angesiedelt
Nordamerika gilt derzeit als größte Problemzone der Automobilgruppe – Konzernsitz bleibt in Europa
Der künftige Chef der Opel-Mutter wird sein Büro offiziell in Detroit haben, dem historischen Sitz von Chrysler. Wie sich diese Entscheidung auf die Befindlichkeiten Frankreichs und Italiens auswirken wird, wird sich auch an der Zusammensetzung des Vorstandes zeigen.
wü Paris
Paukenschlag bei Stellantis: Das Machtzentrum der 2021 aus der Fusion von PSA und Fiat Chrysler entstandenen Automobilgruppe verschiebt sich weiter in Richtung USA. Der künftige Chef des Konzerns Antonio Filosa wird in Detroit in den USA angesiedelt sein und nicht wie sein Vorgänger Carlos Tavares in Europa. Stellantis bestätigte gegenüber der Börsen-Zeitung einen entsprechenden Bericht der französischen Wirtschaftszeitung „Les Echos“. Filosa, dessen Berufung von den Aktionären auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 18. Juli offiziell abgesegnet werden soll, ist seit Ende vergangenen Jahres Chief Operating Officer von Nord- und Südamerika.
Die Entscheidung, dass er in den USA bleiben wird, zeigt die strategischen Prioritäten der Opel-Mutter. Filosas Vorgänger Carlos Tavares hatte Anfang Dezember vorzeitig seinen Hut nehmen müssen, nachdem die Gruppe Anleger im September mit einer Gewinnwarnung verschreckt hatte. Sie leidet unter industriellen Überkapazitäten – in Europa, aber vor allem in Nordamerika, dem einst lukrativsten Markt des Konzerns. Intern soll Tavares auch vorgeworfen worden sein, nicht genügend Zeit in den USA verbracht zu haben. Die italienische Regierung hatte zudem immer wieder gestichelt, er vertrete lediglich die französischen Interessen.
Problemzone USA
Chrysler hat seinen historischen Sitz in Detroit. Der amerikanische Autobauer hat neben seinem eigenen Label mit Dodge, Jeep und Ram Trucks insgesamt vier US-Label in die Ehe mit PSA aus Frankreich eingebracht. Insgesamt besitzt Stellantis 14 Automobilmarken. Auch wenn der Umsatz in Nordamerika vergangenes Jahr im Vergleich zu 2023 um 27% eingebrochen ist, ist die Region nach wie vor der größte Markt des Konzerns. Lange war Nordamerika auch am rentabelsten, doch die bereinigte operative Marge dort ist 2024 von 15,4% auf 4,2% geschrumpft, weil hohe auf Lager stehende Autobestände die Preise drückten.

Im ersten Quartal verringerte sich der Nettoumsatz in Nordamerika weiter, von 19,3 Mrd. Euro in der Vorjahreszeit auf 14,4 Mrd. Euro. Der Gesamtumsatz von Stellantis ging vor allem deshalb um 14% auf 35,8 Mrd. Euro zurück. Wegen den durch die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump ausgelösten Unsicherheiten hat Stellantis wie einige ihrer Konkurrenten Ende April die Prognose für das Gesamtjahr einkassiert.
Wappnen für Strafzölle
Filosa, der einen Großteil seiner Karriere in Südamerika gemacht hat, bevor er im September 2023 Chef von Jeep wurde, muss Stellantis nun für die Strafzölle von US-Präsident Trump wappnen. Ex-Chef Tavares hatte versucht, die Produktion der US-Marken nach Mexiko und Kanada zu verlagern. So sollten zwei neue Modelle von Jeep ursprünglich dort hergestellt werden.
Wie aus den Unterlagen der außerordentlichen Hauptversammlung hervorgeht, soll Filosa ein Basisgehalt von 1,8 Mill. Dollar erhalten. Dazu kommen zusätzliche Incentive-Möglichkeiten, so dass der künftige Stellantis-Chef bis 2028 insgesamt bis zu 23 Mill. Dollar verdienen kann, wenn er die Vorgaben erfüllt.
Warten auf den Vorstand
Auch wenn seine Familie in Detroit wohnen bleibe, werde Filosa selber zwischen den Kontinenten pendeln und viel Zeit in Europa verbringen, heißt es im Umfeld von Stellantis. Es sei auch nicht geplant, den Firmensitz der Gruppe von Amsterdam in die USA zu verlegen. Der Automobilkonzern ist sowohl in Mailand und Paris als auch in New York an der Börse notiert. Wie sich die Entscheidung Filosas, in den USA zu bleiben, auf die Befindlichkeiten in Frankreich und Italien auswirkt, muss sich noch zeigen.
Viel wird von der Zusammensetzung des Vorstandes von Filosa abhängen. Bisher ist mit Sébastien Jacquet erst ein neuer Qualitätschef ernannt worden. Größter Aktionär von Stellantis ist Exor, die Holding der italienischen Industriellenfamilie Agnelli mit 15% des Kapitals. Etablissements Peugeot Frères, die Holding der gleichnamigen französischen Familie, hält 7,74% und der französische Staat über die Investmentbank Bpifrance 6,65%.