Opel macht Werk in Bochum dicht
In vier Jahren rollt im Opel-Werk in Bochum das letzte Fahrzeug vom Band. Die defizitäre GM-Tochter schließt den Standort mit derzeit 3 400 Arbeitsplätzen wegen der anhaltenden Absatzschwäche in Europa. In den vergangenen Jahren haben auf dem Alten Kontinent Werke mit einer Kapazität von gut 2 Millionen Fahrzeugen dichtgemacht.sp Frankfurt – Die General-Motors-Tochter Adam Opel stellt die Fahrzeugproduktion in ihrem Bochumer Werk 2016 ein. Das verkündete der Vorstand am Montag auf einer von Tumulten begleiteten Betriebsversammlung. Opel-Interimschef Thomas Sedran begründete die Schließung des seit 50 Jahren bestehenden Produktionsstandortes mit dem Absatzeinbruch in Westeuropa und Überkapazitäten im Markt.Opel, die von General Motors (GM) auch schon ganz ins Schaufenster gestellt wurde, schreibt seit Jahren rote Zahlen. Im Sommer hatte die Traditionsmarke angekündigt, der Bochumer Fabrik noch eine Galgenfrist bis zum Ende der Komplettfertigung des Familienwagens Zafira an dem Standort einzuräumen (vgl. BZ vom 14. Juni). Zuvor war mit einer Schließung bis Anfang 2015 gerechnet worden. “Wir mussten leider feststellen, dass wir in der Tat kein Fahrzeug für Bochum nach 2016 haben werden”, sagte Sedran jetzt. Der Standort gilt als altes Werk mit relativ hohen Lohnkosten. Der Autobauer ist in der strukturschwachen Region trotz mehrfacher Verkleinerung seiner Produktionskapazität in Bochum auf zuletzt noch 160 000 Fahrzeuge mit rund 3 400 Arbeitsplätzen weiterhin der größte industrielle Arbeitgeber. Über einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2016 soll mit dem Betriebsrat verhandelt werden .Bochum ist der erste deutsche Standort, der in der Absatzkrise auf Europas Automärkten geschlossen wird. In Belgien, Frankreich, Italien und Großbritannien wurden in den vergangenen Jahren Werke mit einer Kapazität von rund 2 Millionen Einheiten dichtgemacht oder stehen vor der Schließung (siehe Tabelle).Vor allem Volumenhersteller leiden unter der schwachen Autokonjunktur in den krisengeschüttelten Ländern Südeuropas. Hinzu kommt, dass die erheblich gestiegenen Produktionskapazitäten in den autoverliebten Schwellenländern die Exportchancen für die in Europa produzierten Wagen dämpfen. Opel ist der Zugang zu diesen Regionen ganz verschlossen, da der Mutterkonzern die dynamischen Absatzmärkte mit anderen Eigenmarken bedient.Die Auslastung der Werke von GM in Europa, zu denen auch die Opel-Werke in Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern sowie die Produktionsstandorte der britischen Opel-Tochter Vauxhall gehören, liegt nach Einschätzung von Marktbeobachtern in diesem Jahr noch bei 69 % (siehe Grafik). Auch die Konkurrenz produziert auf dem Alten Kontinent zum Teil deutlich unterhalb von 75 %, die als Profitabilitätsschwelle gelten. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC zählt allein in Europa derzeit 15 Autofabriken mit einer Kapazität von jeweils mehr als 100 000 Einheiten, die weniger als die Hälfte ihrer Produktionskapazität nutzen. Statt der möglichen 3,8 Millionen Fahrzeuge werden hier laut PwC in diesem Jahr nur 1,6 Millionen Einheiten vom Band gehen.Opel-Aufsichtsratschef Stephen Girsky kündigte an, “eine signifikante Zahl” an Arbeitsplätzen im Lagerbereich und einer möglichen Komponentenfertigung in Bochum zu erhalten. Das Warenverteilzentrum beschäftigt derzeit 430 Menschen. Die bestehende Fertigung von Getrieben mit rund 300 Beschäftigten soll allerdings Ende nächsten Jahres geschlossen werden. “Wie soll ich denn zukünftig eine Komponentenproduktion einrichten, wenn ich heute schon einen wichtigen Teil schließe?”, fragt Rainer Einenkel, Betriebsratschef des Bochumer Werks. “Wie in Fort Knox”Die Beschäftigten reagierten empört auf die angekündigte Werksschließung. Nach Angaben von Teilnehmern kam es während der nichtöffentlichen Betriebsversammlung zu Tumulten, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Mitarbeiter hätten versucht, den Vorstand aufzuhalten, um Fragen zu stellen. Dabei sei es zu Rempeleien mit Sicherheitsleuten gekommen. “Es gab ein Sicherheitsaufgebot wie in Fort Knox”, sagte der IG-Metall-Delegierte Paul Fröhlich. Die Politik mahnte Perspektiven für die Beschäftigten an. “Es muss ernsthaft und belastbar an einer Perspektive für den Standort gearbeitet werden”, erklärte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD).—– Wertberichtigt Seite 8