Medikamentenhersteller

Novartis kann nicht überzeugen

Über Sieg oder Niederlage in der Pharmaforschung entscheidet laut Novartis-Chef Vasant Narasimhan künftig, wer auf aussichtsreichen Plattformen forscht. Im vergangenen Jahr war der Verkauf des Roche-Pakets der treibende Faktor beim Gewinn.

Novartis kann nicht überzeugen

dz Zürich

Das Coronavirus hat die Welt der Medikamentenhersteller gehörig durchgeschüttelt. Die zwei Jahre Pandemie haben gereicht, um alte Gewissheiten wie die Entwicklungszeiten für neue Impfstoffe über den Haufen zu werfen. Schlagartig hat der weltweite Kampf gegen das Virus auch neue Grundlagentechnologien wie mRNA ans Licht gezerrt und diesen einen beispiellosen Anwendungsfall geliefert. Die Corona-Erfahrung hat einer breiten Öffentlichkeit vor Augen geführt, dass sich der neue Wettbewerb in der Pharmaindustrie um ganze Technologieplattformen dreht. Über Sieg oder Niederlage in der Pharmaforschung entscheide künftig, wer auf den aussichtsreichsten Plattformen forsche, erklärte Novartis-Chef Vasant Narasimhan am Mittwoch anlässlich der Bilanzpräsentation vor Journalisten. Selbstredend hat sich Novartis eine Führungsrolle in der Plattformstrategie auf die Fahne geschrieben.

Doch zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft beim Schweizer Multi offensichtlich noch eine Lücke. „Natürlich sind wir nicht dort, wo wir sein wollen“, räumte Narasimhan auf die Frage ein, wie er die schwache Aktienkursentwicklung seit seiner Ankunft als CEO Anfang 2018 bewerte (+11%). Indessen zeigte sich der Manager von der optimistischen Seite. Der Patentablauf verschiedener großer Medikamente werden Novartis in den nächsten Jahren zwar Umsatzeinbußen von geschätzten 9 Mrd. Dollar bescheren. Doch es gäbe genügend Nachschub, um den Konzern weiter voranzubringen. Novartis will den Umsatz im kommenden Jahr im mittleren einstelligen Prozentbereich ausweiten und mindestens im Geschäft mit Originalmedikamenten eine überproportionale Steigerung der Profitraten erreichen.

Sondereffekt Roche-Verkauf

Im vergangenen Jahr hat Novartis den Gewinn vor allem dank des Verkaufs seines milliardenschweren Roche-Aktienpakets auf 24,02 Mrd. Dollar verdreifacht und will die Dividende auf 3,10 sfr. je Aktie anheben. Doch die mit Wachstums- und Rentabilitätsproblemen kämpfende Generika-Tochter Sandoz trübt die Aussichten des Arzneimittelherstellers aus Basel. Das Geschäft mit Nachahmermedikamenten steht mit knapp 10 Mrd. Dollar Verkaufserlösen für etwa ein Fünftel des Novartis-Jahresumsatzes, hinkt in puncto Rentabilität dem dominierenden Geschäft mit patentgeschützten Arzneien aber hinter. Zu der im Herbst angekündigten strategische Überprüfung werde es erst im zweiten Halbjahr Neuigkeiten geben, gab Finanzchef Harry Kirsch bekannt. Einem Bericht der „Financial Times“ zufolge stehen Private Equity Investoren mit Angeboten von um die 25 Mrd. Dollar bereits Schlange. Noch ist aber nicht entschieden, ob Novartis das Geld nehmen oder Sandoz abspalten und die Firma den Novartis-Eigentümern quasi als Ausschüttung oder Dividende in die Hände legen will.

Die Anleger zeigten sich von den Aussichten enttäuscht, die rutschte um mehr als 3% auf unter 79 sfr ab. Der positive Kurseffekt, der im Dezember im Anschluss an den Verkauf der Roche-Beteiligung vom angekündigten Aktienrückkauf im Wert von 15 Mrd. Dollar ausgegangen war, verpufft zusehends. Das ist auch nicht überraschend, wenn man sich die langjährige Entwicklung der 20 umsatzstärksten Medikamente vor Augen führt. In einem Vergleich der Ranglisten von 2018 und 2021 sind 16 Produktnamen identisch. Zu den neuen Umsatzspitzenreitern gehört die Therapie Zolgensma, die zur Behandlung einer Muskelkrankheit eingesetzt wird. Das Produkt hatte Novartis 2018 zusammen mit der Erfinderfirma Avexis für 8,7 Mrd. Dollar eingekauft. Inzwischen spielt es einen Jahresumsatz von 1,35 Mrd. Dollar ein. Das als teuerstes Medikament der Welt berühmt gewordene Produkt ist zuletzt nur noch durch die Ausweitung des Vermarktungsgebietes gewachsen. In den USA haben die Verkäufe stagniert. Eine große Enttäuschung wurde das Augenheilmittel Beovu, dem Analysten bei der Lancierung im Jahr 2019 einen Umsatz bis 2021 von 4,4 Mrd. Dollar zugetraut hatten. Geworden sind es gerade 182 Mill. Dollar.

Novartis
Kennzahlen nach IFRS
in Mill. Dollar20212020
Umsatz5162648659
 Sandoz96319646
Betriebsgewinn1168910152
 Sandoz16001043
Sondergewinn aus Roche-Beteiligung15339673
Konzerngewinn 240215972
  je Aktie (Dollar) 10,73,6
Dividende je Aktie (sfr) 3,13
Freier Cash-flow1328211691
Nettoverschuldung86824481
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