Nvidia steckt bis zu 100 Mrd. Dollar in OpenAI
Nvidia steckt bis zu 100 Mrd. Dollar in OpenAI
xaw New York
Chipriese Nvidia trachtet mit gewaltigem Mitteleinsatz danach, den Boom um künstliche Intelligenz zu befeuern. Am Montag kündigte der kalifornische Prozessordesigner an, bis zu 100 Mrd. Dollar in OpenAI investieren zu wollen. Das für seinen Textgenerator ChatGPT bekannte Startup soll mit seinen Rechenzentren im Rahmen des Deals Zugriff auf Nvidia-Systeme mit einer Kapazität von mindestens zehn Gigawatt erhalten, um seine KI-Modelle trainieren und weiterentwickeln zu können – der Energiebedarf entspricht damit dem Verbrauch von 8 Millionen US-Haushalten.
Es handle sich um ein „gigantisches Projekt“, sagte Nvidia-Vorstandschef Jen-Hsun „Jensen“ Huang in einem Interview des Wirtschaftssenders „CNBC“ und bezeichnete OpenAI als „am schnellsten wachsendes Software-Unternehmen der Geschichte“. In einer Mitteilung betonte er, die beiden Unternehmen hätten sich „seit einem Jahrzehnt gegenseitig angetrieben“, nun folge ein neuer Sprung in die „nächste Ära der Intelligenz“.
Zweifel am KI-Boom
Die Partnerschaft stellt damit eine Wette darauf dar, dass leistungsfähigere KI-Modelle mit wachsendem Computing-Bedarf die Ökonomie der Zukunft prägen werden. Zuletzt waren unter Investoren vermehrt Zweifel am realwirtschaftlichen Nutzen der Technologie aufgekommen. Laut einer im August veröffentlichten Studie des renommierten Massachusetts Institute of Technology haben 95% der Pilotprojekte mit künstlicher Intelligenz bisher keinerlei messbaren Einfluss auf die Gewinn- und Verlustrechnung von Unternehmen. Auch OpenAI-CEO Sam Altman sorgte zuletzt für Verunsicherung unter Anlegern. KI bringe zwar „großen Mehrwert für die Gesellschaft“, sagte er Mitte August vor Reportern – allerdings seien Investoren „übermäßig begeistert“. Einige Anleger würden mit KI-Investments wohl „viel Geld verlieren“.

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Am Montag schlug Altman gegenüber „CNBC“ wesentlich positivere Töne an: „Was aus diesem Superhirn kommt, wird auf eine Weise außerordentlich sein, die wir bisher gar nicht gedanklich einordnen können“, sagte der CEO in Bezug auf das gemeinsame Projekt mit Nvidia. Der Chipdesigner will seine Investitionen in das Startup progressiv mit jedem für den Ausbau von Rechenzentren und Computing-Leistung eingesetzten Gigawatt tätigen. Die erste Phase, die auf der Nvidia-Plattform „Vera Rubin“ basiert, soll in der zweiten Jahreshälfte 2026 starten – wobei die beiden Profiteure des KI-Booms die Details ihrer Partnerschaft erst in den kommenden Wochen finalisieren wollen.
Vorläufiger Frieden mit Microsoft
OpenAI hatte gerade erst einen vorläufigen Frieden mit dem bislang wichtigsten Partner Microsoft geschlossen. Zuvor waren die Spannungen zwischen dem Startup und einem seiner größten Geldgeber hochgekocht. Denn der Konzern aus Redmond fürchtete eine zu große Abhängigkeit seiner KI-Strategie von OpenAI und suchte Konkurrenzprodukte zu ChatGPT und anderen Programmen zu entwickeln, zeitgleich aber seinen Status als alleiniger Cloud-Anbieter der Tech-Schmiede und damit seinen exklusiven Zugang zu deren intellektuellen Eigentum zu wahren.

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Die geplante Umwandlung von OpenAI von einer Non-Profit-kontrollierten Struktur in eine gewinnorientierte Public Benefit Corporation sorgte ebenfalls für Reibungen. Denn Microsoft fürchtete wohl einen Einflussverlust, sollte OpenAI sich ohne die bisher existierende harte Deckelung der Gewinnbeteiligung für neue Investoren öffnen können. Anfang September einigten sich die beiden Unternehmen indes auf eine Ausweitung ihrer Partnerschaft, die wohl die Tür zu einer For-Profit-Umwandlung öffnen soll. Die genauen Details sind nicht bekannt, angeblich sollen aber sowohl Microsoft als auch die bisherige Non-Profit-Holding hinter dem Startup Beteiligungen von jeweils 30% an der neu zu schaffenden gewinnorientierten OpenAI erhalten.
Streit um Reorganisation
Die Bundesstaaten Kalifornien und Delaware, in den OpenAI ihren Hauptsitz hat bzw. inkorporiert ist, prüfen derzeit, ob die Neustrukturierung geltendes Recht für gemeinnützige Organisationen verletzt. Mit Milliardär Elon Musk, der das Startup wegen angeblicher Verstöße gegen die Gründungsvereinbarung verklagt hat, der Facebook-Meta Platforms und großen karitativen Einrichtungen sowie Arbeitnehmerverbänden hat die Reorganisation einflussreiche Gegner. OpenAI steht unter Druck, die For-Profit-Umwandlung bis Jahresende abzuschließen, sonst könnten die japanische Technologieholding Softbank und andere Investoren gemäß Bedingungen einer 40 Mrd. Dollar schweren Funding-Runde aus dem März – bei der das Startup mit 300 Mrd. Dollar bewertet wurde – 19 Mrd. Dollar an Mitteln abziehen.

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Nach Angaben von OpenAI und Nvidia soll die Zusammenarbeit komplementär zu bestehenden Kooperationsprojekten mit Microsoft oder dem von US-Präsident Donald Trump orchestrierten „Stargate“-Projekt ablaufen. Im Rahmen von letzterem erklärten OpenAI, Oracle und Softbank zu Jahresbeginn im Weißen Haus, insgesamt 500 Mrd. Dollar in den Ausbau der amerikanischen KI-Infrastruktur stecken zu wollen. Allerdings haben die Partner die notwendigen Finanzierungen bisher nicht gesichert und ihre Ziele für den Bau von Rechenzentren zuletzt deutlich zurückgeschraubt.
Intel-Investment hebt Stimmung
Nvidia hat zuletzt indes mit konkreteren Plänen die Stimmung an der Wall Street gehoben. So kündigte der Chipdesigner in der vergangenen Woche Investitionen von 5 Mrd. Dollar in Intel und eine Kooperation mit dem angeschlagenen Halbleiterkonzern bei der Entwicklung von Produkten für Rechenzentren und das Personal Computing an. steht im Kontext zunehmender Staatseingriffe unter US-Präsident Donald Trump, der mit Verweis auf die nationale Sicherheit Schlüsselindustrien zu stärken sucht.
Matt Britzman, Aktienanalyst von Hargreaves Lansdown, betont, dass es bei dem Deal „weniger um Geld als um Einfluss“ geht. Nvidia fasse dadurch stärker in der US-Chipproduktion Fuß, während Intel durch einen Zugang zu fortschrittlicher Technologie wettbewerbsfähiger werden könne. Entsprechend bescherte die Mitteilung der Aktie des einstigen Dominators der Halbleiterbranche einen Kurssprung. Damit steigt auch der Wert der im August ausgehandelten Staatsbeteiligung der USA an Intel, in deren Rahmen Washington 8,9 Mrd. Dollar an Zuschüssen aus dem Chips Act in eine Eigenkapitalbeteiligung von 10% umwandelt.
Oracle heizt Optimismus an
Befeuert hat den Optimismus der Investoren im laufenden Monat auch Oracle. Denn die Auftragspipeline des Datenbankriesen, der sich nach einem späten Start erfolgreich als großer Spieler im Rechenzentren-Geschäft etabliert hat, unterstreicht, welche Kräfte der KI-Boom entfesselt. Die ausstehenden Leistungsverpflichtungen summieren sich nach dem im August abgeschlossenen ersten Viertel des Geschäftsjahres 2026 auf 455 Mrd. Dollar – drei Monate zuvor waren es 138 Mrd. Dollar.

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Allerdings werfen Analysten auch die Frage auf, wie Oracle – deren CEO Safra Catz nach elf Jahren auf dem Posten in den Verwaltungsrat wechselt und durch eine Doppelspitze abgelöst wird – ihre Kapazitäten schnell genug ausbauen will, um den Bedarf zu decken. Zahlreiche Cloud-Unternehmen klagen schließlich über einen Mangel an verfügbaren Chips. Auf der anderen Seite warnen Wall-Street-Häuser zunehmend davor, dass der KI-Boom von einer zu kleinen Gruppe an äußerst zahlungskräftigen Kunden abhängig sei. Wie Analysten betonen, speist sich der Nachfrageboom bei Oracle zu einem großen Teil aus einem Großauftrag von OpenAI – die wiederum am Tropf von Microsoft und nun auch Nvidia hänge.