Autoindustrie

Neuzulassungen von Pkw sinken um ein Drittel

Die Folgen der Chipkrise haben nach Ansicht von EY den Höhepunkt erreicht. Der europäische Herstellerverband Acea fordert derweil, das Ladenetz für E-Autos schneller auszubauen.

Neuzulassungen von Pkw sinken um ein Drittel

jh/ste München/Hamburg

Die Chipkrise in der Autoindustrie hat sich verschärft. Das zeigt die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) für Oktober: Im vergangenen Monat wurden in Deutschland rund 180000 Pkw neu zugelassen. Das waren knapp 35% weniger als vor einem Jahr. Der Branchenverband VDA weist darauf hin, dass die Zahlen zum vierten Mal in Folge gesunken sind. Von Januar bis Oktober wurden 2,2 Millionen Pkw zugelassen. Das ergibt einen Rückgang von 5% im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum.

„Die Auswirkungen des Chipmangels auf den Neuwagenmarkt sind massiv“, so Peter Fuß, Partner des Beratungsunternehmens EY. „Wir befinden uns gerade auf dem Höhepunkt der Krise.“ Im zweiten Krisenjahr seien die Lieferzeiten für Neuwagen extrem lang und Kunden verärgert. „Vor allem im Volumensegment zeigen sich die massiven Folgen des Mangels an Bauteilen, während sich das Premiumsegment noch relativ unbeeindruckt zeigt“, sagt Fuß.

Nach Angaben des KBA gab es in der Oktoberstatistik zwei Ausnahmen: Wohnmobile (plus 2,8%) und die Oberklasse (plus 15,3%) waren die einzigen Segmente mit einem Anstieg. Hersteller wie Mercedes-Benz und BMW bauen die knappen Chips bevorzugt in Oberklasseautos ein, die höhere Margen bringen.

Die Bandbreite unter den Herstellern ist groß: Die Marke BMW verzeichnete hierzulande im Oktober einen Rückgang um 16%, Mercedes um 45% und Audi sogar um fast 58%. Am anderen Ende der Skala gelang Tesla ein Plus von 483% auf 1469 Fahrzeuge. Insgesamt wurden im Oktober 30560 Neuwagen mit reinem Batterieantrieb zugelassen, 32% mehr als vor einem Jahr. Ihr Anteil ist damit auf 17% gestiegen.

Während die auch im vergangenen Monat trotz eines Rückgangs bei den Neuzulassungen anteilsstärkste deutsche Marke Volkswagen (15,8%) am Mittwoch mit dem ID.5 das erste Elektro-SUV-Coupé als nächstes Modell der ID-Fahrzeugfamilie vorstellte, monierte der Verband der europäischen Autohersteller (Acea) den „eklatanten Mangel“ an Ladestationen in Europa. Gegenwärtig könnten nur an sehr wenigen von diesen Ladepunkten Fahrzeugbatterien innerhalb einer akzeptablen Zeitspanne aufladen.

Von den derzeit rund 225000 in der EU verfügbaren öffentlichen Ladestellen seien lediglich 25000 für das Schnellladen geeignet. Nur jede neunte europäische Ladestation, so der Verband, sei eine Schnellladestation mit einer Leistung von mehr als 22 kW. Während das Aufladen eines Elektroautos an einer der restlichen 200000 Low-Tech-Steckdosen bis zu einer ganzen Nacht andauere, könne die Ladezeit mit dem Einsatz eines Hochleistungs-Schnellladegeräts auf weniger als eine Stunde reduziert werden. „Um mehr Bürger davon zu überzeugen, elektrisch zu fahren, müssen wir die ganzen Schwierigkeiten, die mit dem Laden verbunden sind, beseitigen“, betonte Acea-Generaldirektor Eric-Mark Huitema.

Die nationalen Regierungen in der EU und das EU-Parlament arbeiten derzeit an Positionen zu der im Juli von der EU-Kommission vorgeschlagenen Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR). Die AFIR gilt als ein zentraler Bestandteil des europäischen Klimapakets „Fit for 55“, das eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 55% vorsieht. Nach den Vorstellungen der Kommission sollen ab 2035 alle in der EU zugelassenen Neuwagen vollständig emissionsfrei sein.

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